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Die Mutter aller Stürme

Die Mutter aller Stürme

Titel: Die Mutter aller Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Barnes
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Radius von vielleicht
einem halben Meter von einer Glaswand umgeben ist – und geht in
Gedanken die Liste der Dinge durch, die er erledigen soll, wenn es an
der Zeit ist und falls er überhaupt die Zeit dafür hat.
Leider sind die meisten Punkte sehr dringlich, und die unwichtigen
bestehen nur aus sinnlosen Wiederholungen bodengestützter
Arbeiten.
    Vergleichbar mit der sinnlosen Wiederholung bodengestützter
Arbeiten, die er in den nächsten Minuten erledigen soll… Er
wünscht, er könnte diese Gedanken verdrängen. Er
betrachtet die sich unter ihm drehende, große alte Erde und
gesteht sich selbst ein, daß es auch kein Wunder ist, wenn
solch ein kauziger alter Bastard wie er allein ist – wenn es ihm
auch schwerfällt, das zuzugeben.
    Nun, er hat die Telepräsenz-Einheit schon seit Ewigkeiten
nicht mehr hochgefahren. Wenn sie das Mondfahrtprogramm wirklich
wieder auflegen sollten (anstatt bei den Franzosen als Passagiere
mitzufliegen – meine Güte, es gibt Louie schier den Rest,
wenn er sieht, daß die Franzosen dreimal im Jahr zum
Mond fliegen, wo sie nicht einmal mehr ein souveräner Staat
sind, sondern nur noch ein europäischer Bundesstaat, und bei
diesen drei Anlässen vielleicht einmal einen amerikanischen
Astronauten als Passagier mitnehmen!) –, falls es dieser
großen dummen, schwerfälligen Nation, der Louie
angehört, jemals gelingen sollte, wieder zum Mond zu fliegen,
dann wird es aller Voraussicht nach Louie sein, der die Roboter
dirigiert, welche die amerikanische Mondbasis wieder aktivieren.
    Er stellt die Zeituhr, zieht sich wie ein gewöhnlicher
XV-Benutzer das Haarnetz über, streift den Daten-Muff über
und setzt die Brille auf (wobei die Handschuhe indes über eine
integrierte Alarmfunktion verfügen, die ihn warnt, wenn in der
Station Probleme auftreten), steckt die Hände in die
Sensor-Handschuhe, steckt das Kabel in die Buchse hinter dem Ohr und
gibt den Code ein.
    Das nächste, was er sieht, ist das Meer der Stürme, und
er richtet sich in seinem Robot-Körper auf. Als er an sich
hinabschaut, erblickt er unnatürlich dürre
Extremitäten – die Antimaterie-Energiequelle befindet sich
im Innern des langen Metall-›Torsos‹, und die Stellmotoren
sind in den Gelenken integriert, wobei auf das Drehmoment echter
Muskeln verzichtet werden kann, so daß er im Grunde ein
wandelndes Skelett darstellt, mit einem Körper, der an einen
flexiblen Gasschlauch erinnert und mit Beinen bestückt ist, die
so aussehen wie die Stelzen der aus Auspuffrohren improvisierten
Figuren, die immer vor den Autoreparaturwerkstätten seiner
Kindheit standen.
    Er verläßt die kleine Höhle, in welcher der
Telepräsenz-Roboter abgestellt ist – er kehrt
selbständig dorthin zurück, wenn der Benutzer ihn nicht
mehr braucht, so daß er sich vorstellt, wie am Ende einer
betriebsamen Schicht (wenn dieser Begriff hier überhaupt
zutreffend ist) plötzlich zwanzig oder dreißig Roboter
mitten in ihren Verrichtungen auf der Mondoberfläche
stehenbleiben, in die Höhle zurückmarschieren und sich an
der Wand aufreihen – muß gespenstisch sein, sie dabei zu
beobachten.
    Das grelle Licht fällt hier schräg ein und wirft
schwarze Schatten, wobei der Himmel auch schwarz ist. Es gibt nichts,
was er anhand der tausend Unterrichtsvideos identifizieren
könnte; hier wurden die lunaren Probebohrungen durchgeführt
und der Nachweis erbracht, daß die auf dem Mond
verfügbaren ›Erze‹ im Grunde nichts als Felsen sind,
von so minderwertiger Qualität, daß es auf jeden Fall
günstiger ist, sie auf der Erde zu schürfen und zum Mond zu
transportieren, selbst unter Berücksichtigung der reduzierten
Schwerkraft. Aber zumindest sind hier während der Dauer der
Experimente Menschen herumgelaufen, zusammen mit den
Robotern…
    Außerdem gibt es hier noch etwas, das in der letzten Zeit
nicht mehr erprobt wurde – die ›Replikatoren‹ –,
das Experiment mit den kleinen Robotern, die wie Spielzeug-Lkws mit
Armen ausschauen. Sie haben einen kleinen Trichter, in dem sie
Gesteinsproben schmelzen und dann eine Isotopentrennung vornehmen, in
deren Verlauf die Probe in ihre Grundbestandteile zerlegt wird, so
daß sich im Trichter, der zuvor nur mit Gestein angefüllt
war, nun kleine Ingots aus verschiedenen Metallen und kleine Ampullen
mit Gasen und Flüssigkeiten befinden, aus denen wiederum
Replikatoren erzeugt werden. Schließlich vereinigen die
Replikatoren sich und tauschen untereinander Materie aus, bis einer
von ihnen über das

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