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Die Mütter-Mafia

Titel: Die Mütter-Mafia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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zugestellt. Es kam von der Anwaltskanzlei Suffkens, Brüderli und Becker. Herr Süffkens und Herr Brüderli hatten offenbar schon das Zeitliche gesegnet, denn hinter ihren Namen war ein schwarzes Kreuz gedruckt, was dem Briefkopf einen makaberen Charakter verlieh.
    »Was ist das?«, fragte Mimi. Wir waren gerade dabei gewesen, die Esszimmerfenster abzuschleifen, als der Postbote geklingelt hatte.»Ah, Post von Hempels! Diese Briefe kenne ich, wir bekommen davon zwei Stück im Monat.«
    Und richtig: Der Uberlebende der Anwaltskanzlei, Herr Heribert D. Becker, schrieb, dass er die Interessen der Familie Hempel vertrete und dass gegen mich gerichtliche Schritte eingeleitet würden, wenn ich weiterhin gegen mündlich bereits getroffene Vereinbarungen verstieße. Punkt eins: Die Lärmbelästigung durch meine Kinder solle mit sofortiger Wirkung eingestellt werden. Punkt zwei: Die insgesamt elf Laubbäume im Grenzbereich, die längst die zulässige Größe überschritten hätten und das Grundstück seiner Klienten in unzumutbarer Weise beschatteten und verschmutzten, müssten umgehend beseitigt werden, zumal die Bäume auch ein erhebliches Sicherheitsrisiko darstellten. Punkt drei: Schadensersatz und Schmerzensgeld in Höhe von 350 Euro, den mutwillig beschädigten Mantel des Herrn Heinrich Hempel betreffend, seien umgehend auf folgendes Konto zu überweisen. Zum Schluss tat Herr Becker noch seine Hoffnung kund, ich würde mich in allen Punkten einsichtig und kooperativ zeigen, denn seinen Klienten sei sehr an einem gutnachbarlichen Verhältnis gelegen. Hochachtungsvoll.
    Ich wünschte Herrn Becker, dass sich möglichst bald auch hinter seinem Namen ein schwarzes Kreuz befinden möge.
    Mimi, die mir beim Lesen über die Schulter geschaut hatte, lachte laut auf. »Ja, klar«, sagte sie. »An einem gutnachbarlichen Verhältnis liegt denen wirklich unglaublich viel.«
    Ich stöhnte. »Jetzt weiß ich aber wenigstens, was die mit Kroppzeuch meinen: Es sind die Bäume! Elf Stück allein im Grenzbereich!« Ich schaute aus dem Fenster. Draußen regnete es in Strömen. »Da steht ja wirklich ein ganzer Wald.«
    »Der steht wahrscheinlich unter Naturschutz«, sagte Mimi. »Deine Schwiegereltern mochten es gerne schattig. Komm, das sehen wir uns mal genau an.«
    Wir zogen uns Mäntel über, quetschten uns unter Omi Wilmas Regenschirm und wanderten durch den Garten. Es gabwirklich eine Vielzahl Bäume, die alle ein biblisches Alter erreicht hatten. Einige davon waren so hoch, dass ihre Wipfel vermutlich auch an weniger verhangenen Tagen die Wolkendecke durchbrachen. Nahe an Hempels Zaun standen aber nur zwei ramponierte, halb vertrocknete Nadelbäume, die ich für Fichten hielt, Mimi für Tannen.
    »Auf jeden Fall können die weg«, sagte ich großzügig. »Mit dem Holz kann ich dann den Kamin bis zum Jahr 2020 befeuern. Wie weit reicht denn der Grenzbereich überhaupt?«
    »Im Allgemeinen drei Meter, wenn es um Bebauung geht«, sagte Mimi. »Aber bei Pflanzen handelt es sich um Abstandsflächen von fünfzig Zentimetern bei Hecken und bis zu vier Metern für starkwüchsige Bäume.«
    »Dann steht der hier auch zu nah«, sagte ich und zeigte auf den Baum, von dem Nelly gefallen war.
    »Nein«, sagte Mimi. »Das ist ein Birnbaum, und mit dem musst du nur zwei Meter Abstand halten.«
    »Woher weißt du das denn alles?«, fragte ich.
    »Weil Hempels uns auch wegen jedem Kroppzeuch verklagen, das bei uns wächst«, sagte Mimi. »Und ich sage dir: Der Birnbaum darf stehen bleiben.«
    »Der kann aber trotzdem weg«, sagte ich. »Er ist ja so was von morsch. Das meinten die bestimmt mit Sicherheitsrisiko. Wahrscheinlich haben sie fotografiert, wie Nelly runtergefallen ist.« Ich lehnte mich an den Maschendrahtzaun, der unser Grundstück vom Grundstück der Hempels trennte. »Aber das wären dann trotzdem nur drei Bäume. Der Anwalt schreibt was von elf! Meinst du, die Birken dort stören die auch?«
    »Mit Sicherheit«, sagte Mimi. »Und dieser herrliche Walnussbaum dort. Und die Eberesche. Die Blutbuche. Die zwei Apfelbäume. Die Felsenbirne. Der Flieder.« Über ihre botanischen Kenntnisse konnte ich nur staunen. Für mich sah das im unbelaubten Zustand alles gleich aus. »Und ganz besonders der Pflaumenbaum.«
    »Ganz genau!«, quietschte uns jemand von der Seite an, nah und so laut, dass Mimi vor Schreck beinahe den Schirm fallen ließ und ich Halt am Maschendraht suchen musste. Es war aber nur Frau Hempel, die sich so weit aus einem

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