Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Mordaugen von Brüssel

Die Mordaugen von Brüssel

Titel: Die Mordaugen von Brüssel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
worden. An manchen Stellen fehlten sie völlig. Woanders wiederum hatte der Sturm sie geknickt wie Streichhölzer.
    Sirenen heulten. Der Alarmton schwang über die Grube hinweg. Ein Krahn war nicht umgefallen, sonst wäre die Katastrophe noch größer geworden.
    Jetzt trauten sich auch die ersten Menschen aus ihren Deckungen. Von irgendwoher strömte ein gewaltiger Wasserstrahl in die Grube. Ich sah mehrere Vorarbeiter, die damit beschäftigt waren, Ordnung in die Reihen der Arbeiter zu bringen.
    Es sollte zunächst nach Verletzten und möglicherweise auch Toten gesucht werden.
    Um uns kümmerte sich keiner. So konnten wir endlich unseren Vorsatz in die Tat umsetzen und verschwinden.
    Allerdings nicht ohne Schwierigkeiten. Der normale Weg war nicht zu benutzen. Schlamm und Lehm hatten ihn zugeschüttet. Sie waren kurzerhand aus der Mauer herausgebrochen.
    Natürlich wurden wir entdeckt, doch man kümmerte sich nicht um uns. Die Männer hatten jetzt andere Sorgen. An der gegenüberliegenden Seite räumten vier Arbeiter gewaltige Holzbalken zur Seite. Unter ihnen hatte der Körper eines Kollegen gelegen. Der Mann bewegte sich nicht mehr. Es war nicht zu erkennen, ob er tot war.
    Noch immer heulten die Sirenen. Ihr Klang tönte von der Höhe her in die Baugrube wie in einen Trichter. Die Wagen der Rettung waren zusammen mit den Fahrzeugen der Feuerwehr gekommen. Für unseren Aufstieg fanden wir einen anderen Pfad. Noch schmaler und rutschiger als der erste. Gegenseitig hielten wir uns fest. Zum Glück kam uns niemand entgegen. Von einer stehengebliebenen Holzplattform konnten wir dann weitersteigen und schafften es endlich, dieser verfluchten Grube zu entfliehen. Am Rand stehend, warf ich noch einen Blick zurück. Mein Blick fiel auf ein Chaos. Der kurze Orkan hatte schrecklich gewütet. Jetzt war von ihm nichts mehr zu spüren. Selbst der normale Wind hatte sich beruhigt. Blau präsentierte sich der Himmel.
    Maurice Reuven strich durch sein Haar. »Ein Traum«, keuchte er. »Ein verdammter Alptraum, der zur Tatsache geworden ist. Ich könnte heulen, verflucht.«
    Um uns herum herrschte ein gewaltiger Wirbel. Das organisierte Chaos der Rettungsmannschaften. Wir vernahmen auch erste Kommentare. Man sprach allgemein von einer Windhose, hatte dafür jedoch keine Erklärung. So etwas war noch nie vorgekommen.
    Einen letzten Blick warf ich zurück in die Grube, die fast zu unserem Grab geworden wäre. Dort hatte etwas Unheimliches gelauert und war freigekommen.
    Neun Höllenringe, neun Augen und eine Person!
    Wer steckte dahinter?
    »Denkst du das gleiche wie ich, John?« fragte mich Bill.
    »Bestimmt. Wir müssen an den Drahtzieher heran.«
    Reuven hatte unser Gespräch gehört. »Verflixt, Bill, was schaust du mich so an?«
    Der Reporter lächelte. »Keine Sorge, Maurice. Du brauchst dir keine Vorwürfe zu machen, aber auf dich trifft das Sprichwort zu. Mitgefangen — mitgehangen.«
    »Was meinst du damit?«
    »Daß wir gleich diesem Kloster einen Besuch abstatten.«
    Reuven lachte. »So wie wir aussehen?«
    »Natürlich nicht. Wir fahren in unser Hotel, reinigen uns, und du kannst meine Klamotten anziehen. Sheila hat mir genug eingepackt. Danach sehen wir weiter.«
    »Weißt du, Bill, was ich an dir früher immer so sehr bewundert habe und heute überhaupt nicht mehr?«
    »Nein.«
    »Deine Action.«
    Bill schlug dem Belgier auf die Schulter. »Entweder man hat's oder man hat's nicht.«
    »Ich halte mich lieber an die letzte Möglichkeit…«
    ***
    »Danke, es ist lieb von dir, daß du mich nach Hause gefahren hast. Allein wäre ich nicht in der Lage gewesen, einen Wagen zu steuern.«
    »Das ist doch selbstverständlich, Ruth. Soll ich nicht mit hochkommen. In allen Ehren, versteht sich.«
    »Das ist lieb, aber ich komme schon allein zurecht. Ich werde mich ins Bett legen und schlafen.«
    »Dein Vater ist nicht da?«
    »Er ist unterwegs. Wir haben Besuch aus England bekommen. Ein alter Bekannter meines Vaters.«
    »Da werden sie in Brüssel viel zu sehen haben.«
    »Das glaube ich auch.«
    Sie hauchte Goubeau einen Kuß auf die Wange und stieg aus. Die Reuvens wohnten außerhalb der City in einer kleinen Siedlung. Sie war von einem einfallsreichen Architekt entworfen worden. Hinter Bäumen versteckt lagen die weißen, versetzten Fassaden mit den Sprossenfenstern. Der Vorgarten wurde von einem Gärtner gepflegt. Die Wege zeigten rote Pflastersteine, verzweigt führten sie zu den verschiedenen Eingängen der Häuser.
    Ruth

Weitere Kostenlose Bücher