Die Morgengabe
sie beschlossen, Quin auf seine Expeditionen begleiten, und dazu mußte
man topfit sein.
Von ihrem Fenster aus konnte sie auf
die Bucht und das Bootshaus blicken, in dem die anderen Studenten noch in
Schlaf lagen. Gegen das Labor hatte Verena nichts einzuwenden; als Quins
Helferin und als Forscherin wie er fand sie eine wissenschaftliche Außenstelle
so dicht am Haus durchaus in Ordnung; aber diese Beschäftigung mit Studenten
würde aufhören müssen. Quin, so meinte sie, war zu ganz anderem geschaffen, zum
Präsidenten der Royal Society etwa oder zum Leiter eines
wissenschaftlichen Instituts – aber die Lehrtätigkeit war doch für einen
solchen Mann die reine Zeitverschwendung.
Im Zimmer nebenan hörte Lady
Plackett mit Befriedigung das vertraute Holterdipolter. Ihre Tochter hatte am
Abend zuvor einen hervorragenden Eindruck gemacht, und sie selbst hatte, von
der Herzlichkeit des Empfangs ermutigt, beschlossen, während der ganzen Dauer
des Seminars zu bleiben und bei den Vorbereitungen zu Verenas Fest mitzuhelfen.
Was Miss Somerville anging – von der sie gehört hatte, sie sei die
Ungeselligkeit in Person –, so war ihre Freundlichkeit jetzt erklärt. Wenn ihr
Neffe ernsthaft erwog, seinen Landsitz aufzugeben, dann konnte es nur in ihrem
Interesse liegen, ihn verheiratet zu sehen, natürlich mit einer Frau, die eine
derartige Torheit nicht zulassen würde.
Punkt Viertel vor acht gingen Verena
und Lady Plackett nach unten und wurden von ihrer Gastgeberin mit Erleichterung
begrüßt. Weder trugen sie Pelzmäntel noch erkundigten sie sich nach der
Zentralheizung, und obwohl Frances Somerville pflichtschuldig fragte, ob sie
eine gute Nacht verbracht hätten, sah sie gleich, daß das überflüssig war.
«Verena schläft immer gut»,
versicherte Lady Plackett, und Verena nickte mit gelassenem Lächeln.
Jetzt kamen Comely und die alte
Labradorhündin mit der weißen Schnauze und durften bestimmt ein halbes Dutzend
Mal freundlich mit dem Schwanz wedeln, ehe Verena ihnen befahl, sich zu setzen,
was sie augenblicklich taten. Nachdem Verena sich so als Hundeliebhaberin
ausgewiesen hatte, trat sie zur Kredenz, um sich Schinken, Rührei und Würstchen
zu nehmen.
«Verena nimmt niemals zu», bemerkte
Lady Plackett mit warmer Bewunderung. «Wir Croft-Ellis' können alle soviel
essen, wie wir wollen, ohne um unser Gewicht fürchten zu müssen.»
Als man nach einer Weile zu Toast
und Orangenmarmelade überging, mußte man natürlich nach dem Professor fragen,
der sich immer noch nicht hatte blicken lassen. «Hat er schon gefrühstückt?»
erkundigte sich Verena.
«Quin nimmt immer nur einen Kaffee
in seinem Zimmer. Er ist schon zur Bowmont-Bucht hinuntergegangen, um das Boot
zu holen.»
Die Placketts tauschten einen Blick.
Wenn Quin sich in seinen Turm zu verkriechen pflegte und bei Tagesanbruch aus
dem Haus schlich, würde Verena wohl ihre Strategie ändern müssen.
Da der Unterricht an diesem ersten
Tag erst um halb zehn Uhr beginnen sollte, nahmen die Placketts dankend die
Einladung an, sich das Haus anzusehen, wozu sie am Vortag, da sie erst gegen
Abend eingetroffen waren, keine Gelegenheit gehabt hatten. Höflich bewunderten
sie alles, was ihnen gezeigt wurde, und stellten mit Genugtuung Vergleiche an.
In der Bibliothek konnte Verena darauf hinweisen, daß ihr Onkel Croft-Ellis
ebenfalls eine Serie Holzschnitte von Bewick besaß, nur vielleicht ein wenig
umfassender, und im Frühstückszimmer fühlte sich Lady Plackett an die
Gobelinbezüge der Stühle erinnert, die ihre Großmutter gestickt hatte, als sie
als junge Braut nach Rutland gekommen war.
«Sicherlich nicht besser als diese
hier, meine liebe Miss Somerville, obwohl die Herzogin fragte, ob sie sie
kopieren dürfte.»
Danach folgte ein Rundgang durch die
Außenanlagen. Als sie den Rasen und die Brücke über den
Graben überquerten, kamen sie an der Pforte zum ummauerten Garten vorbei, und
Frances Somerville fragte, ob sie ihn zu sehen wünschten.
«Gern», antwortete Lady Plackett.
«Er ist ja sehr bekannt, nicht wahr? Nun, wir haben in Rutland natürlich auch
einen sehr berühmten Garten, wie Sie wahrscheinlich wissen.»
Frances widerstand dem Impuls zu
sagen, einen Garten wie den ihren gäbe es nirgends, und sperrte die Pforte auf.
Immer hätte sie am liebsten einen Finger auf die Lippen gelegt, wenn sie das
tat, doch Verena und Lady Plackett hatten bereits mit lauten, schneidenden
Stimmen begonnen, die Anlage des Gartens zu bewundern, wobei es
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