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Die Mutter aller Stürme

Die Mutter aller Stürme

Titel: Die Mutter aller Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Barnes
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seiner
Bewegungsrichtung befindliche Wasser abzukühlen, würde er
sich ebenfalls totlaufen. Die Entfernung des Methans aus der
Atmosphäre wäre auch eine Möglichkeit, allerdings eine
sehr langwierige; dann könnte man auch gleich das Sonnenlicht
ausblenden.
    Und das ist nämlich der Punkt. Um einen Wirbelsturm zu
erledigen, muß er ›kalte Füße‹ bekommen.
Theoretisch könnte man auch seine Oberseite erwärmen –
vielleicht mittels eines riesigen Sonnenspiegels –, aber dieser
Sturm ist so groß, daß er dann womöglich noch die
Tropopause durchbricht und sich in der Stratosphäre breitmacht.
Dadurch könnte er noch viel stärker werden. Nein, wenn man
den Wirbelsturm erledigen will, muß er über eine kalte
Fläche ziehen – indem er entweder dorthin bewegt oder das
Wasser abgekühlt wird. Sein Kurs ist unberechenbar, müssen
Sie wissen, und früher oder später wird er vielleicht
über ein hinreichend kaltes Gebiet hinwegziehen.«
    »Aber werden in diesem Jahr nicht alle Stürme eine
solche Stärke erreichen?« fragt Henry Pauliss. »Wir
müssen froh sein, daß wir bisher noch keinen über dem
Atlantik hatten, der nämlich noch etwas wärmer als der
Pazifik ist. Auch hier könnte jederzeit ein ›Clem‹
entstehen.«
    »Oder etwas Vergleichbares«, konzediert Carla. »Sie
haben natürlich recht. Wenn man bedenkt, daß sie zum
Zirkulieren neigen – vorausgesetzt, ›Clem‹ ist
repräsentativ, wobei ich solche Generalisierungen jedoch nicht
mag und unprofessionell finde, aber in diesem Fall haben wir wohl
keine andere Wahl -; falls ›Clem‹ also
repräsentativ ist und die anderen Stürme auch zirkulieren,
steht außer Zweifel, daß sie noch länger andauern
werden. Und je länger sie dauern, desto größer wird
die Gefahr einer Überlappung – wir werden weltweit eine
permanente Sturmsaison haben, vielleicht sogar mit zwei oder drei
Stürmen gleichzeitig. Nein, wenn wir etwas tun wollen, dann
dürfen wir jedenfalls nicht darauf warten, bis sie sich auf
natürlichem Wege totgelaufen haben.«
    »Das ist sicherlich richtig«, bestätigt Hardshaw.
»Dann würden Sie also vorschlagen, wie Sie sich
ausdrücken, das Sonnenlicht auszublenden?«
    »Sicher. Wenn man einen geosynchronen Satelliten in einen
solchen Orbit bringen würde, daß er von Nord nach Süd
eine enge ›Acht‹ beschreibt und ihn so positioniert,
daß er am nördlichen Wendepunkt mit der Tagzone
interferiert… und wenn dieser Satellit so groß wäre,
daß er einen mehrere hundert Kilometer langen Schatten
wirft… dann würde ›Clem‹ nach kurzer Zeit
über einen Gürtel mit schön kaltem Wasser hinwegziehen
und sich totlaufen. Aber es müßte ein unglaublich
großer Satellit sein. Geosynchron bedeutet ein Zehntel der
Entfernung Erde-Mond, und der Schatten müßte
fünfzigmal so groß sein wie bei einer totalen
Sonnenfinsternis… dieser Satellit wäre ein Gigant, mit dem
siebenfachen Vollmonddurchmesser. Physisch wäre er
größer als die Erde.«
    »Ein Mylar-Ballon…«
    »…würde sicher funktionieren, wenn man ihn fest
verankert. Aber wie sollte man einen Ballon mit einem Durchmesser von
etlichen tausend Kilometern überhaupt aufblasen. Stellen Sie
sich etwa eine solche Lösung vor?«
    Mit Präsidentin Hardshaw wäre sicher nicht gut Poker
spielen. Weder blinzelt sie, noch regt sie sich, und sie schaut auch
nicht nach einer Reaktion von Diem – der zeigt nämlich auch
keine Regung, wohl aber Pauliss, und siehe da, der arme alte Di, der
doch sonst kein Freund von Intrigen ist, setzt sich kerzengerade hin.
Offensichtlich hat Frau Präsidentin ihnen allen einen heiligen
Schwur abgenommen, sie nicht mit Neugierde zu belästigen, und
jetzt hat sie die Katze selbst aus dem Sack gelassen.
    Wenn Carla dem Umgang mit Führungspersönlichkeiten
überhaupt etwas Positives abgewinnt, dann das, daß sie
leicht in Verlegenheit zu bringen sind.
    Nach einer langen Pause sagt Hardshaw: »Ja, das ist richtig.
Wir erwägen tatsächlich, Mylar-Ballone einzusetzen, wenn
auch nicht so, wie Sie es skizziert haben.«
    »Schließlich bin ich auch Meteorologin und keine
Raketenexpertin.«
    »Uns liegt ein Angebot vor, sie zu Tausenden in einen hohen
elliptischen Orbit mit einer Periode von vierundzwanzig Stunden zu
bringen, wobei der erdnächste Punkt in der Tagzone über dem
Nordpazifik liegt. Und sie hätten einen Durchmesser von mehreren
hundert Kilometern, wobei sie sich der Erdoberfläche bis auf
hundertfünfzig Kilometer nähern. Somit würden sie

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