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Die Mutter aller Stürme

Die Mutter aller Stürme

Titel: Die Mutter aller Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Barnes
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Journalist Mitleid mit Bürokraten hat,
aber ich fasse es einfach nicht, daß sie die
Evakuierungsaufrufe der Regierung nicht befolgt haben, nur weil sie
ihnen kein XV in den Bussen versprechen konnte. Die Leute wollten
nicht von Synthi getrennt werden, weil es einfach zu interessant ist, sie bei der Evakuierung zu beobachten.«
    »Die Menschen sind eben bekloppt«, konstatiert Naomi.
»Vielleicht hätte man Synthi dazu veranlassen sollen, so
etwas zu sagen wie ›He, ihr Idioten in Portland, bewegt eure
Ärsche!‹«
    »Das hätte sie sicher getan. Sie ist die einzige
XV-Darstellerin, die mir etwas sagt. Dein alter Freund hat einen
guten Geschmack. Wir haben jetzt genug Material für unseren
Bericht, und wir sollten verschwinden, bevor die Armee auf die Idee
kommt, uns die Sondergenehmigung zu entziehen und Staticopter auf uns ansetzt.«
    »Richtig.« Naomi nimmt die Kamera herunter, bleibt
stehen und überfliegt das riesige schlammige Trümmerfeld
mit ihren eigenen Augen und nicht mit der Linse der Kamera.
»Weißt du«, sagt sie, »ich glaube nicht,
daß man das überhaupt in Worte fassen kann.«
    In zehn Minuten haben sie die Ausrüstung im neuen Kleinbus
verstaut, den Berlina gekauft hat; jetzt wo sie wohlhabend ist, hat
sie ihren alten Kleinwagen ehrenhaft entlassen. Das Leitsystem der
Straßen ist ausgefallen, aber das Fahrzeug verfügt
über eine vollautomatische Trägheitsnavigation, so
daß Berlina nur die Richtung angeben muß. Den Rest
erledigt das Auto selbständig; es gleicht Kurs und Position mit
den Satelliten ab.
    »Wir haben einen günstigen Zeitpunkt erwischt«,
sagt Berlina. »Wenn es wärmer wird – du glaubst nicht,
wie es hier dann stinkt.«
    Naomi nickt ernst und verstaut die Ausrüstung möglichst
platzsparend. Berlina lehnt sich zurück, sagt sich, daß
die Einstellung einer Hilfskraft die beste Entscheidung sei, die sie
je getroffen hätte und grinst leicht bei dem Gedanken daran, was
sie soeben getan hat. Es war nicht annähernd so schlimm wie eine
unterlassene Bemerkung, um eine romantische Stimmung…
    … bei einem Reporter-Lehrling aufkommen zu lassen. Sie lacht
vergnügt. Zu einem solchen entwickelt Naomi sich nämlich,
und das bedeutet, daß Berlina Jameson nicht mehr die
jüngste Nachrichtensprecherin ist. Sie fragt sich, ob sie nicht
vielleicht Wendy Lou Bartnick anrufen und ihr sagen soll, daß
sie Großmutter geworden ist.
    Der Kleinbus rollt nach Osten – trotz des Sturms ist der
Bennet-Paß über den Mount Hood wundersamerweise noch
geöffnet. Sie bereiten Sandwiches und Kaffee zu und setzen sich
gerade hin, um den verwüsteten Wald und die zerstörten
Kleinstädte am Straßenrand zu betrachten. Als die Sonne
untergegangen ist, wird es so dunkel, daß nur die Scheinwerfer
noch Licht spenden. Ruinen, umgestürzte Bäume und
vereinzelte Leichen sowie Kadaver von Elchen, Bären und Rindern
tauchen im Scheinwerferlicht auf und versinken wieder in der
Dunkelheit. Nach einer Weile schlafen sie ein.
    Mit größter Vorsicht, wobei er ein neutrales Signal
aussendet, das wie normales Rauschen wirkt, macht ein externer
Daten-Späher sich im Bordcomputer des Kleinbusses zu schaffen,
dringt ins Navigationssystem ein und arbeitet sich immer weiter vor,
bis er schließlich Zugang zu den elektronischen Archiven und
Berlinas Rohfassung der nächsten Sniffings- Ausgabebekommt. Dann löscht er lautlos alle
Spuren und verschwindet wieder.
    Carla Tynan hat das von Louie-auf-dem-Mond gewünschte
Material besorgt und ist daher nicht weiter überrascht, als er
sie dann noch bittet, die Forschungs-Dateien zu öffnen und
einige Passagen zu streichen, die Jameson auf die Spur des Projekts
zur Bergung des Kometoiden bringen könnten.
    Sie aktiviert die im Fahrzeug installierte Kamera und schaut sich
kurz um. Naomi Cascade schläft nackt auf der unteren Koje, und
das von den Scheinwerfern reflektierte Licht genügt, die
Konturen ihres Körpers nachzuzeichnen. Meine Güte, denkt Carla, eigentlich habe ich den Männern immer
gefallen, aber wenn ich so gebaut wäre…
    Dann wendet sie sich Berlina Jameson zu und sieht, daß die
Reporterin die schlafende Naomi intensiv mustert. Vor Carlas Augen
greift Berlina sich mit einer Hand zwischen die Beine und befriedigt
sich selbst, wobei sie sich noch umdreht, um Naomi besser zu
sehen.
    Carla schaltet ab; sie ist keine Voyeurin. Und sie ist sich auch
bewußt, daß sie wegen der Sabotage von Jamesons
Recherchen nicht mehr in der Lage ist, den Fortgang von

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