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Die Mordaugen von Brüssel

Die Mordaugen von Brüssel

Titel: Die Mordaugen von Brüssel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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das Glas zum zweitenmal voll. Wieder leerte sie es mit einem Zug, lachte hart auf und stellte es zur Seite.
    An ihren Vater dachte Ruth Reuven nicht mehr. Für sie gab es nur noch eines im Leben.
    Das Auge!
    ***
    Östlich von Brüssel, in Richtung auf die deutsche Grenze zu, liegt die Stadt Lüttich, auch Liege genannt. Sie liegt in einer Landschaft, die in zwei Weltkriegen all das Grauen kennengelernt hatte, wozu Menschen fähig waren.
    Die Ardennen!
    Eine manchmal unheimlich wirkende Landschaft, dann wieder sehr weich und romantisch. Ich hatte vor einiger Zeit hier einen meiner härtesten Fälle zu bestehen gehabt, als mir in einer alten Templer-Komturei der Blick ins Jenseits gelungen war. Heute verschwendete ich daran keinen Gedanken, denn unser Ziel war keine Komturei, sondern ein Kloster, in dem der Mönch lebte, der die schrecklichen Dinge vorausgesehen hatte.
    Maurice Reuven fuhr. So ganz paßte es ihm nicht, daß er die Führung hatte übernehmen müssen. Wir sahen es seinem Gesicht an, er schimpfte aber nicht mehr, höchstens über irgendwelche Autofahrer, deren Fahrstil ihm nicht paßte.
    Wir hatten von Reuven erfahren, daß unser Ziel ziemlich einsam lag. In einem höher gelegenen Tal, umgeben von bewaldeten Bergen, die dem Gemäuer einen natürlichen Schutz gaben.
    Wir fuhren über alte Steinbrücken, tauchten ein in dunkle Wälder, rollten durch Dörfer, die aussahen, als wären sie von der Zeit vergessen worden, sahen Campingplätze, Wandergruppen und manchmal dicke Regenwolken am Himmel.
    Einmal rollten wir dicht an der Eisenbahnlinie Köln-Brüssel entlang, verschwanden dann wieder in einem Tal, wo der Wald rechts und links eine Düsternis bildete, die sich wie ein Schatten über unsere Köpfe legte.
    »Wir sind gleich da«, sagte Reuven und schaltete einen Gang zurück. Er fuhr einen alten Peugeot 505, der bei Unebenheiten des Bodens schaukelte wie ein Boot.
    »Was werden die Mönche sagen?« fragte ich.
    »Sie sind eigentlich ganz freundlich. Ich habe bei meinem letzten Besuch mit ihnen einen zur Brust genommen.« Er lachte. »Das war vielleicht ein Zeug, kann ich Ihnen sagen. Da hoben sich die Zehennägel ab. Selbst gebrannt.«
    »Welch einem Orden gehören sie an?«
    »Keine Ahnung.«
    »Wie?«
    Reuven nahm die Hände vom Lenkrad und ließ sie wieder auf den Ring fallen. »Ich habe mich dafür nie interessiert.«
    »Das kenne ich nicht von dir!« meldete sich Bill vom Rücksitz her.
    »Ja, ich war früher anders. Da habe ich auch nicht diese Dinge erlebt. Es war auch ein reiner Zufall, daß ich in das Kloster geraten bin. Ich wollte einen Bericht schreiben. Das heißt, Ruth wollte es. Sie hatte den Job von ihrer Redaktion bekommen, sich im Lande einmal umzusehen, was es an alten Klöstern noch gibt. Da gibt es natürlich viel zu recherchieren. Da ich Zeit hatte, wollte ich ihr helfen. Das ist alles, mehr Beziehungen habe ich nicht zu den Klöstern. Da traf ich dann diesen uralten Mönch. Es war auch mehr ein Zufall. Eigentlich hatte er sich von den anderen ferngehalten, so aber konnte ich mit ihm sprechen. Und er warnte mich eben vor den Mordaugen, die ich tatsächlich eines Nachts sah.«
    »Was sagten die anderen Mönche dazu?« fragte ich.
    Reuven nickte wieder. »Nichts, überhaupt nichts. Ich habe dieses Thema erst gar nicht angesprochen, weil ich sie nicht mißtrauisch machen wollte, verstehen Sie?«
    »So ungefähr.«
    »Spielt auch keine Rolle mehr. Jetzt werden wir die Kameraden wohl einweihen müssen.«
    Das Tal verengte sich noch mehr. Die Berge drückten. Sie wirkten auf mich drohend und finster, als würden sie nur darauf warten, über uns zusammenzustürzen. Der Nadelwald wuchs hier sehr dicht. Ein Durchkommen war so gut wie unmöglich. Der Fahrweg wurde immer schmaler, schien von beiden Seiten erdrückt zu werden. Manchmal sah er aus wie eine nie abreißende Welle, über deren Buckel der alte Peugeot schaukelte. Nach einer Viertelstunde änderte sich das Bild. Urplötzlich, wir hatten die Höhe mittlerweile erreicht, öffnete sich der Blick. Vor uns lag dieses Hochtal, in deren Mitte das Kloster stand. Welch ein Bild!
    Der Himmel hatte sich zugezogen. Wolkenschleier, grau wie Asche, schlichen von Westen heran. Dazwischen lugte nur hin und wieder ein blauer Streifen hervor.
    Noch grauer waren die Mauern des Klosters. Alt und wuchtig, dabei trutzig und mächtig mit einer in das Mauerwerk integrierten Kirche oder Kapelle, deren Stummel türm unter dem Ende offen war, so daß wir die

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