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Die Mordaugen von Brüssel

Die Mordaugen von Brüssel

Titel: Die Mordaugen von Brüssel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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düster gewesen, so setzte sich diese Düsternis im Innern fort. Wir hatten den Eindruck, in einen tiefen Schatten zu laufen, der sich bewegte und voller Leben zu sein schien. Es brannte kein Licht, durch die Fenster fielen lange, graue Streifen, die sich vom dunkleren Steinboden abhoben und wie Fahnen wirkten. Staub lag in der Luft. Ich schmeckte ihn auf der Zunge. Die Kühle ließ mich frösteln.
    Ich war als erster gegangen und blieb in der kahlen Halle stehen. Mein Blick glitt in die Runde.
    Mich störten schon die hellgrauen kahlen Wände, und ich sah plötzlich einen helleren Abdruck, der genau die Form eines großen Kreuzes besaß. Der Grund lag auf der Hand: Hier hatte einmal ein Kreuz gehangen. Es war abgenommen worden.
    »Erinnern Sie sich an das Kreuz?« fragte ich Reuven. Beide lauschten wir dem Klang meiner Stimme nach.
    Er nickte. »Da… da hat es gehangen.«
    »Weshalb hat man es weggenommen?« fragte Bill.
    Ich hob die Schultern und antwortete gleich mit einer Gegenfrage.
    »Warum kommt niemand, um uns zu begrüßen?«
    »Gibt es keinen?«
    Ich schaute gegen die hohe Decke. »Das ist möglich. Vielleicht haben die Mönche die Gefahr erkannt und sind verschwunden. Geflohen vor dem Bösen, was weiß ich.«
    »Vor den Augen?«
    »Kann sein.«
    »Sollen wir wieder verschwinden?« Reuven schaute sich ängstlich um.
    »Mir ist es hier unheimlich. Außerdem bin ich ein verbranntes Kind, im wahrsten Sinne des Wortes.« Er grinste verzerrt.
    Ich schüttelte den Kopf. »Nein, Monsieur Reuven, wir werden das Kloster durchsuchen.«
    »Was versprechen Sie sich davon, wenn niemand hier ist?«
    »Möglicherweise ist noch einer geblieben.«
    »Wer denn?«
    »Ihr Mönch, mit dem Sie gesprochen haben. Wie hieß er noch gleich?«
    »Er nannte sich Gabaon.«
    »Ein ungewöhnlicher Name.«
    »Ja, das stimmt.« Reuven hob die Schultern. »Ich möchte Ihnen jetzt die ganze Wahrheit sagen. Ich wußte ja nicht, wie sich noch alles entwickeln würde.«
    »Bitte.«
    »Ich kenne den Orden, der hier seine Wohnstatt gehabt hat. Es waren keine normalen wie die Dominikaner oder die Redemtoristen oder Zister…«
    »Weiter…«
    »Hier lebten die…« Reuven schaute uns noch einmal an, bevor er leise weitersprach. »Die Katharer.«
    Er erwartete von uns eine Antwort, vielleicht eine Erklärung. Die konnten wir ihm so rasch nicht geben, obwohl ich den Namen schon gehört hatte. Bill erging es nicht anders. Das erkannte ich an seinem Gesichtsausdruck. »John, kannst du damit etwas anfangen?«
    »Ich glaube schon.«
    Er verzog das Gesicht. »Ich auch, aber…«
    »Jetzt fällt es mir wieder ein. Katharer heißt, übersetzt aus dem Griechischen, die Reinen. Sie waren eine mittelalterliche Sekte bis zum 15. Jahrhundert. Sie wollten die reine Lehre wiederherstellen. Gelebt haben sie im westlichen und südlichen Europa. Die Katharer glaubten an zwei Gottheiten. Der gute Gott schuf die himmlische Welt und den himmlischen Menschen, der böse Gott schuf die materiellen Elemente und aus ihnen alle sichtbaren Dinge. Soweit ich informiert bin, waren sie auch Feinde des Grals.«
    »Also gegen die Templer?«
    »So ist es.«
    Bill verzog den Mund. »Von wegen ausgestorben. Höchstens ausgeflogen, wie du hier siehst.«
    »Noch haben wirkeinen Beweis.«
    »Ich bin davon überzeugt.«
    »Wollen Sie den Mönch wirklich noch suchen?« fragte Reuven.
    »Was dachten Sie denn? Wo haben Sie ihn denn gesprochen?«
    »In seiner Zelle.«
    »Den Weg dorthin kennen Sie bestimmt.«
    »Natürlich.«
    »Dann gehen Sie vor, bitte.«
    Er schaute mich mit einem Blick an, als wäre ich derjenige gewesen, der ihn zur Hinrichtung geführt hätte. Reuven zog den Kopf ein. In seinem Nacken spannte sich die Haut. Bei jedem Schritt atmete er schnaufend. Der Mann hatte Furcht. Ich konnte es ihm nicht einmal verdenken. Wir durchquerten die Halle, die nicht einmal ein Möbelstück aufwies. Die Kälte spürte ich nicht nur körperlich, sie war auch im Innern zu merken. Auf dem Steinboden lag eine dünne Staubschicht. Sie wurde von unseren Schritten hochgewirbelt.
    Um die Halle verlassen zu können, mußten wir unter einem Rundbogendurchgang herschreiten. Dahinter lag, eingebettetin einer fast tiefen Finsternis, ein Gang.
    Reuven blieb stehen. »Ich gehe nicht mehr weiter«, sagte er. »Das ist mir zu dunkel.«
    Ich schaltete die Lampe ein. »Besser?«
    »Ja, etwas.«
    »Dann gehen Sie weiter.«
    Ich hielt mich an seiner Seite. Links hingen Bilder an der Wand. Wenn der

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