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Die Mutter aller Stürme

Die Mutter aller Stürme

Titel: Die Mutter aller Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Barnes
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sich
anscheinend am schnellsten. Alle reden durcheinander, wobei jeder
Satz mit ›Ich glaube‹ oder ›Ich glaubte‹ beginnt;
Frank Capra, Norman Rockwell und ›Americana‹ scheinen die
Schlüsselwörter zu sein, bis es plötzlich heißt:
»Sehr international, am Puls der Welt«…
    »Ich betrachte das als eine visionäre, nun, erstaunlich
realistische Darstellung von Menschen, absolut positiv«, meint
der Direktor schließlich, und die Autoren nicken beifällig
und sagen: »So ist es, Sie haben es auf den Punkt
gebracht.« Sie wirken glücklich.
    Die Regierungsvertreter schauen sich an und nicken. »Wir
glauben, es wird funktionieren.« Der Mann aus Washington
lächelt sogar und sagt: »Ich sollte vielleicht noch
hinzufügen, Miss Venture, daß Sie uns anscheinend
zugehört haben; diese Art von Botschaft wünschen wir uns
nämlich.«
    »Sehr polyzentrisch«, findet der UN-Vertreter. »Ich
glaube aber nicht, daß ›Americana‹ hier die
angemessene Bezeichnung ist.«
    Die Manager von Passionet werfen dem Autor, der diesen
Begriff verwendet hatte, böse Blicke zu; der Missetäter ist
ein junger, agiler Bursche mit einem bräunlichen Bart, über
den er sich nun hektisch streicht. »Oh, es tut mir leid, ich
habe natürlich vergessen, den Kontext zu klären; ich wollte
eigentlich sagen, das könnte dem ganzen Planeten zugutekommen,
wie damals die ›Americana‹ für die Vereinigten
Staaten, zum Beispiel -Sie wissen schon, ›My Planet Tis of
Thee‹; die Menschen werden ein Gefühl globaler
Loyalität und Identität entwickeln, ein
Eine-Welt-Bewußtsein…«
    »Ah, ich verstehe«, sagt der UN-Repräsentant.
»Aber ich hoffe, Sie wollen damit den legitimen kulturellen
Aspirationen der Völker der Erde keinen Schaden zufügen
oder sie anderweitig beeinträchtigen. Darauf müssen wir
nämlich achten.«
    »Nein, nein, ich… ähem… wollte nur sagen, eine
Art globaler Loyalität und globalen Bewußtseins bei den
einzelnen Menschen, den einzelnen Stämmen und einzelnen Nationen
zu erzeugen.«
    Der UN-Vertreter nickt lächelnd. »Genau so hatte ich mir
das auch vorgestellt.«
    »Protokollieren Sie das?« fragt ein Passionet- Manager Mary Ann.
    »Natürlich. Ich glaube, dieser Punkt wird kein Problem
darstellen.«
    »Großartig! Sie sagt, wir würden keine Probleme
damit haben.«
    Alle nicken. Dann werden die beiden Universitätsprofessoren
um eine Stellungnahme gebeten, worauf sie sich in einen heftigen
Disput verstricken, in dem Frank Capra eine zentrale Rolle spielt.
Jesse hört höflich zu; sein Bruder Di ist ein großer
Capra-Fan und hat Jesse sogar schon einmal überredet, sich einen
dieser alten Schwarzweiß-Streifen anzuschauen. Er hat sich
tödlich gelangweilt. Vielleicht besteht die Strategie ja darin,
daß die Leute lieber vor Langeweile einschlafen als Randale
machen sollen.
    Schließlich hören die Professoren auf zu gestikulieren,
worauf sich alle bei ihnen bedanken. Ein Passionet-Manager fragt Mary Ann, ob sie das implementieren könne, und sie
antwortet: »Kein Problem.«
    Nun nickt die Runde feierlich, und jeder bedankt sich bei jedem.
Der UN-Repräsentant interessiert sich noch für die Meinung
der Herreras und von Jesse, und die Drei sagen übereinstimmend,
es sei eine große Sache.
    Jesse hält sich nun schon lange genug in Mexiko auf, um zu
wissen, daß Höflichkeit sich hierzulande darin
äußert, jedem, insbesondere höhergestellten Personen,
das zu sagen, was sie hören wollen. Als er gerade ins Land
gekommen war, hielt er das für verlogen; jetzt betrachtet er es
als Ausweis gesunden Menschenverstands.
    Weil sich nun alle über alles einig sind, nicken die Passionet- Manager geschlossen mit dem Kopf und weisen Mary
Ann, die Autoren und den Programmdirektor an, die Sache
weiterzuverfolgen. Die Professoren, Bürokraten und Manager
erheben sich, das Personal baut das Zelt ab, und Mary Ann, der
Direktor und die Autoren schließen sich wieder der Kolonne an,
wobei sie sich angeregt unterhalten.
    Jesse und die Herreras halten sich in einiger Entfernung, so
daß Jesse sich Mary Ann wieder anschließen kann, sobald
sie fertig ist. »Ich habe kein Wort davon verstanden«,
gesteht Tomás nach einer Weile.
    »Ich auch nicht«, sagt Jesse.
    »Ich dachte, du hättest es vielleicht verstanden. Du
hättest mich nämlich überzeugt.«
    »Du hast mich auch überzeugt«, erwidert Jesse.
    * * *
    Als Di Callare nach Hause kommt, muß wirklich nur noch
gepackt werden, aber sie haben noch einen Tag Zeit. Man

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