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Die Muschelsucher

Die Muschelsucher

Titel: Die Muschelsucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
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wieder. Um ihn zu besuchen, aber auch, weil ich wußte, daß du nie weit fort sein würdest, wenn ich bei ihm war. Von Kindern umringt und immer beschäftigt, aber trotzdem, du würdest da sein. Das war alles, was zählte.«
    »Auch für mich war es alles, was zählte. Ich versuchte nicht, es zu verstehen. Ich wußte nur, daß alles plötzlich eine andere Farbe bekam, wenn du im Haus warst. Ich hatte das Gefühl, ich hätte dich schon immer gekannt. Es war, als passiere das Schönste aus Vergangenheit und Zukunft auf einmal, in einem Moment. Aber ich habe nicht gewagt, es als Liebe zu bezeichnen.«
    Er war nun neben ihr, saß nicht mehr einen Meter weiter vor ihr, sondern neben ihr, hielt sie in den Armen, so daß sie das Klopfen seines Herzens spüren konnte. Ihr Gesicht lag an seiner Schulter, und seine Finger spielten und verloren sich in ihrem Haar. »O mein Liebling, mein Liebes.« Sie hob den Kopf und wandte ihm ihr Gesicht zu, und sie küßten sich wie Liebende nach einer jahrelangen Trennung. Es war wie eine Heimkehr, wie wenn man hört, daß eine Tür geschlossen wird, und weiß, daß man sicher und geborgen ist, sicher vor dem Zugriff der Welt, daß sich nichts und niemand zwischen einen und den einzigen Menschen drängen kann, mit dem man zusammen sein möchte.
    Sie lag auf dem Rücken, und ihr dunkles Haar breitete sich auf den Kissen aus.
    »O Richard.« Es war ein Flüstern, aber zu mehr war sie nicht fähig. »Ich habe nie gewußt, ich habe nicht mal geahnt, daß ich so etwas fühlen könnte. daß es so sein könnte.« Er lächelte. »Es kann noch besser sein.«
    Sie sah in sein Gesicht hoch und wußte, was er sagen wollte, wußte, daß sie das gleiche wollte. Sie fing an zu lachen, und seine Lippen legten sich auf ihren geöffneten, lachenden Mund, und Worte, so süß sie gewesen wären, wurden plötzlich überflüssig und unzulänglich.
    Dem alten Atelier war Liebe nichts Unbekanntes. Der Kanonenofen brannte tapfer und verbreitete eine behagliche Wärme, und der Wind, der durch das spaltweit geöffnete Fenster drang, hatte das alles schon oft gesehen. Die von Wolldecken bedeckten Liegen, auf denen einst Lawrence und Sophie glücklich gewesen waren, begrüßten diese neue Liebe wie freundliche Komplizen. Und danach, in jenem tiefen Frieden nach dem Höhepunkt der Leidenschaft, versanken sie eng umschlungen in ihrer Seligkeit und schauten zu den Wolken, die über den Himmel getrieben wurden, und lauschten dem ewigen Brausen der Wellen, die sich am leeren Strand brachen.
    Sie sagte: »Was soll nun werden?«
    »Wie meinst du das?«
    »Was werden wir tun?«
    »Uns lieben.«
    »Ich möchte nicht zurück. Nicht so weitermachen wie zuvor.«
    »Das können wir auch nicht.«
    »Aber wir müssen. Wir können nicht vor der Wirklichkeit fliehen. Und trotzdem möchte ich, daß es ein Morgen gibt und noch ein Morgen und noch eines, und wissen, daß ich jede Stunde mit dir Zusammensein kann.«
    »Das möchte ich auch.« Es klang traurig. »Aber es geht nicht.«
    »Dieser Krieg. Ich hasse ihn so sehr.«
    »Vielleicht sollten wir ihm dankbar sein. Weil er uns zusammengebracht hat.«
    »O nein. Wir hätten uns auch ohne ihn kennengelernt. Irgendwann. Irgendwie. Es stand in den Sternen. An dem Tag, als ich geboren wurde, drückte dir irgendein himmlischer Beamter einen Stempel mit meinem Namen auf, in riesigen Großbuchstaben. Dieser Mann ist für Penelope Stern reserviert.«
    »Außer daß ich an dem Tag, als du geboren wurdest, noch gar kein Mann war. Ich war im Internat und kämpfte mit dem Einmaleins.«
    »Das macht keinen Unterschied. Wir gehören trotzdem zusammen. Du bist immer da gewesen.«
    »Ja. Ich bin immer da gewesen.« Er küßte sie und hob dann widerstrebend die Hand, um auf die Uhr zu sehen. »Es ist fast fünf.«
    »Ich hasse den Krieg, und Uhren hasse ich auch.«
    »Leider können wir nicht für immer hier bleiben, Liebling.«
    »Wann werde ich dich wiedersehen?«
    »Eine Weile nicht. Ich muß fort.«
    »Für wie lange?«
    »Drei Wochen. Ich dürfte es dir eigentlich nicht sagen, verrate also niemandem etwas.«
    Sie war plötzlich voll Angst. »Aber wohin gehst du?«
    »Ich kann es nicht sagen.«
    »Was wirst du tun? Ist es gefährlich?«
    Er lachte. »Nein, du Angsthase, es ist natürlich nicht gefährlich.
    Eine Übung. es gehört zu dem Einsatz hier. Und jetzt keine Fragen mehr.«
    »Ich habe Angst, daß dir etwas passiert.«
    »Mir wird nichts passieren.«
    »Wann kommst du zurück?«
    »Etwa

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