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Die Morde des Herrn ABC

Die Morde des Herrn ABC

Titel: Die Morde des Herrn ABC Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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und wir können Ihnen Ihren Schmerz nachfühlen», sagte Inspektor Crome behutsam. «Aber wir möchten alle irgendmöglichen Auskünfte von Ihnen und Ihrem Mann, damit wir uns so rasch, wie es geht, an die Arbeit machen können.»
    «Das sehe ich ein», nickte Mr. Barnard.
    «Ihre Tochter war dreiundzwanzig Jahre alt. Sie wohnte hier bei Ihnen und war im ‹Ginger Cat Café› in Stellung, nicht wahr?»
    «Jawohl.»
    «Dieses Haus ist ganz neu. Wo haben sie früher gewohnt?»
    «Ich hatte eine Eisenwarenhandlung in Kennington. Habe mich vor zwei Jahren zurückgezogen. Wollte schon immer irgendwo am Meer leben.»
    «Sie haben zwei Töchter?»
    «Ja. Meine ältere Tochter arbeitet in London in einem Büro.»
    «Waren Sie sehr besorgt, als Ihre Tochter gestern Abend nicht nach Hause kam?»
    «Wir wussten gar nicht, dass sie nicht heimgekommen war», sagte Mrs. Barnard schluchzend. «Wir gehen immer früh zu Bett. Neun Uhr meistens. Wir hatten nicht bemerkt, dass Betty noch nicht da war, bis der Inspektor kam und uns sagte… uns sagte…» Sie konnte nicht weitersprechen.
    «Ist Ihre Tochter oft spät nach Hause gekommen?»
    «Sie wissen doch, wie die Mädchen heutzutage sind, Inspektor», antwortete Barnard. «Unabhängig, das wollen sie sein. An schönen Sommerabenden kommt keine sofort heim. Doch Betty war fast immer spätestens um elf Uhr da.»
    «Und wie kam sie ins Haus? Ließen Sie die Tür offen?»
    «Wir legten ihr den Schlüssel unter die Fußmatte, so haben wir das immer gemacht.»
    «Man hat mir gesagt, dass Ihre Tochter verlobt war.»
    «Ja, nun… Nicht offiziell, aber heutigentags sind die jungen Leute nicht mehr so förmlich», sagte Mr. Barnard.
    «Donald Fraser heißt er, und ich habe ihn sehr gern gemocht. Sehr gern!», stellte Mrs. Barnard fest. «Armer Junge, es muss schrecklich sein für ihn – dieses Unglück. Ob er es wohl schon erfahren hat?»
    «Er arbeitet bei Court & Brunskill, wenn ich recht unterrichtet bin?»
    «Jawohl, Grundstücksmakler.»
    «Hat er Ihre Tochter fast jeden Abend getroffen?»
    «Nicht so oft – ein oder zweimal in der Woche.»
    «Wissen Sie, ob die beiden gestern Abend auch verabredet waren?»
    «Sie – Betty – sagte nichts davon, sie hat uns nie viel gesagt von dem, was sie tat oder wohin sie ging. Aber sie war ein braves Mädchen, Betty, das war sie. Ich kann einfach nicht fassen…»
    Mrs. Barnard begann wieder zu schluchzen.
    «Nun, nun, komm, nimm dich zusammen. Wir müssen das durchstehen, Mutter», redete Barnard seiner Frau gut zu. «Wir müssen den Herren alle Auskünfte geben…»
    «Donald hätte nie, niemals hätte Donald…», stammelte Mrs. Barnard.
    «Ruhig, Mutter, ruhig», wiederholte Barnard. Er wandte sich wieder den beiden Polizeibeamten zu. «Ich wünsche bei Gott, dass ich Ihnen helfen könnte – aber tatsächlich weiß ich nichts, gar nichts, was auf den Schuft hinweisen könnte, der das getan hat. Betty war ein junges, fröhliches Mädchen, hatte einen netten, anständigen jungen Mann, mit dem sie – was wir in unserer Jugend ‹gehen› nannten –, ja, mit dem sie ging. Warum irgendjemand sie hätte umbringen sollen, ist mir einfach unbegreiflich, und ich kann es nicht verstehen, wirklich nicht.»
    «Auch uns ist die Sache leider noch gänzlich unbegreiflich – leider», sagte Inspektor Crome. «Mr. Barnard, darf ich Sie bitten, uns das Zimmer Ihrer Tochter zu zeigen? Vielleicht finden wir dort irgendetwas Aufschlussreiches… Briefe, ein Tagebuch…»
    «Bitte sehr, sehen Sie sich nur um», willigte Barnard sofort ein. Er ging voran, Crome, Poirot und Kelsey folgten ihm. Ich blieb etwas zurück, weil ich mir die Schnürsenkel binden musste. Während ich das tat, hielt ein Taxi vor dem Haus, und eine junge Frau sprang heraus. Sie bezahlte und lief den Gartenweg zur Haustür entlang. Als sie eintrat und mich erblickte, blieb sie wie angewurzelt stehen. Sie war so offensichtlich erschrocken, dass ich aufmerksam wurde.
    «Wer sind Sie?», fragte sie kurz.
    Ich ging einige Schritte auf sie zu. Eine kurze und präzise Antwort auf diese Frage war gar nicht so einfach. Sollte ich ihr meinen Namen sagen? Oder erklären, dass ich hierher gekommen sei, um der Polizei zu helfen? Aber die junge Frau ließ mir gar keine Zeit zum Überlegen.
    «Ach so», murmelte sie. «Ach, ich verstehe…»
    Sie nahm das kleine weiße Mützchen ab, das sie getragen hatte, und ließ es achtlos zu Boden fallen. Dabei wandte sie sich mir zu, so dass ich ihr Gesicht nun

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