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Die Muschelsucher

Die Muschelsucher

Titel: Die Muschelsucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
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Kragen. Sie hatte keine Strümpfe an, ihre Füße steckten in weißen Sandalen, und sie hatte ihr rotblondes Haar zu zwei Zöpfen geflochten und mit einer marineblauen Schleife zusammengebunden. »Ich finde es sehr, sehr hübsch. Wirklich, sehr hübsch. Du siehst sauber und frisch aus. wie. Ich weiß nicht. Wie eine brandneue Einkaufstüte?«
    Antonia kicherte. »Daddy sagt, du sollst kommen. Die ersten Gäste sind schon da.«
    »Ist meine Mutter bei ihnen?«
    »Ja, draußen auf der Terrasse. Sie sieht toll aus. Oh, komm jetzt bitte.« Sie griff nach Olivias Hand und zog sie zur Tür hinaus, und so, Hand in Hand, gingen sie unter den Lichtern die Terrasse hinunter. Olivia sah, daß Penelope sich bereits angeregt mit einem Herrn unterhielt, und wußte, daß sie recht gehabt hatte, denn ihre Mutter sah mit dem Seidenkaftan und dem geerbten Schmuck tatsächlich wie eine Königin aus.
    Nach jenem Abend war ihr Leben in Ca’n D’alt nicht mehr so wie vorher. Nach all den Wochen des Alleinseins und Nichtstuns schien es plötzlich, als hätten sie keinen einzigen Tag mehr für sich. Sie wurden zu Dinnerpartys und Picknicks eingeladen, zu Grillfesten und Bootsausflügen. Autos kamen und fuhren fort, und am Swimming-pool schienen nie weniger als zehn oder zwölf Leute versammelt zu sein, und viele davon waren Kinder in Antonias Alter. Cosmo kam endlich dazu, Antonia zum Surfunterricht anzumelden, und sie fuhren alle vier zum Strand hinunter, und Olivia und Penelope lagen im Sand und taten so, als sähen sie Antonia bei ihren Bemühungen zu, das widerspenstige Brett zu meistern, während sie in Wirklichkeit Penelopes Lieblingsbeschäftigung frönten und die Menschen ringsum beobachteten. Da die Leute an diesem Strand alle mehr oder weniger nackt waren, auch die älteren, machte sie in einem fort bissige oder ironische Bemerkungen, und so lachten und kicherten sie praktisch in einem fort.
    Dann und wann kam ein Tag des Nichtstuns, den sie wie ein Geschenk begrüßten. Sie rührten sich nicht vom Grundstück, und Penelope, die einen alten Strohhut trug und mit ihrem verschossenen Baumwollkleid und ihrem nun ganz braun gebrannten Gesicht wie eine alte Ibizenkerin aussah, fand irgendwo eine Gartenschere und machte sich über Cosmos wuchernde Rosen her. Sie badeten oft, um sich fit zu halten oder zu erfrischen, und wenn es abends kühler wurde, machten sie einen kleinen Spaziergang durch die Felder und kamen an kleinen Bauernhöfen vorbei, wo Babys mit bloßem Hintern stillvergnügt neben Ziegen und Hühnern spielten, während die Mütter Wäsche von der Leine nahmen oder Wasser aus dem Brunnen holten.
    Als dann Penelopes Abflug heranrückte, wollte keiner, daß sie ging, und Cosmo lud sie auf Drängen Olivias und seiner Tochter ein, länger zu bleiben. Sie war gerührt, aber sie lehnte ab. »Besuch ist wie Fisch, nach drei Tagen stinkt er, und ich bin schon einen Monat hier.«
    »Aber du bist kein Besuch und kein Fisch, und du stinkst kein bißchen«, versicherte Antonia ihr.
    »Du bist sehr lieb, aber ich muß zurück nach Haus. Ich bin schon viel zu lange fort gewesen. Mein Garten wird mir nie verzeihen.«
    »Aber du kommst doch wieder, ja?« bohrte Antonia weiter. Penelope antwortete nicht. Während des allgemeinen Schweigens sah Cosmo auf und begegnete Olivias Blick. »Ach, sag, daß du kommst.«
    Penelope lächelte und tätschelte ihre Hand. »Vielleicht«, antwortete sie. »Irgendwann.«
    Sie brachten sie alle zum Flughafen und verabschiedeten sich dort von ihr. Doch als sie ihr auf Wiedersehen gesagt hatten, warteten sie noch und sahen zu, wie die Maschine abhob. Als sie am Himmel verschwunden war und sich auch das Dröhnen der Triebwerke in der unendlichen Weite verloren hatte und sie keinen Grund mehr hatten, noch länger zu bleiben, verließen sie die Aussichtsterrasse, gingen zurück zum Wagen und fuhren in Schweigen versunken heim. »Ohne sie ist es nicht mehr dasselbe, nicht?« sagte Antonia traurig, als sie zum Haus hinuntergingen.
    »Es ist nie mehr dasselbe, wenn ein Mensch, den man gern hat, fort ist«, antwortete Olivia ihr.
    Podmore’s Thatch, den 17. August
    Temple Pudley
    Gloucestershire
    Meine liebe Olivia, lieber Cosmo!
    Wie kann ich Euch für alles danken, für Eure großherzige Gastfreundschaft und die herrlichen Ferien, die Ihr mir geschenkt habt? Kein Tag verging, an dem ich mich nicht willkommen und zugehörig fühlte, und all die Erinnerungen, mit denen ich nach Hause gekommen bin, sind wie schöne

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