Die Moralisten
hochgewachsener Mann mit schwarzem Haar, das sich an den Schläfen schon grau färbte, trat einen Schritt vor. »Ich, Mr. Crane«, sagte er. »Mein Name ist Carlin.« »Beiseitigen Sie dieses Chaos, Carlin«, befahl Judd. »Dann schicken Sie ein paar Leute in das Gästehaus hinüber. Überprüfen Sie alles, und lassen Sie Dr. Ivancichs Gepäck in mein Appartement bringen.«
»Jawohl, Sir.« Carlin wirkte zerknirscht. »Es tut mir leid, Mr. Crane, daß das passiert ist. Wir waren gar nicht darauf vorbereitet. Beide Angreifer waren berechtigt, sich hier aufzuhalten.«
»Es war nicht Ihr Fehler, Carlin«, nickte Judd. »Wir werden mit dem Abschirmdienst darüber reden.« Er drückte auf den Knopf, und die Aufzugstüren schlössen sich hinter ihm.
11
»Es tut mir leid, Mr. Crane«, sagte John D. »Ich fürchte, Sie müssen von der Insel herunter. Wir können Sie hier nicht länger schützen.«
Judd sah sich um. Merlin saß neben dem Sicherheitschef. Sofia und Doc Sawyer saßen auf der Couch, und Fast Eddie stand hinter der Bar. Judd starrte hinaus in den nächtlichen Himmel. Das Meer sah bedrohlich und schwarz aus: Wolken bedeckten den Mond.
»Ich weiß nicht, wie Max und Mae sich hier einnisten konnten, ohne daß wir sie entdeckt haben«, fuhr John D. fort.
»Aber sie waren jedenfalls da. Im Gästehaus haben wir nichts gefunden, was ihnen persönlich gehört hätte oder Hinweise auf ihre wahre Identität geben könnte. Wir müssen aber da von ausgehen, daß sie ihre Anweisungen aus Havanna erhielten und die Kubaner jetzt bis in alle Einzelheiten darüber in formiert sind, was auf Crane Island geschieht. Unser Kontaktmann beim FBI hat nämlich anhand ihrer Fingerabdrücke ermittelt, daß sie schon vor zehn Jahren als Flüchtlinge aus Kuba eingereist sind.« John D. preßte verlegen die Lippen zusammen. »Wie uns das bei der Sicherheitsprüfung entgehen konnte, weiß ich auch nicht.
Wir haben einen Fehler gemacht, und ich kann Sie nur um Entschuldigung bitten, Sir.« Judd sah ihn ausdruckslos an. »Ich muß noch zwei Monate hierbleiben.«
»Selbst wenn wir eine ganze Armee hierherbringen würden, Sir, könnte die Gegenseite in einer einzigen Nacht die Insel besetzen oder Dutzende von Attentätern und Saboteuren einschleusen. Ich kann Sie nur beschützen, wenn Sie dauernd unterwegs sind.«
Sofia stand auf und trat an den Schreibtisch. »Laß mich nach Moskau zurückgehen, Judd«, bat sie. »Ich bin diejenige, hinter der sie her sind. Dann kannst du wieder ungestört deinen Geschäften nachgehen.«
Judd schüttelte den Kopf. »Du irrst dich, Sofia. Sie haben es nicht nur auf dich abgesehen. Sonst hätten sie ihre Agenten nicht schon vor Monaten hier auf die Insel gebracht, lange bevor jemand wissen konnte, daß du hierherkommen würdest. Ich habe das deutliche Gefühl, die wollen uns beide, entweder zusammen oder getrennt, aber auf jeden Fall beide.«
»Ich bin ebenfalls der Ansicht von Mr. Crane«, wandte sich John D. an Sofia. »Die Sache betrifft nicht nur Sie, Frau Doktor.«
»Und wenn ich denen alle Akten zurückbringe?« fragte Sofia.
»Ich weiß nicht, welche Akten Sie meinen«, sagte John D. »Aber ich kann Ihnen eins sagen: Es ist ganz egal, wie viele Akten Sie mitbringen, die werden auf jeden Fall glauben, es wären nicht alle.«
Es tut mir so leid«, sagte Sofia zu Judd.
»Dazu besteht kein Grund«, lächelte er. »Vergiß nicht, daß ich dich hierhaben wollte.« Er wandte sich an Doc Sawyer. »Wann können wir die Geräte nach Xanadu transportieren?« »Xanadu?« fragte Sawyer. »Ist es fertig?« »Noch nicht ganz«, erklärte Judd. »Aber wir könnten die Dinge dort etwas schneller vorantreiben.
Wir könnten vielleicht nicht alles gleich anschließen, aber an Ort und Stelle bringen könnten wir die Apparate durchaus.« Doc Sawyer dachte einen Augenblick nach. »Der Abbau der Geräte hier dauert etwa zwei Wochen, der Transport eine Woche und der Wiederaufbau in Xanadu noch einmal zwei oder drei Wochen.«
»Anderthalb Monate insgesamt?« fragte Judd. »Ungefähr«, bestätigte Doc Sawyer »Und was ist Xanadu?« fragte Sofia verblüfft. »Ich erzähle dir später davon«, sagte Judd. »Als wir Crane Island gebaut haben, wurde mir schon sehr bald klar, daß Dr. Zabiski meine Bedürfnisse nicht richtig eingeschätzt hat. Sie hat sich vorgestellt, daß mein Zufluchtsort für alle Welt offen sein sollte, so wie ihr Institut in Dubrovnik.
Sie dachte, eine Insel, die drei Meilen vom Festland entfernt
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