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Die Mutter aller Stürme

Die Mutter aller Stürme

Titel: Die Mutter aller Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Barnes
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und es riecht nach Rauch. In anderen Abschnitten des
Gebäudes hört Klieg noch immer Schüsse. Aber weder er
noch sein Retter – falls es überhaupt einer ist –
sprechen ein Wort. Sie rennen den Korridor entlang. Für
Erklärungen ist später immer noch Zeit.
     
    »Wir können Sie davon freistellen«, sagt eine
Stimme in Mary Anns Gehirn. »So etwas muß Synthi Venture
nicht tun.«
    Wenn Sie dieser Ansicht sind, dann haben Sie wirklich gar
nichts verstanden, erwidert Mary Ann in Gedanken. Dann
läßt sie den Vorgang noch einmal auf der
Bewußtseinsebene ablaufen, damit alle XV-Nutzer ihn
mitbekommen.
    »Bitte tun Sie das nicht, es paßt nicht ins
Bild…«
    Genau. Was wir hier nicht brauchen, ist ein schöner Schein.
Sie greift wieder zur Schaufel. Jetzt seien Sie ruhig und
lassen Sie mich arbeiten. Dann geht sie wieder in den langen
Graben, den sie und einige hundert Leute ausheben. Am 6. August, etwa
bei 16 Grad Nord 135 Grad West, hat ›Clem‹ einen neuen
Ableger erzeugt, ›Clem 500‹, der gleich auf Südostkurs
gegangen ist. Seit dreißig Stunden hält er nordwärts
auf die Landenge von Tehuantepec zu, und die aus Tapachula
evakuierten Menschen sind angewiesen worden, sich einzugraben.
Flugzeuge und Lkw haben umgehend Lebensmittel, Trinkwasser und
chemische Toiletten bereitgestellt, und die Aushub-Halden werden
ständig länger. Jesse befindet sich drüben auf dem
provisorischen Flugfeld – aufgrund seiner technischen Ausbildung
hat man ihn nach einer zwanzigminütigen Einweisung an ein
Radargerät gesetzt, das vor zwanzig Jahren im Tower eines
kleinen Zivilflughafens in den Staaten im Einsatz war.
    In der Zwischenzeit errichten ungelernte Helfer wie Mary Ann die
Unterstände.
    Bei der Arbeit hat sie ein angenehmes Gefühl im Rücken
und den Schultern; sie ist zur Zeit in guter Kondition.
Außerdem macht es irgendwie Spaß, in einer reinen
Frauengruppe zu arbeiten; sie fragt sich schon, ob sie vielleicht den
jungen Männern hinterherpfeifen oder sie belästigen solle,
wobei Passionet diesen Plan indessen mit einem indignierten
Quäken kommentiert.
    Eine der Konditionen, die sie sich vor der Rückkehr zu Passionet ausbedungen hat, besagt, daß sie jede Stunde
zehn Minuten für sich hat, und es kostete sie einige
Anstrengung, den Verantwortlichen klarzumachen, daß
›für sich‹ nicht ›zum Schwätzen‹
bedeutete.
    Deshalb ist sie auch höchst ungehalten, als sie spürt,
wie sich in der Pause ein fremder Gedanke einschleicht. Nach einer
langen Pause sagt die Stimme dann: »Es tut mir leid, ich
wußte nicht, daß Sie Pause machen, aber ich komme nicht
von Passionet, und ich wollte Kontakt zu Ihnen aufnehmen,
während Sie nicht auf Sendung sind.«
    Sie sind nicht – aber es ist doch unmöglich, in ein
Gehirn-Protokoll einzudringen …
    »Das würde ich nicht sagen. Es ist nur nicht ganz
leicht. Schauen Sie, mein Name ist Carla Tynan – wußten
Sie schon, daß…«
    Sie sind die Meteorologin, um die sich die Regierung so
bemüht hat.
    »Die bin ich.« Kurz klärt Carla sie über ihren
unbeschränkten Netzzugang auf. »Ich wollte Ihnen nur sagen,
es gibt einige Dinge, die Sie, glaube ich, wissen sollten.«
    Ja, sicher. Und das wäre?
    Carla Tynan ist noch immer schnell zur Sache gekommen. Zügig
setzt sie Mary Ann über Louies Plan in Kenntnis. »Es ist
also Hilfe unterwegs, selbst wenn die Regierung sich weigert, ihm zu
glauben und die Öffentlichkeit zu unterrichten. Das wollte ich
Ihnen sagen. Außerdem kann ich Sie mit Informationen aus aller
Welt versorgen.«
    Warum ich? fragt Mary Ann in Gedanken.
    »Weil Sie Synthi Venture sind, und Synthi Venture ein enormer
Multiplikator ist. Und wenn ich Sie vorab über die Entwicklung
informiere und Ihnen damit die Gelegenheit gebe, den Nutzen von
Louies Plan zu erkennen, dann verlieren die Menschen die Angst und
machen keine Dummheiten, bevor sie sich mit diesem Gedanken vertraut
gemacht haben. So, wie ich Ihnen die Geschichte erzähle, wird
sie auch ins Bewußtsein der Menschen dringen. Vielleicht werden
sie sie nie mehr vergessen. Und ich glaube, Sie werden die Geschichte
um so besser erzählen und den Menschen ein besseres
Verständnis vermitteln, je mehr Details des Projekts Sie kennen.
Denken Sie aber daran, wenn Sie helfen wollen, sagen Sie ihnen
nichts, bis wir soweit sind.«
    Wer ist ›wir‹? Und wenn es wirklich so wundervoll
ist, dann zeigen Sie es mir.
    Carla folgt dieser Aufforderung; Mary Ann stockt schier der Atem,
so daß sie erst mit einer

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