Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Muschelsucher

Die Muschelsucher

Titel: Die Muschelsucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
Vom Netzwerk:
eine alte Zeitung. Und ein paar Kienspäne und Treibhölzer habe ich auch gefunden.«
    »Und wenn nun eine Dohle ihr Nest auf dem Schornstein gebaut hat?«
    »Wir werden es bald merken.« Er richtete sich auf, nahm seine Baskenmütze ab, warf sie auf eine Liege und knöpfte den Rock seiner Kampfuniform auf. Dann zog er ihn aus, krempelte die Ärmel hoch und ging an die Arbeit.
    Während Richard die Asche ausräumte und Zeitungsseiten zu Fidibussen drehte, holte Penelope einen Besen hinter einem Stapel Surfbretter hervor und fing an, den Sand von den Tischen und danach den Fußboden zu fegen. Sie fand ein Stück Pappe, kehrte den ganzen Sand darauf und schüttete ihn aus dem Fenster. Der Strand war nicht mehr menschenleer. In der Ferne waren wie aus dem Nichts winzige Gestalten erschienen, ein Mann, eine Frau und ein Hund. Der Mann warf einen Stock ins Wasser, und der Hund rannte durch die Brandung, um ihn zu apportieren. Sie erschauerte. Es war kalt. Sie schloß das Fenster bis auf einen kleinen Spalt und befestigte es, und da ihr im Moment nichts weiter zu tun einfiel, setzte sie sich auf eine Liege und zog die Beine hoch, so wie sie es als kleines Mädchen nach einem langen sonnigen Tag getan hatte, nach stundenlangem Spielen und Baden und Planschen, um sich an Sophie zu schmiegen, damit sie ihr aus einem Buch vorlas oder eine Geschichte erzählte.
    Nun schaute sie Richard zu und empfand dasselbe Gefühl von Geborgenheit und Frieden. Er hatte es irgendwie geschafft, ein winziges Feuer in Gang zu bringen. Zweige knackten und knisterten. Eine Flamme züngelte hoch. Er legte behutsam ein Stück Holz auf. Sie lächelte, denn er wirkte so konzentriert wie ein Junge, der ein Lagerfeuer macht. Er sah auf und bemerkte das Lächeln. »Waren Sie bei den Pfadfindern?« fragte sie.
    »Ja. Ich habe sogar gelernt, schwierige Knoten zu knüpfen und aus zwei Stangen und einem Regenmantel eine Bahre zu machen.« Er legte zwei Scheite nach, und das teerige Holz knackte bedrohlich, spaltete sich und flammte auf. Er schloß den Ofen, stellte die Zugklappe ein, stand auf und wischte sich die Hände an seinen Hosen ab.
    »Das wäre geschafft.«
    »Wenn wir etwas Tee und Milch hätten, könnte ich Wasser aufsetzen und uns eine Tasse Tee machen.«
    »Das klingt ungefähr so, als würden Sie sagen, wenn wir Speck da hätten, könnten wir Spiegeleier mit Speck machen -aber wir brauchten auch noch die Eier.« Er zog sich einen Schemel heran und setzte sich vor sie hin. Über seine rechte Wange zog sich ein Rußstreifen, aber sie sagte es ihm nicht. »Haben Sie das früher immer so gemacht? Hier unten Tee getrunken?«
    »Ja, nach dem Surfen. Genau das richtige, wenn man erschöpft und durchgefroren ist. Und es waren immer Honigkekse da, die wir in den Tee tunkten. Wenn es im Winter sehr gestürmt hatte, war immer eine richtige Sanddüne angeweht worden, die bis zum Fenster reichte. Aber in den meisten Jahren war es so wie heute, und der Strand war sieben Meter weiter unten, so daß wir auf einer Strickleiter hinunterklettern mußten.« Sie streckte ihre Beine aus, machte es sich bequem in den Kissen. »Alles Nostalgie. Ich rede wie eine alte Frau. Dauernd und dauernd nur davon, wie es früher gewesen ist. Sie finden es sicher sehr langweilig.«
    »Ich finde es überhaupt nicht langweilig. Aber ich habe manchmal den Eindruck, daß Ihr Leben an dem Tag zu Ende war, als der Krieg ausbrach. Und das ist nicht gut, denn Sie sind noch sehr jung.«
    »Ich bin vierundzwanzig«, sagte sie. »Seit kurzem.« Er lächelte. »Wann hatten Sie Geburtstag?«
    »Letzten Monat. Sie waren noch nicht da.«
    »September.« Er dachte einen Moment nach, und dann nickte er befriedigt. »Ja. Das ist es. Es paßt.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Lesen Sie manchmal Louis MacNeice?«
    »Ich habe noch nie von ihm gehört.«
    »Ein irischer Dichter. Der Beste. Ich möchte Ihnen etwas von ihm aus dem Gedächtnis aufsagen, damit Sie ihn kennenlernen. Es wird Sie wahrscheinlich sehr verlegen machen.«
    »Ich werden nicht so leicht verlegen.«
    Er lachte. Dann begann er ohne weitere Einleitung:
    Der September ist da, er gehört ihr,
    Deren Leben stark wird im Herbst.
    Deren Wesen entblätterte Bäume
    und ein Feuer im Herde schätzt.
    So gebe ich ihr diesen Monat, und den nächsten
    Und weiß doch genau, daß mein Jahr ihr gehört
    Wie die Tage, unerträglich so viele, verhext,
    Und doch viele der Tage so glücklich,
    Viel mehr glückliche Tage durch sie.
    Durch die ein Duft

Weitere Kostenlose Bücher