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Die Mordaugen von Brüssel

Die Mordaugen von Brüssel

Titel: Die Mordaugen von Brüssel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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bewohnte ein Haus in der Mitte. Im ersten Stock teilte sie sich die Wohnung mit ihrem Vater. Die Tür brauchte sie nicht aufzuschließen, weil sie von einer Hausbewohnerin von innen geöffnet wurde. Die Frau grüßte freundlich und schaute Ruth besorgt an.
    »Sie sehen aber schlecht aus, Mademoiselle Ruth.«
    »Ich habe viel gearbeitet.«
    »Nachtschicht?«
    »Ja.«
    »Ja, ihr bei den Zeitungen habt auch kein angenehmes Leben.« Sie gab endlich den Weg frei. »Dann schlafen Sie mal gut.«
    »Danke.«
    Hinter ihr rannte ein weißer Pudel aus dem Flur, der von Frauchen ausgeführt werden mußte.
    Der Flur war vorzeigenswert. Große Fenster, weiße Treppen. Belegt waren sie mit einem roten Läufer.
    Zwei Mieter teilten sich die erste Etage. Die ebenfalls weißen Türen lagen sich gegenüber.
    Ruth schloß auf, betrat den schmalen Korridor und atmete erst einmal tief durch. Mit schlurfenden Schritten ging sie in den Wohnraum, schaute durch das große Fenster auf die grünen Baumkronen und zog dabei ihren Blazer aus. Sie ließ die Jacke auf einen Sessel fallen, überlegte, ob sie noch duschen sollte oder sich am besten gleich hinlegte. Ruth war einfach zu müde, jetzt noch in die Dusche zu gehen. Sie wußte aus Erfahrung, daß sie zwischenzeitlich aufwachte. Dann konnte sie immer noch ins Bett steigen.
    Im Setzen schleuderte sie die Schuhe von den Füßen und ließ sich auf der Couch zurückfallen. Ihr Hinterkopf versank in dem großen Kissen wie in einer Welle. Kaum hatte sie die Haltung eingenommen, überkam sie das Gefühl zu schweben. Gleichzeitig drehte sie sich um. Eine Folge der Erschöpfung. Ihr fehlte die Ruhe.
    Nur wollte der Schlaf seltsamerweise nicht kommen. Ruth lag auf dem Rücken und schaute mit offenen Augen gegen die helle Decke, wo sich der Schatten einer Halbkugelleuchte abzeichnete. Du mußt schlafen! hämmerte sie sich ein. Du brauchst nichts anderes zu tun, als die Augen zu schließen. Dann ist alles okay. Schließ die Augen, denk nicht mehr an die Erlebnisse und schlafe.
    Obwohl Ruth diese Befehle mehrmals wiederholte, war es ihr nicht möglich, ihnen zu folgen. Sie schaffte es einlach nicht, die Augen zu schließen. Die Erinnerung war einfach zu stark und gewaltig. Ständig kehrten die schrecklichen Bilder zurück.
    Sie sah sich wieder allein in ihrem Büro, das offene Fenster und dann dieses Auge.
    So grausam, so kalt, so gnadenlos!
    Diesen Blick konnte sie einfach nicht vergessen. Er hatte sich regelrecht in ihr Erinnerungsvermögen hineingebrannt und würde dort wohl nie verlöschen.
    Vielleicht später, wenn Monate oder Jahre vergangen waren, aber nicht jetzt. Die Erinnerung war einfach noch zu frisch. Im Haus war es ruhig. Aus dem Garten hörte sie das Bellen eines Hundes.
    Es klang wie ein ferner Gruß. Über ihr lief jemand schnell durch das Zimmer.
    Ein normaler Alltag, nichts Besonderes und dennoch völlig aus dem Lot gerissen.
    Das Auge!
    Plastisch stand es in ihrer Erinnerung. Sie sah schon wieder vor sich, wie es plötzlich im Raum schwebte und sie mit diesem satanischen Blick anschaute.
    Nie zuvor hatte Ruth eine so übernatürliche Kälte und Grausamkeit erlebt. Der Vergleich mit einem optisehen Seziermesser kam ihr in den Sinn. So zerlegte sein Blick ihre Seele.
    Innen schwarz, vielleicht mit einem Hauch unterlegt und an den inneren Rändern einen rosafarbenen Streifen nachzeichnend. Alle Grausamkeiten der Hölle waren in diesem Blick vereint. Nein, das konnte sie nicht vergessen. Und es mußte einen Grund gehabt haben, sich ihr zu zeigen. Es wollte etwas von ihr. Möglicherweise hatte es eine Botschaft für sie.
    Eine Botschaft…
    War es das? Ruths Blick nahm plötzlich einen verhangenen und gleichzeitig einen gespannten Ausdruck an. Sie hatte etwas entdeckt, das eigentlich nicht sein durfte, denn sie sah plötzlich nicht mehr den Schatten der Lampe an der Decke, sondern einen anderen Gegenstand. Das Auge!
    Ruth lag unbeweglich. Sie hielt selbst den Atem an. Weder ihre Lippen noch ihre Nasenflügel bewegten sich. In diesen Momenten schien Ruth gestorben zu sein. Das Blut verließ ihr Gesicht und schuf einer kalkigen Blässe Platz.
    Da war die Angst wie eine harte Würgekralle, die sich um ihre Kehle legte. Das Herz trommelte, und das Auge starrte so erbarmungslos auf sie herab.
    Ja, es hatte eine Botschaft. Ruth wußte zunächst nicht, woher die Stimme kam. Es befand sich niemand außer ihr im Raum, und sie hörte diese Stimme auch nicht so, als würde jemand neben ihr stehen und

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