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Die Morde des Herrn ABC

Die Morde des Herrn ABC

Titel: Die Morde des Herrn ABC Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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widerlegen, nicht wahr? Aber dann verstehe ich nicht, weshalb Sie so guter Laune sind. Sie haben gar nichts Neues erfahren.»
    «Nein, das stimmt.»
    «Also?»
    «Geduld. Alles ordnet sich mit der Zeit von selbst.»
    «Und doch sind Sie befriedigt vom Ergebnis Ihrer heutigen Nachforschungen?»
    «Ja, weil bis jetzt nichts meinen Verdacht widerlegt hat.»
    Er wurde unvermittelt ernst.
    «Mein Freund Hastings hat mir einmal erzählt, dass er in seiner Jugend ein Spiel gespielt hat, das ‹Die Wahrheit› hieß. Bei diesem Spiel wurden allen Anwesenden reihum drei Fragen gestellt, von denen zwei unbedingt wahrheitsgemäß beantwortet werden mussten. Gegen die dritte konnte man Einspruch erheben. Natürlich stellte man dabei Fragen indiskretester Art! Aber zu Beginn des Spiels musste jeder Teilnehmer schwören, die Wahrheit, und nichts als die Wahrheit zu sagen.»
    «Ja, und?», fragte Megan, als mein Freund schwieg.
    «Eh bien – ich möchte dieses Spiel mit Ihnen spielen. Mit dem Unterschied, dass ich keine drei Fragen benötige. Eine genügt mir. Eine Frage an jeden von Ihnen.»
    «Wir werden alles beantworten», rief Clarke ungeduldig.
    «Oh, ich möchte die Sache ernsthaft aufgefasst wissen: Schwören alle, die Wahrheit zu sagen?»
    Er stellte diese Forderung so eindringlich, dass die anderen, verblüfft, ebenfalls ernst wurden und feierlich schworen, nur und ausschließlich die Wahrheit zu sagen.
    «Bon», sagte Poirot barsch, «dann beginnen wir!»
    «Ich bin bereit», bot Thora Grey sich als erste an.
    «Damen haben sonst zwar immer den Vortritt, aber diesmal gilt diese Regel nicht.» Er wandte sich Franklin Clarke zu.
    «Mon cher Monsieur Clarke, welchen Eindruck hatten Sie von den Hüten der Damen auf dem diesjährigen Rennen in Ascot?»
    Clarke fielen fast die Augen aus dem Kopf. «Soll das ein Witz sein?»
    «Ganz gewiss nicht.»
    «Ist das also ernstlich Ihre Frage an mich?»
    «Jawohl.»
    Clarke begann zu lachen.
    «Nun, Monsieur Poirot, ich war zwar nicht in Ascot, aber was ich so an mir vorüberfahren sah auf dem Wege dorthin, lässt mich vermuten, dass die Damenhüte für das Rennen noch größer waren als jene, die so tagtäglich getragen werden.»
    «Also übertrieben?»
    «Ziemlich übertrieben, ja.»
    Poirot lächelte und sah Donald Fraser an.
    «Wann hatten Sie dieses Jahr Ferien, Mr. Fraser?»
    «Ferien?» Nun war die Reihe zu staunen an Donald.
    «Die beiden ersten Wochen im August.»
    Plötzlich begann sein Gesicht zu zucken. Wahrscheinlich verband sich für ihn der Gedanke an seine Ferien mit Erinnerung an das Mädchen, das er geliebt hatte.
    Poirot schien seiner Antwort kaum Beachtung zu schenken. Er hatte sich etwas vorgebeugt und sah Thora Grey fest in die Augen. Seine Stimme hatte sich verändert: Sie war härter geworden, und er stellte seine Frage klar und scharf.
    «Mademoiselle, hätten Sie im Falle von Lady Clarkes Tod Sir Carmichael geheiratet, wenn er Sie darum gebeten hätte?»
    Das Mädchen sprang auf.
    «Wie dürfen Sie es wagen, mich das zu fragen? Ihre Frage ist – ist beleidigend!»
    «Vielleicht. Aber Sie haben geschworen, die Wahrheit zu sagen. Eh bien – ja oder nein?»
    «Sir Carmichael war immer sehr gut zu mir. Er behandelte mich fast wie eine Tochter. Und genauso waren meine Gefühle für ihn – liebevoll und dankbar…»
    «Verzeihen Sie, aber das ist keine Antwort auf meine Frage. Ja oder nein, Mademoiselle?»
    Sie zögerte. «Die Antwort lautet selbstverständlich nein.»
    Er dankte Thora Grey und wandte sich an Megan. Das Gesicht des Mädchens war sehr blass. Sie atmete schwer, als erwarte sie ein Gottesurteil.
    Poirots Frage kam hart und schneidend wie ein Peitschenhieb. «Mademoiselle, auf welches Ergebnis meiner Nachforschungen hoffen Sie? Wünschen Sie, dass ich die Wahrheit ergründe oder nicht?»
    Sie warf stolz den Kopf zurück. Ich war sicher, ihre Antwort zu wissen, denn Megan war von einer fast fanatischen Wahrheitsliebe.
    «Nein!»
    So unerwartet kam das, dass wir alle beinahe von unseren Sitzen aufsprangen. Poirot sah Megan groß an.
    «Mademoiselle, Sie mögen vielleicht die Wahrheit nicht erfahren wollen – aber Sie wissen sie jedenfalls zu sprechen.»
    Er ging zur Tür, erinnerte sich dort erst Mary Drowers und kam langsam zurück.
    «Sagen Sie mir, liebes Kind, haben Sie einen Freund?»
    Mary, die ihm erwartungsvoll entgegengesehen hatte, errötete verwirrt.
    «Ach, Mr. Poirot! Ich – ich bin mir nicht sicher.»
    «Alors c’est bien, mon

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