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Die Morgengabe

Die Morgengabe

Titel: Die Morgengabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Ibbotson
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paarweise
arbeiten», erklärte er. Und zu Verena sagte er: «Da Sie neu sind, Miss
Plackett, dachte ich, Sie würden vielleicht gern mit Miss Berger
zusammenarbeiten, die auch dieses Jahr angefangen hat.»
    Ruth drehte den Kopf und lächelte
Verena an. Sie hätte lieber mit Pilly gearbeitet, die sie flehentlich ansah,
oder mit Sam, aber sie wollte das andere Mädchen keinesfalls brüskieren.
    Verena sagte nichts. Sie stand nur
da und musterte Ruth von oben bis unten. In Belsize Park war es nach Ruths
Aufnahme in Thameside zu einer heftigen Auseinandersetzung gekommen. Leonie
hatte ihre Absicht kundgetan, die Brillantbrosche zu verkaufen, die sie
heimlich außer Landes geschmuggelt hatte, um Ruth mit dem Erlös für die
Universität auszustatten, aber davon hatte Ruth nichts hören wollen. «Du wirst
das Geld bestimmt einmal für wichtigere Dinge brauchen», hatte sie mit Entschiedenheit
gesagt.
    Darum trug Ruth an diesem Morgen
statt eines regulären Labor mantels eine mit kleinen weißen Gänseblümchen
bedruckte lavendelblaue Kittelschürze. Sie gehörte Miss Violet, die ein ganzes
Sortiment dieser Kleidungsstücke besaß, in denen sie im Willow bediente.
Hätte Ruth die Wahl gehabt, so hätte sie sicher nicht dieses Prachtexemplar von
einem Kittel für die Laborarbeit ausgewählt, aber sie hatte die Gabe von Miss
Violet ebenso dankbar angenommen wie das mit rosaroten Herzen dekorierte Federmäppchen,
das Mrs. Burtt ihr bei Woolworth gekauft hatte.
    Verena jedoch starrte diese
unwissenschaftliche Erscheinung, deren Haar der Ordnung halber auch noch mit
einem von Onkel Mishak gestifteten Stück Gartenbast hochgebunden war, mit vielleicht
verständlicher Bekümmerung an. Dann sagte sie: «Ich halte es nicht für ratsam,
daß zwei Neue zusammenarbeiten.»
    Die Abfuhr war unverkennbar. Ruth
wurde rot und wandte sich ab, während Verena einen schneeweißen, gestärkten
Labormantel anlegte, ehe sie daran ging, ihre Partnerwahl zu treffen. Die
Gruppe um Ruth Berger kam natürlich nicht in Frage, und ein möglicher Kandidat
– ein gutaussehender, hellhaariger junger Mann – tat sich mit jemand anderem
zusammen, ehe sie ihn auf sich aufmerksam machen konnte. Doch schmeichelhaft
nahe an ihrer Seite wartete schüchtern ein Junge, der gar nicht übel war, groß
und schlank, mit sandblondem Haar, das kurz geschnitten und ordentlich gekämmt
war.
    «Möchtest du mit mir
zusammenarbeiten?» fragte sie Kenneth Easton.
    Sie hatte eine ausgezeichnete Wahl
getroffen. Kenneth, der Vögel beobachtete (aber nur seltene), war ein
gewissenhafter junger Mann, der seine akademische Laufbahn unter so illustrer
Gönnerschaft nunmehr gesichert sah. Eifrig trat er an ihre Seite.
    «Hoffentlich erstickt sie an ihrem
Schlauch», zischte Sam rachsüchtig. Aber das geschah natürlich nicht. Während
sich der kriecherische Kenneth neben ihr aufpflanzte, um zum gegebenen Moment
ihren Mageninhalt in Empfang zu nehmen, hob Verena den Gummischlauch zum Mund
und schluckte ihn ruhig und routiniert mit einer Reihe von Schlundbewegungen,
die an die einer Python erinnerten, hinunter.
    Es gab in Thameside viel mehr junge Männer
als Frauen, und fast alle waren sie höchst kontaktfreudig. Um von Anfang an
klare Verhältnisse zu schaffen, erzählte Ruth daher schon sehr bald von Heini:
daß er nachkommen würde; daß er unglaublich begabt war; daß sie – wenn sie
ihren Magister hatte – ihr Leben mit ihm teilen wollte.
    «Wie ist er?» wollte Janet wissen.
    «Er hat lockiges dunkles Haar und
graue Augen, und er spielt Klavier wie ein Gott. Du wirst ihn ja zu hören
bekommen, wenn er da ist – vorausgesetzt, ich habe bis dahin das Klavier.»
    Heinis Existenz war ein Schlag für
Sam, aber er nahm ihn hin wie ein Mann und beschloß, in Ruths Leben den edlen
Ritter zu spielen, was für sein Studium sowieso besser sein würde als eine
offene Leidenschaft. Er hatte genau wie alle ihre anderen Freunde Verständnis
dafür, daß Ruth nur solchen Klubs beitrat, die kostenfrei waren, und nach dem
Kolleg nicht ins Pub mitkam. Sie mußte ja die Trinkgelder, die sie im Willow verdiente, für Heinis Klavier sparen. Und bald konnte man sogar Huw Davies,
den schweigsamen Waliser, dabei beobachten, wie er in die Schaufenster von
Klavierläden spähte, denn nichts ist ansteckender als das Engagement für eine
noble Sache.
    Später wünschte Ruth, die Woche zu
Semesterbeginn, als Quin noch nicht aus Schottland zurück war, wäre nie
gewesen. Sie hörte zuviel über

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