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Die Mutter aller Stürme

Die Mutter aller Stürme

Titel: Die Mutter aller Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Barnes
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ist
übereingekommen, daß es genügt, wenn er ihnen nach
einer einstündigen Einweisung jeden Tag eine Lagebeurteilung
vorlegt, bis Kliegs System startbereit ist. Dieses System ist
wichtiger denn je, weil Oberst Tynan offenbar wahnsinnig geworden ist
und mit Werten beschleunigt, die ihn umbringen müßten
– tatsächlich hat er sich auch schon mehrmals für tot
erklärt -; er hat eine Flugbahn eingeschlagen, die ihn vorzeitig
zum Kometen führen wird, aber Gott allein mag wissen, was er tun
wird, wenn er angekommen ist.
    Beide Kinder haben in den letzten Tagen beschlossen, daß sie
schon zu groß seien, als daß Mom und Dad noch bei ihnen
schlafen müßten, und Mark entscheidet selbst, wann er zu
Bett geht und hält sich auch daran. Die erwägt schon
ernsthaft, seinen Vater anzurufen und es ihm zu erzählen, aber
dann sagt er sich, daß sein Vater das doch nur wieder negativ
beurteilen und ihm ankreiden wird, warum sich also die Mühe
machen?
    Auf jeden Fall haben Di und Lori jetzt deutlich mehr Zeit, auch
für sich, und im Augenblick liegen sie zusammen im Bett und
unterhalten sich, nachdem sie miteinander gebumst haben. »Der Schlächter in Gelb verkauft sich gut«, sagt sie.
»Wenn es weiter so gut läuft, können wir uns ein neues
Haus kaufen, selbst wenn die Versicherungsgesellschaft nicht mehr
existiert.«
    »Gut zu wissen«, entgegnet er, »und so wird es wohl
auch kommen. Wir verzeichnen sehr viele Stürme, und dabei ist es
noch nicht einmal August oder September, wo normalerweise die
stärksten Hurrikane in der nördlichen Hemisphäre
auftreten; außerdem ist das Differential diesmal
breiter.«
    »Wenn du damit nicht das Bauteil bei einem Auto meinst,
weiß ich nicht, wovon du sprichst«, sagt sie und
küßt ihn auf die Nase.
    »Tut mir leid. Jetzt rede ich auch schon zu Hause in meiner
Fachsprache.« Er legt eine Hand auf ihre geschwungene
Hüfte. »Wozu ist also ein Differential bei einem Auto
gut?«
    »Moderne Autos haben keins mehr. Sie haben separate
Elektromotoren«, weiß sie.
    Er haut sie mit dem Kissen, und sie kichert. »Und soll ich
dir auch sagen, was am schlimmsten ist, Di?«
    »Ja, bitte.«
    »Ich will es wirklich wissen. Ich habe dich nur auf die Nase
geküßt, weil es so lustig ist.« Ihre Augen leuchten,
und sie hat ein wundervolles Lächeln.
    »Nun«, sagt er, »das Differential, das ich meine,
bezieht sich auf die zeitliche Änderung der
Oberflächentemperatur des Ozeans. Die Oberfläche des Ozeans
ist im August wärmer als im Mai. Aufgrund der erhöhten
Methankonzentration in der Atmosphäre hat schon am elften Juni
die Temperatur des Ozeans in der nördlichen Hemisphäre den
bisherigen Höchstwert übertroffen. Das war an sich schon
schlimm genug. Aber wie sich dann herausstellte, lag nicht nur eine
höhere Basis vor…«
    »O Gott. Du willst also sagen, die Wassertemperatur
erhöht sich unnatürlich schnell.«
    »Ja. Eigentlich hätte sie am 1. Juni 25° C
betragen und dann bis zum 15. August um zwei Grad auf 27° C
ansteigen müssen. Statt dessen betrug sie am 1. Juni schon
29° C – und wird sich vielleicht noch um fünf
Grad erhöhen. Diesen Wert würde man normalerweise in einem
flachen See auf Meereshöhe am Äquator erwarten. Die
Stürme werden viel stärker und weiträumiger werden.
›Clem‹ wird viel mehr Energie zugeführt werden als
bisher. Also läuft es kurz gesagt darauf hinaus, daß
dieses Gebiet verwüstet und in einen Morast verwandelt wird,
obwohl wir uns etwa dreißig Kilometer landeinwärts und
zwölf Meter über dem Meeresspiegel befinden.«
    Schaudernd schmiegt sie sich an ihn. »Wir schaffen es
trotzdem.«
    »Sicher.«
    »Versprochen?«
    »Es ist Onkel Sams Versprechen, Liebes, nicht meins. Es
heißt, daß wir evakuiert werden.«
    »Das wollte ich nicht wissen.«
    Di denkt eine Weile nach. »Du meinst, wenn die Lage sich
verschlechtert, soll ich meinen Arbeitsplatz verlassen, nach Hause
kommen und dich und die Kinder von hier wegbringen?«
    »Oder mich anrufen und mir sagen, wo ich die Kinder
hinbringen soll, und dann desertierst du und triffst uns dort. Es ist
mir scheißegal, Di, ich möchte nur, daß wir das
überleben.«
    Di seufzt. »Kann nur hoffen, daß Kliegs Plan
funktioniert. Angenommen, wir befreien ihn aus dem Gefängnis und
die Sibirer zerstören daraufhin nicht sein Weltraumzentrum, dann
müßte es gar nicht so weit kommen.«
    »Du hast ihnen nichts versprochen.«
    »Ich kann nicht, Lori. Ich habe dort
Verpflichtungen.«
    »Du hast auch hier

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