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Die Mutter aller Stürme

Die Mutter aller Stürme

Titel: Die Mutter aller Stürme
Autoren: John Barnes
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Amerikanern lebendig…
    In der nächsten Woche wird sie dem Kongreß
wahrscheinlich Honig um den Mund schmieren, um ihn dazu zu bewegen,
etwas gegen den verdammten zweiundzwanzigsten Verfassungszusatz zu
unternehmen. Sie hätte nichts dagegen, die erste
Präsidentin mit drei Amtszeiten seit Franklin Delano Roosevelt
zu sein, wo es doch die ganze Aufbauarbeit zu leisten und eine neue
Grenze zu entwickeln gilt.
    Sie schauen alle verblüfft auf die Präsidentin der
Vereinigten Staaten, die eine Schüssel mit Chili-Bohnen in der
einen und einen Pott Kaffee in der anderen Hand hat und dabei laut
lacht. Den Grund nennt sie ihnen nicht. Er tut auch nichts zur Sache.
Die Geste ist entscheidend, nicht der Anlaß, und außerdem
wirkt es tröstlich.
    Zwei Stunden später, bei Einbruch der Abenddämmerung,
sind die Schreibtische voller Papiere, und ein permanenter Strom von
Anweisungen ergeht über das Netz an die überall verstreuten
Bundesbüros. In diesem Augenblick zählt man
überwiegend die Toten und Verwundeten, und man ist sich nicht
einmal sicher, ob der Mississippi nun in den Golf von Mexiko –
oder in den erweiterten Golf von Mexiko – mündet, aber es
geht voran. Die Bundesbank hat die Leitung übernommen,
unterstützt von acht Freiwilligen aus der UWV Business
School und vierzig Computern; das Verteidigungsministerium hat
weniger Generäle zur Verfügung als weiland Präsident
Monroe für den Krieg von 1812; das Außen-, Innen- und
Wirtschaftsministerium suchen ihre Unterlagen zusammen – aber es
ist noch alles da. Die Regierung steht.
    An der Ecke eines kleinen Hotels, in der Nähe der
Ausfallstraßen am Rande der Stadt, liegt das FBI-Büro von
Charleston, das nun als Hauptquartier des FBI fungiert. Vier Agenten
sitzen dort, von denen nur einer vor dem Sturm in Washington war, und
streiten sich darüber, was sie in den nächsten Tagen
Nützliches tun könnten, als plötzlich ein Computer
piept.
    Sie drehen sich zum Bildschirm um und sehen, daß folgendes
in den Speicher des Computers geladen wird: BERICHT ÜBER DIE
POSITION DER WICHTIGSTEN AUGENZEUGEN UND BEWEISMATERIAL IN DEN
MORDFÄLLEN HARRIS DIEM, DIOGENES CALLARE UND CARLA TYNAN,
ANGEFERTIGT VON CARLA TYNAN.
    Einer der Agenten ruft sofort den Generalstaatsanwalt an, nur um
zu erfahren, daß der schon im Bilde ist. Welche Existenzform
auch immer Louie und Carla nun haben mögen, beide haben mit
Vorschriften und dem Dienstweg ebensowenig im Sinn wie
früher.
     
    Das freundlichste Fleckchen Himmel in der nördlichen
Hemisphäre befindet sich direkt über Novokuznetsk; dort
gibt es nicht einmal eine Wolkendecke, und John Klieg und Glinda Gray
sitzen im Freien in der Frühsommersonne. »Das gehört
jetzt also nicht mehr uns? Muß man uns nicht wenigstens eine
Entschädigung zahlen?« Sie ist weniger verwirrt, als ihre
Fragen suggerieren; er merkt, daß sie ihn nur prüfen
will.
    »Ich glaube nicht. Die Verfassung der USA – wenn es die
Vereinigten Staaten denn noch gibt – erlaubt nicht,
Vermögen entschädigungslos zu enteignen, aber zweifelsohne
befinden wir uns jetzt nicht mehr in den Vereinigten Staaten. Wer
heute im Ausland Geschäfte macht, läuft immer Gefahr,
verstaatlicht zu werden.«
    »Wird man uns gehen lassen?«
    »Wahrscheinlich, aber nachdem ich mir die Nachrichten
angesehen habe, würde ich sagen, wir rühren uns lieber noch
eine Weile nicht vom Fleck. Bis jetzt gibt uns noch jeder Kredit; mit
ein bißchen Glück können wir warten, bis der Sturm
hier vorübergezogen ist, und dann in die Staaten
zurückkehren.« Er streckt den Arm aus und ergreift ihre
Hand. »Stell dir einfach vor, daß wir jetzt einfach einen
langen Urlaub vor uns haben – oder Flitterwochen, wenn wir
jemanden finden, der uns traut. Vielleicht wird einer von diesen
sibirischen Kerlen mit Hörnern auf dem Kopf eine Rassel
über unseren Köpfen schwingen oder so etwas.«
    Sie sieht ihn von der Seite an, läßt ihr Haar ins
Gesicht fallen, und das macht ihn wie immer an. »Ist das ein
Heiratsantrag, Chef? Kennst du die Gesetze gegen sexuelle
Belästigung?«
    »Bedenke, daß wir uns außerhalb der Vereinigten
Staaten befinden.«
    »Verdammt, dann werde ich wohl akzeptieren müssen. Dann
werden wir also hier herumlungern und in den Restaurants und Hotels
anschreiben lassen, weil uns jeder für reich
hält…«
    »Und weil die amerikanische Regierung uns engagiert hat, um
Raumschiffe zu starten, bekommen wir auch einen Gehaltsscheck. Und
bevor wir unser Begrüßungsgeld ganz
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