Die Moselreise - Roman eines Kindes
»Fury«-Geschichten gelesen, und die »Fury«-Geschichten hätten mich nun auf den Gedanken gebracht, auf einem Pferd zu galoppieren. Ich wunderte mich, wie Papa darauf gekommen war, und ich sagte Papa, es stimme, dass ich in den »Fury«-Geschichten gelesen habe und dass ich mir jetzt vorkomme wie der kleine Joey, der auf Fury davon galoppiert. Und da lachte Papa und machte richtig Fahrt, und wir sind noch eine Weile an der Mosel entlang und dann wieder nach Bullay zurück gefahren.
Während des Abendessens in einem Mosel-Restaurant in der Nähe unserer Pension haben wir dann überlegt, ob wir morgen einmal den ganzen Tag mit dem Fahrrad fahren sollten. Ich habe es mir sehr gewünscht, und da hat Papa »in Ordnung« gesagt, und wir haben beschlossen, am nächsten Tag mit dem Fahrrad von Bullay nach Traben-Trarbach zu fahren. Ich habe panierten Fisch mit Kartoffelsalat gegessen, und Papa hat wieder eine Forelle mit viel Salat gegessen. In dem Raum, in dem wir gegessen haben, stand ein Klavier,
und Papa und ich haben einen Blick auf das Klavier geworfen. Papa hat mich gefragt, ob ich Klavier spielen wolle, ich wollte aber nicht, und das habe ich ihm auch gesagt. Da hat Papa wieder »in Ordnung« gesagt und dass vielleicht auch zu viele Leute da seien und dass wir uns einmal einen Ort für das Klavier spielen aussuchen würden, wo überhaupt keine Menschen seien und wo ich in Ruhe Klavier spielen könne.
Bullayer Brautrock
Papa hat ein Glas »Bullayer Brautrock« getrunken, und da habe ich Papa gefragt, woher der Name kommt. Papa hat erzählt, dass ein armer Graf einmal seinen Sohn mit einem reichen Mädchen verheiraten wollte, um selbst reich zu werden. Eigentlich hätte er die Hochzeit seines Sohnes bezahlen müssen, das konnte er aber nicht. Da bezahlte der Vater des Mädchens die Hochzeit, indem er einen Weinberg des armen Grafen zum Pfand nahm. Nach der Hochzeit aber schenkte der Vater des Mädchens diesen Weinberg seiner Tochter und setzte fest, dass der Sohn des armen Grafen nicht an dem Weinberg verdienen dürfe.
Wir waren sehr müde, und wir sind dann in die »Pension« zurück gegangen. Auf der Liegewiese haben sich noch ein paar Menschen unterhalten, weil dort Kerzen und Fackeln brannten. Ich bin gleich auf unser Zimmer gegangen, und Papa ist noch für eine halbe Stunde zu den Leuten auf die Liegewiese gegangen. Ich habe dann noch die »Fury«-Geschichten zu Ende gelesen und noch eine Karte an Mama geschrieben.
Postkarte 15
Liebe Mama, stell Dir vor: Wir sind heute Abend Fahrrad gefahren! Es ging so schnell wie der Blitz, und es hat sehr viel Spaß gemacht. Ich dachte dauernd, ich würde Fury reiten, so schnell ging es, wie im Galopp. Morgen fahren wir ein großes Stück auf Rädern die Mosel entlang, ich voran, Papa hinterher. Der Sand wird stauben, und ich werde Furys Gewieher hören, und ich werde das Lasso schwingen. Herzliche Grüße von Deinem Bub
31. Juli 1963
Am Morgen haben wir in der herrschaftlichen »Pension Calliari« auch sehr herrschaftlich gefrühstückt. Die Frau, die uns das Frühstück brachte, hat uns nämlich gefragt, ob wir ein Rührei oder ein Spiegelei zum Frühstück wünschten, und da hat Papa gesagt, wir wünschten uns ein Rührei und ein Spiegelei mit etwas Speck. Wir haben während unserer ganzen Moselreise bisher noch kein Rührei und auch kein Spiegelei mit Speck bekommen, schon das zeigt, wie herrschaftlich die »Pension Calliari« war. Wir haben aber nicht nur Rührei und ein Spiegelei mit Speck bekommen, sondern auch noch frischen Orangensaft und dunkles Knäckebrot und eine Marmelade mit Orangenschalen darin. Wir haben uns bei der Frau, die uns das Frühstück gebracht hat, sehr
bedankt, und Papa hat der Frau gesagt, dies sei das bisher beste Frühstück unserer Moselreise gewesen. Die Frau hat sich darüber gefreut, und dann hat sie mir eine Ansichtskarte mit einem Foto der Pension geschenkt, auf dem auch die Liegewiese drauf war. Ich habe mich auch noch einmal bedankt, und dann sind Papa und ich auf die Fahrräder gestiegen und sind losgefahren.
Frühstücken
Am liebsten frühstücke ich frische Brötchen, und am allerliebsten frühstücke ich die Brötchen, die es bei den Bäckern im Westerwald gibt. Auch die Wurst von den Metzgern im Westerwald frühstücke ich gern, während wir in Köln keine Wurst zum Frühstück frühstücken. Auch Käse frühstücken wir in Köln nicht zum Frühstück, wir frühstücken fast nie Käse zum Frühstück, sondern wir
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