Die Mütze
Helden ins Eisloch einbrach, in den Abgrund stürzte und auf dem Ölfeld in Flammen geriet.
»Efim«, sagte ich, »du bist ein erwachsener Mensch, und ich will nicht den Teufel an die Wand malen. Aber du mußt wissen, Karetnikow ist ein sehr übler und sehr nachtragender Charakter. Wenn du dich nicht sofort mit ihm aussöhnst...«
»Um keinen Preis der Welt!« rief Efim aus.
»Aber du weißt, daß er dir das niemals verzeihen wird ?«
»Ich lege gar keinen Wert darauf, daß er mir verzeiht. Ich habe diese Erniedrigungen satt. Ich habe es satt, ein guter Mensch zweiter Klasse zu sein. Ich habe andere Pläne.«
»Andere Pläne?«
»So ist es.« Mißtrauisch sah er sich alle vier Wände an und musterte eine Weile den Kronleuchter. »Glaubst du, daß deine Wohnung abgehört wird ?«
Ich zuckte die Achseln.
»Woher soll ich wissen, ob sie abgehört wird oder nicht?«
Er bat mich, das Telefon in das andere Zimmer zu tragen oder eine Phantasienummer zu wählen und die Wählscheibe mit einem Bleistift zu blockieren.
Ich glaubte, ehrlich gestanden, an solche Kunststücke nicht und war auch keineswegs überzeugt, daß Wanzen unbedingt im Telefon stecken müssen.
»Weißt du was«, sagte ich, »es ist schönes Wetter. Warum sollen wir nicht Spazierengehen ?«
Wir gingen die Treppe hinunter. Efim klemmte die Aktentasche zwischen die Beine, zog Lederhandschuhe an und stellte den Mantelkragen auf. Seine in den braunen Pelz eingebettete gelbe Glatze erinnerte an einen Kürbis, der in einer Einkaufstasche nach Hause getragen wird. Durch die Hinterhöfe kamen wir zur Sytinskijgasse und von dort auf den Twerskoj-Boulevard. Es war ein schöner sonniger Tag. Der Schnee vom Vorabend leuchtete wie weicher Schaum auf den Büschen und Beeten. Auf dem freigeschaufelten breiten Mittelweg spazierten Tauben, rannten Schüler, ein junger Vater trabte vor einem Schlitten dahin, in dem sein bis an die Augen eingepackter Sprößling saß. Alle Bänke waren besetzt von Schachspielern, alten Frauen und Auswärtigen mit ihren Einkaufsnetzen und Säcken.
Wir schlenderten langsam in Richtung Nikitskijtor und redeten zuerst Belangloses, ich weiß nicht mehr, was, aber schließlich blickte sich Efim nach allen Seiten um, und fragte, nachdem er zwei Offiziere mit Aktentaschen ein Stück weit hatte vorangehen lassen, mit gesenkter Stimme, ob ich nicht Ausländer kenne, die ein Manuskript in den Westen schmuggeln könnten.
Ich kannte einige Ausländer, aber ich wollte diese Beziehungen nicht an die große Glocke hängen, weil ich selbst schon längst mit ihrer Hilfe Verschiedenes »hinter den Berg« geschickt und dort unter einem Pseudonym hatte erscheinen lassen, das niemand außer meiner Frau kannte. Ich sagte weder ja noch nein, sondern fragte, welches Manuskript er eigentlich meine. Es stellte sich heraus, daß er noch nichts Fertiges hatte, aber im voraus wissen wollte, wer es mitnehmen könne und wie das Ganze ablaufe. Und ob ein Typoskript oder ein Film besser wäre.
»Ein Film ist besser«, sagte ich, »vom Original und je eine Manuskriptseite pro Bild. Sonst gibt es beim Drucken Schwierigkeiten. Aber was würdest du denn gerne rüberschicken?«
»Du weißt doch, daß ich einen Roman Operation schreibe ?« Er sah mich an und schien zu wissen, was ich dachte. »Nun ja, natürlich, ich schreibe von guten Menschen, die niemand haben will. Aber diesmal sind es nicht gute, sondern schlechte Menschen.«
Und er erzählte mir die wahre Begebenheit, die seinem Plan zugrunde lag. Sie sah ein bißchen anders aus als der Romanentwurf. Eine Operation, die ein Arzt an sich selbst vornehmen mußte, hatte stattgefunden. Aber nicht auf hoher See, sondern an der kanadischen Küste. Der kranke Arzt hätte ohne weiteres in eines der Hafenkrankenhäuser gebracht werden können, aber erstens kostete die Operation eine riesige Summe in fremder Währung, zweitens hatte ausgerechnet dieser Kranke in letzter Zeit gewisse Anzeichen politischer Unzuverlässigkeit erkennen lassen (er erzählte antisowjetische Anekdoten, und unter seinem Kopfkissen fand man Awtorchanows Technologie der Macht) und überhaupt, man hatte keine Garantie, daß er sich nicht absetzen würde. Deshalb befahl Kapitän Kolotunzew, der Prototyp Kolomijzews, nicht die kanadische Küste, sondern die Kurilen anzusteuern.
Auf dem Weg zu diesen Inseln nahm der verzweifelte Arzt die Operation an sich selbst vor, allerdings hörte er anschließend keine Musik, denn er war tot.
»Sag mal«, Efim
Weitere Kostenlose Bücher