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Die Musik des Zufalls

Die Musik des Zufalls

Titel: Die Musik des Zufalls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Auster
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geringfügige m Wert , da ß Nash e sic h fragte , o b da s Ganz e nicht ei n Wit z sei n sollte . Abe r Flowe r schie n z u eingenomme n von sic h selbst , al s da ß e r da s Lächerlich e a n diese r Sammlun g hätte begreife n können . E r sprac h imme r wiede r vo n «Juwelen » und «Schätz e n» , blin d fü r di e Möglichkeit , da ß e s Leut e au f der Wel t gebe n könnte , di e sein e Begeisterun g nich t teilten , und nachde m e r si e ein e halb e Stund e lan g herumgeführ t hatte, mußt e Nash e ein e Anwandlun g vo n Mitlei d niederkämpfen.
    Au f di e Daue r jedoc h hinterlie ß diese r Rau m be i Nash e einen ganz anderen Eindruck, als er gedacht hatte. In den folgenden Wochen und Monaten dachte er immer wieder an das zurück, wa s e r dor t gesehe n hatte , un d verblüff t mußt e e r feststellen , an wie viele dieser Dinge er sich noch erinn er n konnte . Sie bekame n fü r ih n allmählic h etwa s Strahlendes , fast Übernatürliches , un d wan n imme r e r i n seine n Gedanke n auf eine s davo n stieß , fordert e e r ei n s o klare s Bil d zutage , da ß es wi e ein e Erscheinun g au s eine r andere n Wel t z u leuchte n schien. Da s Telefon, das einmal auf Woodrow Wilsons Schreibtisch gestande n hatte . Ei n vo n Si r Walte r Raleig h getragener Perlenohrring . Ei n Bleistift , de r Enric o Ferm i 194 2 au s der Tasche gefallen war. General McClellans Feldstecher. Eine halbgeraucht e Zigarre , au s e ine m Aschenbeche r i n Winston Churchill s Bür o entwendet . Ei n Sweatshirt , da s Bab e Rut h 1927 getragen hatte. William Sewards Bibel. Der Stock, an dem Nathaniel Hawthorne gegangen war, nachdem er sich als Junge da s Bei n gebroche n hatte . Ein e Brill e vo n Volta i re. Das alles wa r s o willkürlic h zusammengetragen , s o falsc h ausgelegt , so vollkommen banal. Flowers Museum war ein Friedhof von Schatten , ei n verrückte r Tempe l fü r de n Geis t de s Nichts . Wenn dies e Ding e sic h imme r wiede r be i ih m meldeten , dan n deshalb, w e i l si e unergründlic h waren , wei l si e nicht s vo n sich preisgebe n wollten , stellt e Nash e fest . Da s hatt e nicht s mit Geschicht e z u tun , nicht s mi t de n Menschen , di e si e einmal besesse n hatten . Di e Faszinatio n gal t einfac h de n Gegenständen al s materielle n Ding en und der Art und Weise, wie sie aus irgendeine m Zusammenhan g gerisse n un d vo n Flowe r dazu verdamm t worde n waren , ohn e jede n Grun d weiterzuexistieren: gestorben , ohn e Zwec k un d forta n bi s an s End e alle r Zeiten allei n mi t sic h selbst . Wa s Nash e verfolgte , wa r di e Isoliertheit diese r Dinge , wa s sic h i n sei n Gedächtni s einbrannte , wa r die Vorstellung ihrer unwandelbaren Losgelöstheit, und sosehr er sic h auc h daru m bemühte , e r ka m einfac h nich t fre i davon.
    «Ic h hab e mic h au f neu e Gebiet e verlegt» , sagt e Flower .
    «Wa s Si e hie r sehen , könnt e ma n Bruchstück e nennen , winzige Andenken , Staubkörnchen , di e durc h di e Ritze n gerutsch t sind. Jetz t hab e ic h ei n neue s Projek t begonnen , un d dagege n wird sich all das hier am Ende wie ein Kinderspiel ausnehmen.» Der dicke Mann unterbrach sich kurz, hielt ein Streichholz an seine erloschene Zigarre und paffte dann, bis sein Gesicht in Rauch eingehüll t war . «Vorige s Jah r habe n Willi e un d ic h ein e Reise nac h Englan d un d Irlan d unternommen» , sagt e er . «Vorhe r sind wir leider kaum g ereist , un d diese r Einblic k i n ei n fremdes Lebe n ha t un s enorme s Vergnüge n bereitet . Da s Best e dara n war z u entdecken , wi e viel e alt e Ding e e s i n diese m Tei l de r Welt noc h gibt . Wi r Amerikane r reiße n dauern d ab , wa s wi r bauen, zerstören die Vergangenheit, u m wiede r vo n vor n anzufangen, wi r stürze n un s kopfübe r i n di e Zukunft . Demgegenübe r hängen unser e Vetter n jenseit s de s große n Teich s stärke r a n ihrer Geschichte ; e s tröste t si e z u wissen , da ß si e i n eine r Tradition stehe n un d uralt e Sitte n un d Bräuch e hab en . Ic h lieb e die Vergangenheit , wil l Si e abe r nich t dami t langweilen . Sie brauche n sic h nu r umzusehen , dan n wisse n Sie , wievie l mi r das alle s bedeutet . Al s ic h mi t Willi e di e alte n Stätte n und Denkmäle r drübe n besuchte , ka m mi r di e Idee , da ß ic h j a die Mö glichkei t hätte , etwa s wirklic h Grandiose s z u tun . Wi r waren d a i m Weste n Irlands , un d al s wi r eine s Tage s s o durc h die Gegen d fuhren ,

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