Die Muschelsucher
hellem Oberhemd und Krawatte. Er hatte einen Strohhut auf und trug einen Aktendeckel mit Papieren.
Sie lächelte fragend, und er zog den Hut. »Buenos dias.«
»Buenos dias.«
»Senor Hamilton?«
Cosmo war drinnen und schrieb Briefe. »Ja?«
Er sprach jetzt englisch: »Ich würde ihn gern sprechen. Ich bin Carlos Barcello. Ich warte hier.«
Olivia ging ins Haus und fand Cosmo an seinem Schreibtisch im Wohnzimmer.
»Du hast Besuch«, sagte sie. »Ein gewisser Carlos Barcello.«
»Carlos? O Gott, ich hab ganz vergessen, daß er kommt.« Er legte den Füller hin und stand auf. »Ich rede besser mit ihm.« Er ließ sie stehen und lief die Treppe hinunter. Sie hörte, wie er den Fremden begrüßte: »Hombre!«
Sie brachte die Eier in die Küche und legte sie vorsichtig in eine gelbe Steinzeugschüssel. Dann trat sie neugierig ans Fenster und beobachtete, wie Cosmo und Mr. Barcello, wer immer das sein mochte, aufeinander einredeten und zum Swimming-pool hinuntergingen. Dort blieben sie eine Weile stehen und kehrten dann zur Terrasse zurück, wo sie eine Weile den Brunnen inspizierten. Danach hörte sie, wie sie ins Haus traten, aber sie schienen nur bis zum Schlafzimmer zu kommen. Die WC-Spülung wurde betätigt. Sie fragte sich, ob Mr. Barcello Klempner war.
Sie gingen wieder auf die Terrasse hinaus. Sie unterhielten sich noch ein wenig, und dann verabschiedeten sie sich, und sie hörte, wie Mr. Barcellos Wagen ansprang und wie das Motorengeräusch leiser wurde, während er fortfuhr. Dann erklangen Cosmos Schritte auf der Treppe, und sie hörte, wie er ins Wohnzimmer ging, ein Scheit nachlegte, und dann setzte er sich wohl wieder an den Schreibtisch, um seinen Brief zu Ende zu schreiben.
Es war kurz vor fünf. Sie setzte Wasser auf und machte Tee und brachte ihn ins Wohnzimmer.
»Wer war das?« fragte sie, als sie das Tablett hinstellte. Er schrieb immer noch. »Hm?«
»Wer war der Besucher? Mr. Barcello.«
Er drehte sich auf dem Stuhl um und sah sie ein bißchen belustigt an.
»Warum bist du so neugierig?«
»Äh. natürlich bin ich neugierig. Ich habe ihn noch nie gesehen. Und für einen Klempner ist er auffallend gut angezogen.«
»Wer hat gesagt, daß er Klempner ist?«
»Ist er das nicht?«
»Großer Gott, nein«, sagte Cosmo. »Er ist mein Hauswirt.«
»Dein Hauswirt?«
»Ja, mein Hauswirt.«
Sie fühlte, wie sie auf einmal vor Kälte erschauerte. Sie verschränkte die Arme und sah ihn fest an, damit er ihr sagte, sie habe ihn falsch verstanden, sie irre sich. »Du meinst, das Haus gehört dir gar nicht?«
»So ist es.«
»Du wohnst seit fünfundzwanzig Jahren hier, und es gehört dir nicht?«
»Ich sag es doch. Nein.«
Es kam Olivia beinahe unanständig vor. Das Haus, das so bewohnt war, das so etwas wie eine Seele hatte. Das voll von ihren gemeinsamen Erinnerungen war. Der schöne Garten, der kleine Swimmingpool. Der Blick. Es gehörte Cosmo nicht. Hatte ihm nie gehört. Es gehörte alles Carlos Barcello. »Warum hast du es nicht gekauft?«
»Er wollte nicht verkaufen.«
»Und du hast nie daran gedacht, dir etwas anderes zu suchen?«
»Ich wollte kein anderes Haus haben.« Er stand sehr langsam auf, als habe das Schreiben ihn ermüdet. Er schob den Stuhl zur Seite und ging zum Kaminsims, um sich eine Zigarre aus der Kiste zu holen, die dort stand. Mit dem Rücken zu ihr fuhr er fort: »Und als Antonia aufs Internat kam, mußte ich das Schulgeld zahlen. Seitdem konnte ich es mir nicht mehr leisten, etwas zu kaufen.« Auf dem Kaminsims stand ein Glas mit Fidibussen, und er nahm einen heraus, bückte sich und hielt ihn kurz in die Flammen, um ihn anzuzünden.
Ich konnte es mir nicht mehr leisten, etwas zu kaufen. Sie hatten nie über Geld geredet. Es war einfach ein Thema, das aus irgendwelchen Gründen nie zwischen ihnen zur Sprache gekommen war. Olivia hatte in den Monaten, in denen sie zusammen gewesen waren, ganz selbstverständlich einen Anteil der Kosten für die täglich anfallenden Dinge übernommen. Sie hatte dann und wann den wöchentlichen Lebensmittelvorrat an der Supermarktkasse bezahlt oder den Wagen volltanken lassen. Wenn Cosmo nicht genug Geld dabei gehabt hatte, was nicht öfter vorgekommen war als bei anderen Leuten, hatte sie im Dorfcafé oder, viel seltener, im Restaurant in der Stadt bezahlt. Sie war schließlich nicht mittellos, und daß sie mit Cosmo zusammenlebte, bedeutete noch lange nicht, daß sie sich aushalten lassen wollte. Fragen wurden in ihr laut, aber
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