Die Mordbeichte
bereits auf ihn.
»Möchten Sie noch einer Verbrennung beiwohnen?« fragte er.
»Wenn es geht – nein.«
Meehan gluckste. »Ich habe noch zwei heute morgen, aber Varley kann Sie zu Jennys Wohnung zurückbringen.« Er grinste breit. »Es lohnt sich übrigens nicht, an einem Tag wie diesem auszugehen, wenn man nicht muß. An Ihrer Stelle würde ich zu Hause bleiben. Ich glaube, es könnte interessant werden. Sie ist ein richtiges kleines Feuerwerk, wenn …«
»Ich weiß«, sagte Fallon. »Sie haben's mir schon erzählt.«
Er stieg hinten in die Limousine ein. Varley fuhr nicht durch die Haupteinfahrt zurück, sondern einen abkürzenden Schleichweg.
Als sie ins Zentrum der Stadt kamen, sagte Fallon: »Du kannst mich hier irgendwo rauslassen, Charlie.«
»Aber das können Sie nicht machen, Mr. Fallon!« brummte Varley. »Sie wissen, was Mr. Meehan gesagt hat.«
»Sagen Sie Mr. Meehan mit meinen Empfehlungen, daß er sich ja daran halten könnte.«
Sie fuhren jetzt die Rockingham Street entlang. Als sie zu Holy Name kamen, beugte sich Fallon plötzlich vor und drehte den Zündschlüssel herum. Der Wagen rollte aus. Fallon öffnete die Tür, sprang heraus und überquerte die Straße. Varley sah ihn im Seiteneingang der Kirche ver schwinden.
11
Monsignore Canon O'Halloran stand am Fenster seines Ar beitszimmers, als Miller und Fitzgerald hereingeführt wur den. Er wandte sich um, grüßte und ging zu seinem Schreib tisch, sich schwer auf einen Stock stützend, das linke Bein nachziehend.
»Guten Morgen, meine Herren – falls es Morgen ist. Manch mal glaube ich, es hört nie mehr zu regnen auf.«
Er sprach mit Belfast-Akzent, und Miller mochte ihn auf Anhieb. Sein Haar war schon weiß, seine Nase schien mehr mals gebrochen zu sein; er sah so aus, als wäre er einst ein tüchtiger Schwergewichtsboxer gewesen.
Miller stellte sich vor. »Ich bin Kriminal-Superintendent Miller. Ich glaube, Inspektor Fitzgerald kennen Sie schon.«
»O ja. Einer unserer Ritter vom St.-Columba-Orden.« Er ließ sich auf dem Stuhl hinter dem Schreibtisch nieder. »Der Bischof ist in Rom. Sie werden mit mir vorliebnehmen müs sen.«
»Haben Sie meinen Brief erhalten, Sir?«
»O ja. Er wurde gestern abgegeben.«
»Ich dachte, daß uns das Zeit ersparen würde.« Miller zö
gerte und äußerte dann vorsichtig: »Ich bat, daß Pater da Costa anwesend sein möge.«
»Er wartet nebenan.« Monsignore O'Halloran stopfte sorg fältig seine Pfeife. »Ich dachte, ich höre mir erst an, was die Anklage zu sagen hat.«
»Nun, Sie haben meinen Brief bekommen. Da steht alles drin.«
»Und was erwarten Sie von mir?«
»Daß Sie Pater da Costa zur Vernunft bringen. Er muß uns helfen. Er muß diesen Mann identifizieren.«
»Wenn Ihre Vermutung stimmt, kann der Pater Ihnen un möglich helfen«, erklärte Monsignore O'Halloran ruhig. »Das Beichtgeheimnis ist unantastbar.«
»Auch in einem solchen Fall?« fragte Miller ärgerlich. »Das ist doch lächerlich!«
Inspektor Fitzgerald legte eine Hand auf O'Hallorans Arm, aber dieser war nicht im mindesten verstimmt.
Sanft erwiderte er: »Jedem, der nichts mit der katholischen Kirche zu tun hat, muß die Beichtidee tatsächlich absurd er scheinen. Unsere Kirche hat sie indessen als eine Art Therapie aufgefaßt. Die Sünde ist eine schreckliche Last. Durch die Beichte wird den Menschen ein neuer Start ermöglicht.«
Miller wurde ungeduldig, aber O'Halloran fuhr im gleichen ruhigen Tonfall fort, und er hatte etwas außerordentlich Be zwingendes.
»Aber hier geht es um Mord, Monsignore!« warf Miller schließlich aufgebracht ein. »Um Mord, Korruption und Greu eltaten, die Sie erschauern ließen.«
»Das bezweifle ich.« O'Halloran lachte kurz auf und hielt ein neues Streichholz an seine Pfeife. »Die meisten Menschen glauben, daß der Priester von der wirklichen Welt irgendwie abgeschnitten sei, aber glauben Sie mir, ich werde innerhalb einer Woche mit mehr Schlechtigkeit konfrontiert als ein Durchschnittsmensch während seines ganzen Lebens. Und denken Sie, es sei leicht, diese aufgebürdete Last mit sich herumzutragen, Superintendent? Es vergeht kaum eine Wo che, in der mir nicht jemand Vergehen anvertraut, für die man ihn strafrechtlich verfolgen würde.«
Miller stand auf. »Dann können Sie uns also nicht hel fen.«
»Das habe ich nicht gesagt. Ich werde mit ihm
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