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Die Morde des Herrn ABC

Die Morde des Herrn ABC

Titel: Die Morde des Herrn ABC Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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war ein Freitag, als ABCs dritter Brief kam. Die Abendpost wurde uns gegen zehn Uhr zugestellt. Sobald das vertraute Klopfgeräusch ertönte, sprang ich auf und ging zum Briefkasten. Es lagen drei oder vier Briefe darin, dessen erinnere ich mich noch. Die Adresse des letzten, den ich herausnahm, war mit Blockbuchstaben geschrieben.
    «Poirot…!», rief ich, konnte aber nicht weiterreden vor Aufregung.
    «Ist er gekommen? Offnen Sie ihn, Hastings – schnell! Jede Sekunde kann wichtig sein.»
    Ich riss den Umschlag auf. (Dies eine Mal tadelte Poirot mich nicht um dieser Unordentlichkeit willen.)
    «Lesen Sie!», befahl Poirot.
     
    Armer Monsieur Poirot ! Doch nicht so ganz auf der Höhe in di e sen kriminalistischen Dingen, wie Sie meinten, wie? Ist das der b e ginnende Abstieg? Nun, sehen wir zu, ob Sie diesmal geschickter vorgehen werden. Der nächste Fall wird wirklich kinderleicht sein. Churston, am 30. dieses Monats. Seien Sie doch so nett und u n ternehmen Sie etwas dagegen, ja? Es beginnt mich zu langweilen, dass mir alles so glatt gelingt, wissen Sie!
    Weidmannsheil! Ganz der Ihrige
    ABC
     
    «Churston!» Ich nahm sofort unseren Fahrplan zur Hand. «Wo liegt denn das überhaupt?»
    «Hastings!» Poirots Stimme klang scharf und unterbrach meine Geschäftigkeit. «Wann wurde dieser Brief geschrieben? Steht ein Datum darauf?»
    «Ja, am Siebenundzwanzigsten geschrieben…»
    «Und den Mord kündigt er für den Dreißigsten an?»
    «Jawohl. Das wäre also…»
    «Bon Dieu, Hastings! Der Dreißigste ist heute!»
    Er wies mit einer nervösen Handbewegung auf den Wandkalender. Der Kopf einer Tageszeitung belehrte mich, dass dieses Datum tatsächlich stimmte.
    «Aber, das ist ja… Wie kann das sein…?», stammelte ich.
    Poirot hob den zerrissenen Briefumschlag vom Boden auf. Jetzt erst fiel mir wieder ein, dass ich irgendetwas Ungewöhnliches daran bemerkt hatte; aber meine Spannung, den Inhalt des Schreibens kennen zu lernen, war so groß gewesen, dass ich dieser äußerlichen Eigentümlichkeit nicht mehr als ein flüchtiges Interesse entgegengebracht hatte.
    Poirot wohnte in Whitehaven Mansions. Die Adresse auf dem Umschlag lautete: Monsieur Hercule Poirot, Whitehorse Mansions. Jemand hatte in eine Ecke gekritzelt: «Unbekannt in Whitehorse Mansions und Whitehorse Court. Nachfragen in Whitehaven Mansions.»
    «Kommt sogar der Zufall diesem Wahnsinnigen zu Hilfe?», murmelte Poirot vor sich hin. «Vorwärts, vite, vite, wir müssen sofort Scotland Yard verständigen.»
    Zwei Minuten später telefonierten wir bereits mit Inspektor Crome. Diesmal lautete die Antwort des beherrschten Beamten nicht wie üblich: So? Wirklich? – Stattdessen entrang sich ihm ein kaum unterdrückter Fluch. Er hörte, was wir zu melden hatten, und versprach, für eine sofortige Fahrmöglichkeit nach Churston zu sorgen. Dann legte er auf.
    « C’est trop tard», seufzte Poirot.
    «Das können Sie doch nicht wissen», widersprach ich ihm, obwohl auch ich nicht sehr zuversichtlich war.
    Er sah auf die Uhr.
    «Zwanzig Minuten nach zehn – noch eine Stunde und vierzig Minuten bis zu einem neuen Tag. Glauben Sie, dass ABC bis zur letzten Sekunde wartet?»
    Ich öffnete den Fahrplan, den ich vom Regal geholt hatte.
    «Churston, Devon», las ich, «204 ¾; Meilen vom Bahnhof Paddington. Bevölkerungszahl: 544 Personen. Scheint ein ziemlich kleiner Ort zu sein. Dort muss man unseren Mann ganz bestimmt bemerkt haben.»
    «Und wenn? Es wird trotzdem ein weiteres Menschenleben vernichtet worden sein.» Poirot schien etwas einzufallen. «Was haben wir für Züge? Ich glaube, dass wir per Bahn rascher dort sind als per Auto.»
    «Es gibt einen Nachtzug mit Schlafwagen, der um sieben Uhr fünfzehn in Churston ankommt.»
    «Den nehmen wir, Hastings.»
    «Aber dann werden Sie vor unserer Abfahrt kaum noch die neuesten Informationen erhalten können.»
    «Ob wir schlechte Nachrichten heute Abend oder morgen früh bekommen – was macht das schon?»
    Ich begann, unsere Koffer zu packen, während Poirot noch einmal mit Scotland Yard telefonierte. Als er nach wenigen Minuten ins Schlafzimmer kam, fragte er: «Was machen Sie denn da?»
    «Ich habe Ihren Koffer gepackt, um Zeit zu sparen.»
    «Vouz éprouvez trop d’émotion, Hastings. Sie verlieren den Kopf. Legt man so einen Mantel zusammen? Und wie gehen Sie mit meinem Pyjama um? Wenn diese Flasche Haarwasser zerbricht, wie wird er dann aussehen?»
    «Himmel, Poirot», rief ich wütend, «es geht hier

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