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Die Mordaugen von Brüssel

Die Mordaugen von Brüssel

Titel: Die Mordaugen von Brüssel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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sprechen. Sie drang in ihr Gehirn, nicht durch die Ohren, sondern war einfach im Kopf vorhanden.
    Wer konnte mit ihr sprechen?
    Es gab nur eine Möglichkeit. Das mußte einfach das Auge sein. Nichts anderes kam in Frage.
    »Du hast mich schon einmal gesehen, jetzt bin ich zurückgekommen, denn du gehörst zu den Auserwählten…«
    Was sollte das? Was redete diese Stimme da? Sie sah sich nicht als Auserwählte an. Sie war eine normale Frau, durch Zufall in diesen teuflischen Kreislauf hineingeraten. Das hatte nichts mit dem Auserwähltsein zu tun.
    Dann »sprach« wieder das Auge. Es stand kalt und klar unter der Decke, ein Fanal, ein Zeichen des Bösen und ein Hinweis für die nahe Zukunft.
    »Dein Leben ist vorbei. Es gehört jetzt mir. Wie das Leben vieler anderer in dieser Stadt auch. Wir sind die Gruppe, die das letzte Siegel lösen wird. Von dieser Stadt aus wird die höllische Revolution wie ein Sturmwind zuerst über das Land und anschließend über die gesamte Welt hinwegbrausen. Das letzte Siegel, vor dem Nostradamus schon gewarnt hat, wird sich öffnen…«
    Ruth begriff nichts. Sie wollte es auch nicht. Von diesen Prophezeiungen hatte sie noch nie zuvor etwas gehört. Sie klangen düster, fürchterlich, so endgültig und apokalyptisch.
    Sprach das Auge die Wahrheit? War es vielleicht der Teufel oder nur dessen Vorbote?
    »Hast du mich verstanden, Ruth?«
    »Ja, das habe ich.« Erst jetzt wurde ihr bewußt, daß sie eine hörbare Antwort gegeben hatte. Dieser Umstand erschreckte sie. Durch die Antwort hatte sie zugegeben, daß sie die Erscheinung akzeptierte und sich mit ihr abfand.
    »Du weißt Bescheid?«
    »Ja.«
    »Wenn du meinen Ruf hörst, wirst du ihm folgen, so wie ihm die anderen folgen werden. Ihr werdet euch an der Stelle sammeln, die ich auserwählt habe. Nur dort werden die Höllenkreise ihre wahre Macht einsetzen können. Dort ist der Ausgangspunkt, an diesem Ort gebe ich mein Zeichen. Ihn haben die Menschen damals auserwählt, um der Technik und der Forschung ein Denkmal zu setzen. Die Magie aber, die wahren Kräfte, die haben sie vergessen. Das wird sich furchtbar rächen. Wer diese Macht mißachtet, wird dafür bezahlen müssen.«
    Es waren die letzten Worte des Auges. Ruth starrte es noch an, sah aber, wie es allmählich verschwamm, sich auflöste und auch die satanisch blickende Pupille zu einem kleinen Punkt zusammenschrumpfte, der in der Unendlichkeit zu verschwinden schien. Dafür erschien ein Schatten. Halbrund, in der oberen Hälfte gebogen wie ein Topfdeckel. Er malte sich auf der normalen Decke ab, ohne noch eine Spur auf dem Auge hinterlassen zu haben.
    Ruth lag bewegungslos. An Schlaf verschwendete sie keine Gedanken mehr. Sie blieb auf dem Rücken liegen und dachte über das eben Erlebte nach. War es ein Traum gewesen, eine Einbildung oder eine Tatsache?
    Die Sätze des Auges fielen ihr wieder ein. Seltsamerweise hatte sie sie nicht vergessen. Klar und deutlich waren sie in ihrer Erinnerung haften geblieben. Und das Auge war keine Halluzination gewesen. Sie hatte es kommen sehen, es hatte an der Decke gestanden und eine Botschaft überbracht, die Ruth innerlich so aufwühlte, daß sie nicht mehr in der Lage war, ihren Schlafvorsatz auszuführen. Trotz ihres langen Dienstes spürte sie innerlich keine Müdigkeit mehr. Sie war plötzlich hellwach, richtete sich auf und spürte auch den inneren Drang, den sie als ungewöhnlich bezeichnete. Sie spürte eine selten gekannte Aktivität, als hätten sie die Worte des Auges innerlich aufgeputscht.
    Sie ging zum Schrank, wo ein kleines Kühlfach eingebaut war. Dort stand eine kleine Flasche Champagner. Ruth öffnete die Flasche und ließ das kostbare Gesöff in ein Glas rinnen. Dann leerte sie es mit einem Zug. Lässig drehte sich die Frau um, balancierte das Glas noch zwischen ihren Fingern und schritt auf den in der Nähe hängenden Spiegel zu.
    Sie schaute sich an. Die Kleidung gefiel ihr nicht mehr. Sie wollte sich umziehen und bereit sein für das Böse, wenn es rief. Auch ihre Augen hatten einen anderen Ausdruck bekommen. Er kam ihr selbst fremd vor und war gleichzeitig doch so vertraut, denn sie erkannte etwas von dem darin, das sich auch in dem Auge befunden hatte. Einen kalten, brutalen Glanz, nichts Menschliches mehr, nur diese Härte und Gnadenlosigkeit.
    Ebenso war auch ihr Lächeln. Nicht mehr warm und freundlich. Diese Frau war beeinflußt worden.
    »Ja, ich werde deinem Ruf folgen«, sagte sie, wandte sich ab und schenkte

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