Die Moralisten
hatten. »Cristale 75«, lächelte Paul und küßte Barbara die Hand.
»Meine Lieblingsmarke.« Barbara war gerührt. »Wie
lieb von dir, daß du daran gedacht hast.«
»Warum kommen Sie so selten zu uns?« wandte sich Tom mit einem höflichen Lächeln an Barbara und Judd. »Ich bin nicht sehr oft in der Stadt«, lachte Judd. »Ich muß für meinen Lebensunterhalt arbeiten.«
Paul Kovi warf Judd einen anerkennenden Blick zu. »Ich weiß nicht, Sir, wie Sie das machen, aber Sie sehen jünger aus als vor drei Jahren, als Sie das letzte Mal hier waren. Worin besteht Ihr Geheimnis?«
Judd lachte. »Mit den Hühnern aufstehen und mit den Hühnern ins Bett, Sie kennen das Sprichwort.« Die beiden Geschäftsführer lächelten, verbeugten sich und gingen, während Orestes, der Oberkellner, mit großem Zeremoniell die Champagnerflasche aufmachte. Judd kostete und nickte zufrieden. Orestes füllte die schlanken Kelche und zog sich dann diskret zurück. Judd hob sein Glas. »Auf eure Gesundheit.« »Und vor allem auf deine«, fügte Barbara mit einem warmen Lächeln hinzu.
Gitlin nickte zufrieden. »Trotz aller Probleme wächst der Konzern. Die Maschine läuft. Wenn man alles zusammenrechnet, die Crane Foundation, die Trusts und deine persönlichen Beteiligungen, dann beläuft sich die Bilanzsumme dieses Jahr voraussichtlich auf fünfhundert Milliarden Dollar.« »Das sind doch bloß Zahlen«, erwiderte Judd leichthin. »Soviel Geld gibt es auf der ganzen Welt nicht. Und wenn es doch soviel gibt, dann brauchst du dich auch nicht über die Investitionen auf Crane Island zu beschweren.«
Gitlin ließ sich einen weiteren doppelten Whisky einschenken. »Wahrscheinlich hast du wieder mal recht.
Mein Pessimismus scheint sich ja nie zu bestätigen, wenn du etwas unternimmst.«
»Vielen Dank, Onkel Paul«, grinste Judd. »Ich hatte die
Hoffnung schon aufgegeben, daß du das einmal zugibst.« Ein Bote in einer grauen Uniform näherte sich mit einem Telefonapparat in der Hand. »Mr. Crane, ich habe ein Gespräch für Sie.« Judd nickte, und der junge Mann schloß den Appa rat an eine Telefonbuchse an, die in den Zweigen des Baumes hinter Judds Stuhl versteckt war.
Judd suchte in seinen Taschen nach Trinkgeld, fand aber nichts. »Könntest du dem jungen Mann etwas geben, Onkel Paul?«
Gitlin gab dem Boten fünf Dollar. »Jetzt weiß ich, wie du zu Geld kommst«, brummelte er. Judd meldete sich am Telefon. »Hier Crane.« »Guten Tag«, sagte Dr. Za-biski mit ihrem slawischen Akzent. »Merlin hat mir gesagt, wo ich Sie finde.« »Wo sind Sie denn?« fragte Judd.
»Auf dem John-F.-Kennedy-Flughafen«, erwiderte die Ärztin. »Ich muß Sie unbedingt sprechen.« »Mit welcher Fluglinie sind Sie gekommen?« »Pan American.«
»Warten Sie am Schalter«, sagte Judd. »Ich hole Sie in einer halben Stunde ab.« Er legte den Hörer zurück und stand auf. »Ihr müßt mich leider entschuldigen. Es ist mir etwas dazwischengekommen.«
Die anderen hüteten sich, ihn zu fragen, was los war. »Kommst du zum Abendessen?« fragte Barbara nur. »Ich weiß noch nicht«, erwiderte Judd. »Ich werde dich anrufen.«
Er winkte noch einmal und ging. Der Chauffeur saß draußen im Wagen. »Fahren Sie mich zum Pan-AmTerminal am Kennedy-Flughafen.«
Sie schafften es in dreiundzwanzig Minuten. Judd stieg aus und stürmte in die Ankunftshalle. Dr. Zabiski saß gleich neben dem Eingang. Sie hatte zwei kleine Koffer bei sich. Judd küßte sie auf die Wange, nahm die beiden Koffer und führte sie zu seinem Wagen. Der Chauffeur wollte das Gepäck im Kofferraum verstauen, aber Dr. Zabiski erhob dagegen Einspruch.
»Bitte nicht«, bat sie. »Ich möchte die Koffer bei mir im Wagen haben.«
»Jawohl, Madame.« Der Chauffeur stellte die Koffer vor der kleinen Ärztin hin. »Wohin fahren wir, Sir?«
fragte er, als er wieder hinter dem Steuer saß. »In die Wohnung an der Fifth Avenue.« »Dazu bleibt wahrscheinlich nicht genug Zeit«, widersprach Dr. Zabiski. »Ich muß Sofia abholen und heute abend mit Aeroflot nach Moskau bringen.«
»Dann fahren Sie uns zur Crane Aviation auf dem La-Guardia-Flughafen«, sagte Judd. Er ließ die Trennscheibe hoch und sagte: »Der Wagen ist abhörsicher. Wir können uns unge stört unterhalten.«
Dr. Zabiski zog eine Zigarette aus ihrer Tasche und zündete sie mit zitternden Händen an. »Es gibt so viele Dinge, die ich Ihnen erzählen will. Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll.«
»Eins nach dem anderen«,
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