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Die Musik des Zufalls

Die Musik des Zufalls

Titel: Die Musik des Zufalls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Auster
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dan n unse r nächste s Projekt . U m die Wahrheit zu sagen, wir konnte n noc h nich t gründlic h darübe r nachdenken , wei l wi r viel z u seh r dami t beschäftig t waren , un s au f de n heutige n Abend vorzubereiten . Abe r de r Aben d is t nah , un d danac h komm t der nächst e Punk t dran.»
    «Ers t Karten , dan n Schl össer», sagte Stone.
    «Gan z genau» , antwortet e Flower . «Un d ers t reden , dann essen . O b Sie’ s glaube n ode r nicht , mein e Freunde , e s is t Zeit zu m Abendessen.»
    Nashe wußte nicht mehr, wie er die Sache einschätzen sollte. Anfang s hatt e e r Flowe r un d Ston e fü r e i n Paa r liebenswerter Exzentrike r gehalte n – ei n bißche n einfälti g vielleicht , abe r im Grund e harmlo s –, doc h j e meh r e r vo n ihne n sa h un d hörte, dest o wenige r wa r e r seine r Meinun g sicher . De r lieb e kleine Stone , de r sic h s o sanf t un d demüti g gab , verbra c ht e sein e Tage mi t de m Ba u de s Modell s eine r bizarre n totalitäre n Welt. Natürlich war das reizend, natürlich war das kunstvoll, großartig un d bewundernswert , abe r e s hatt e auc h ein e verdrehte, voodoohaft e Logik , di e Stad t strahlt e ein e unbarmherzig e und ra chsüchtige Atmosphäre aus, als sei unter all der Niedlichkeit un d Feinhei t de s Ganze n etwa s Gewalttätige s verborgen . Auch be i Flowe r wa r alle s mehrdeutig , schwe r einzuordnen . Einmal wirkt e e r vollkomme n vernünftig ; un d gleic h darau f hört e er sic h a n wi e e i n Wahnsinniger , faselt e heru m wi e ein ausgemachte r Irrer . Kein e Frage , da ß e r net t war , abe r auch sein e Jovialitä t wirkt e gezwungen ; ma n konnt e meinen , wen n er aufhörte, sie mit all diesem pedantischen, übertrieben genauen Gered e z u bombardieren , würd e ih m vielleicht die freundliche Maske irgendwie vom Gesicht rutschen. Und was käme dahinter zu m Vorschein ? Nash e hatt e sic h noc h kein e klar e Meinung gebildet , abe r e r wußte , da ß e r imme r unruhige r wurde . Au f alle Fälle , sagt e e r sich , würd e e r seh r wachsa m un d au f de r Hu t sein müssen.
    Das Abendessen erwies sich als lächerliche, erbärmliche Farce , di e Nashe s Zweife l z u zerstreue n un d z u beweise n schien, da ß Pozz i doc h rech t behalte n hatte : Flowe r un d Ston e waren nicht s andere s al s erwachsen e Kinder , zwe i schwac h sinnige Clowns , di e e s nich t verdienten , erns t genomme n z u werden. Al s si e di e Trepp e vo m Ostflüge l herunterkamen , wa r der mächtig e Walnußtisc h i m Speisezimme r bereit s fü r vier Persone n gedeckt . Flowe r un d Ston e nahme n ihr e üblichen Plätz e a n de n beide n E n de n ein.
    Nashe und Pozzi setzten sich einander gegenüber an die Längsseiten . Di e erst e Überraschun g erga b sich , al s Nash e einen Blick auf sein Set warf. Ein Modeartikel aus Plastik, der offenba r au s de n fünfzige r Jahre n stammte ; da s Viny l wa r mit eine m Fa r bfoto von Hopalong Cassidy bedruckt, dem alten Cowboystar aus den Samstagnachmittagssendungen. Anfangs wollt e Nash e da s al s verklemmte n Kitsc h interpretieren , als kleine n humoristische n Versuc h seine r Gastgeber , abe r dann wurd e da s Esse n aufgetragen , un d e s war tatsächlich ein Kinderschmaus, eine Mahlzeit für Sechsjährige: Hamburger auf weißen , ungetoastete n Milchbrötchen , Col a i n Flasche n mit Plastikstrohhalmen , Kartoffelchips , Maiskolben , un d Ketchu p in einem tomatenförmigen Spender. Von den fehlenden Pap ierhüte n un d Krachmacher n abgesehen , fühlt e Nash e sic h an die Geburtstagsparties seiner Kindheit erinnert. Er sah immer wieder zu Louise hin, dem schwarzen Hausmädchen, das die Speise n auftrug , sucht e i n ihre r Mien e nac h irgendeinem Hinweis , de r ih m de n W i t z verrate n würde , abe r si e lächelte nicht ein einziges Mal, sondern tat ihre Arbeit mit der ganzen Feierlichkei t eine r Kellneri n i n eine m Vier - Stern e- Restaurant. Z u alle m Unglüc k hatt e Flowe r sic h zu m Esse n auc h noc h seine Papierserviett e unter s Kin n ges t eckt (vermutlich, um seinen weiße n Anzu g nich t z u bekleckern) , un d al s e r sah , da ß Stone seine n Hamburge r nu r hal b aufgegesse n hatte , beugt e e r sich doc h tatsächlic h mi t gieri g funkelnde n Auge n vo r un d fragte seine n Freund , o b e r de n Res t habe n könne . Sto n e erfüllt e ihm de n Wunsc h nu r allzugern , abe r anstat t ih m de n ganze n Teller herüberzureichen, nahm er einfach den angegessenen

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