Die Moralisten
nicht nur der größte Konzern der Welt, sondern sie beliefern auch die Regierung der Vereinigten Staaten mit zahllosen Gütern, von Büroklammern über Medikamente bis zu Luft- und Raumfahrtinstrumenten und modernsten Waffensystemen. Seit Jahren haben wir versucht, ein paar gute Leute in das Management des Konzerns einzuschleusen, aber das ist unmöglich. Denn Judd Crane macht alles allein. Er trifft praktisch alle seine Entscheidungen selbst, und seine Angestellten führen bloß seine Anweisungen aus. Aber wenn jemand in seiner Nähe arbeitet, erfährt er wahrscheinlich mehr über die strategischen Pläne der Amerikaner, als der Präsident der Vereinigten Staaten selber weiß.« Dr. Zabiski starrte ihn an. »Wenn Sie von mir erwarten, daß ich diese Person sein soll, dann irren Sie sich. Ich kann nicht mit diesem Judd Crane in der Welt herumziehen. Dazu bin ich viel zu alt.«
»Wir erwarten ja auch gar nicht, daß Sie die praktische Arbeit leisten. Sie brauchen ihn nur davon zu überzeugen, daß Sie ihm helfen. Dann ernennen Sie Sofia zu seiner Betreuerin. Sie ist hervorragend ausgebildet für diese Aufgabe. Was kann er mehr verlangen als eine echte Professorin für Gerontologie und Geriatrie? Sie wird alle Tests mit ihm machen und ihn für die Behandlung vorbereiten, die Sie dann persönlich durchführen.«
Er unterbrach sich für einen Augenblick. »Dank der hier versteckten Mikrophone habe ich Ihr Gespräch nebenan mitgehört. Crane ist entschlossen, alles auf Sie zu setzen. Wenn Sie ihm den kleinsten Vorschlag machen, wird er sofort darauf eingehen.«
»Nicolai«, wandte Sofia ein, »was ist, wenn er findet, ich wäre zu jung für die Aufgabe?«
Nicolai lächelte. »Sei nicht albern, Sofia. Dreißig ist nicht zu jung. Außerdem bist du eine schöne Frau, und das weißt du genau. Du hast schon ganz andere Probleme gelöst. Pack ihn am Schwanz, dann wird er schon tun, was wir wollen.«
»So blöd ist er nun auch wieder nicht«, zischte Sofia wütend. »Wir haben ein paar Wanzen in seinem Hotelzimmer angebracht«, erklärte Nicolai, »und drei Prostituierte warten als angebliche Sekretärinnen auf ihn. Natürlich sind die Mädchen von uns, aber das weiß er nicht.« »Ich bin wohl für dich auch so eine Art Hure?« fragte Sofia. »Ist das die Rolle, die du mir zugedacht hast?« Nicolai drehte ihr brüsk den Rücken zu. »Ich schlage vor, daß Sie sich so bald wie möglich wieder mit Crane treffen, Frau Dr. Zabiski.«
»Ich werde mich bemühen, Genösse Nicolai«, meinte die Ärztin kühl.
Nicolai warf ihr einen prüfenden Blick zu. »Diese verrückte Idee mit dem Klonen«, sagte er kopfschüttelnd.
»Glauben Sie, so etwas könnte es jemals geben?«
Die Ärztin zuckte die Achseln. »Wer weiß? Ich bin sicher, wir können über ihn viel lernen. Einige Kollegen, die in den Vereinigten Staaten gewesen sind, haben mir erzählt, daß die Crane Genetic Engineering Corporation uns auf dem Gebiet des Klonens, des DNS-Kopierens und der Mutationsgenetik Lichtjahre voraus ist.«
Nicolai wandte sich Sofia zu. »Da siehst du, wie wichtig es ist, daß du dich seiner annimmst.«
Sofia warf ihm einen verächtlichen Blick zu und verließ schweigend das Zimmer der Ärztin.
Sie ging hinauf in ihr Zimmer, zündete sich eine Zigarette an und stellte sich rauchend ans offene Fenster.
Wütend starrte sie auf den glitzernden Springbrunnen. Sie drehte sich nicht um, als die Tür hinter ihr aufging.
Seine Hände legten sich auf ihre Schultern, aber sie drehte sich noch immer nicht um. »Was, zum Teufel, ist denn in dich gefahren?« wollte Nicolai wissen.
»Acht Jahre sind wir jetzt zusammen«, sagte Sofia bitter, »und du bist nach wie vor noch mit Ekaterina verheiratet.« »Ich habe es dir doch schon so oft erklärt«, seufzte er. »Ihr Vater ist immer noch im Politbüro.
Wenn ich die Scheidung einreiche, ist meine Karriere im Eimer. Wir müssen warten, bis Andropow drankommt, dann bin ich mein eigener Herr, und wir ziehen zusammen.« Sie zog an ihrer Zigarette und schwieg. Seine Finger glitten an ihrem Rücken hinunter. Mit der rechten Hand packte er sie um die Hüften, mit der linken schob er ihren Kittel hoch und fuhr ihr zwischen die Schenkel. Sie war nackt. »Du bist ja ganz feucht«, sagte er heiser. Sie bewegte sich nicht. »Das bin ich immer.« Sie hörte, wie er am Reißverschluß seiner Hose zerrte. Sie wurde nach vorn gestoßen und mußte sich auf dem Fensterbrett abstü tzen, ihre Zigarette flog in den Garten.
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