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Die Mutter aller Stürme

Die Mutter aller Stürme

Titel: Die Mutter aller Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Barnes
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dich
also mal auf Trab«, fragt sie, »du Steuerfaß ohne
Boden, du.«
    »Genau. Um der Wahrheit die Ehre zu geben, muß ich
allerdings gestehen, daß ich mich langsam selbst frage, was ich
hier oben überhaupt noch soll.«
    »Darüber mußt du dir nicht den Kopf zerbrechen,
mein Schatz, wirklich nicht. Das haben wir doch alles schon
besprochen. Wenn es nicht die Wissenschaftler gäbe, könnte
die ganze Welt ebensogut in ihrem eigenen virtuellen Arschloch
verschwinden. Und wenn es keine Forschung gäbe, würde genau
das auch passieren. Und Roboter sind keine Forscher, sondern nur
Handlanger. Es muß jemanden dort oben geben, der sich so
erhaben fühlt wie Cortez auf einem Gipfel in Darien.«
    »Du verwendest schon wieder Poesie gegen mich.«
    »Nein, das ist kein schlüpfriger Gassenhauer, und
deshalb wirst du es sicher auch nicht kennen, aber, ja, ich
konfrontiere dich mit Poesie. Sie ist Teil dieses kontinuierlichen
Prozesses, der unsere Verlobung, Ehe und Liebe durchzog – mit
Messer und Gabel essen und sich waschen, weißt du -; wenn wir
schon darüber sprechen, du siehst heute aber ziemlich adrett
aus. Du mußt wohl eine Menge Interviews geben oder
so.«
    Er erzählt ihr von der Veröffentlichung der Daten und
Diagramme. Sie erzählt ihm, daß sie ihre alte Stelle
wiederbekommt, und »noch besser, ich kann vom Boot aus arbeiten.
Also werde ich mir die Daten vielleicht sogar selbst
ansehen.«
    »Nun, wenn du möchtest; ich würde mich freuen, sie
dir zu übermitteln.«
    »Ich bitte darum.«
    Er drückt ein paar Knöpfe, und die Daten werden
abgeschickt. Sie plaudern noch ein wenig, aber sie haben sich nicht
mehr viel zu sagen, und deshalb beenden sie das Gespräch dann
auch ziemlich schnell.
     
    Nach einer Stunde ruft Carla Louie zurück. »Sind die
Werte denn wirklich so hoch?«
    »Ich wußte gar nicht, daß sie hoch sind. Für
mich sind es einfach nur Zahlen. Ein paar Tage sind sie steil
angestiegen, seitdem aber ziemlich konstant geblieben.« Er setzt
sich an einen Rechner und startet eine Abfrage. »Ja, das sind
die Zahlen.«
    »Kein Wunder, daß sie sich so darüber aufregen.
Sie sind nämlich wirklich hoch, Louie.«
    »Nun, das würde auch erklären, warum sie mich
gebeten haben, sie ihnen zu übermitteln, während ich noch
mit diesem Jungen von UT gesprochen habe. Ich soll wohl so klingen
wie die alten Flugkapitäne, wenn sie den Passagieren
erzählten, ›Wir sind in eine kleine Turbulenz geraten, und
vielleicht haben wir auch einen Triebwerksdefekt, aber ich
möchte Ihnen nur mitteilen, daß wir pünktlich landen
oder sogar noch früher ankommen werden, nur daß
dummerweise diese alte Tragfläche soeben abmontiert hat‹.
Sie hätten mir wenigstens sagen können, daß meine
Verlautbarung, es bestünde kein Grund zur Panik, gelogen
war.«
    »Nun, solange meine Abteilung es nicht herausgefunden hat,
weiß man auch nicht, wovor die Leute überhaupt in
Panik geraten sollten, weißt du. Und außerdem bin ich mir
gar nicht so sicher, daß eine Panik viel Zweck
hätte.«
    »Wenn ich also das nächste Mal gegenüber dem Jungen
aus Texas den seriösen Wissenschaftler markiere, wäre es
gerechtfertigt, wenn ich plötzlich sagen würde: ›Mein
Gott, diese Zahlen sind viel zu hoch. Verdammt, wir sitzen tief in
der Scheiße, wir werden alle draufgehen!‹«
    Sie kichert. »Oh, ein wenig ungerechtfertigt wäre es
schon, aber stell dir nur vor, wie die PR-Typen dann in Wallung
gerieten. Die meisten empfinden ihr Leben nämlich als zu
langweilig.«
    »Ja, da hast du recht. Hör zu… ich vermisse dich
noch immer, weißt du.«
    »Es ist auch bekannt, daß ich dich vermisse.
Vereinbaren wir diesmal einen festen Termin – wenn du wieder
unten bist, sehen wir uns, machen uns einen Spaß, bumsen
ausgiebig miteinander und gehen uns dann auf die Nerven, damit wir
wieder wissen, warum wir beide in Blechbüchsen fernab anderer
Menschen hausen.«
    Sie macht zwar Spaß, bringt es aber irgendwie auch auf den
Punkt, und Louie möchte gerade jetzt nicht in Emotionen
verstrickt werden. »Also, wir sehen uns«, sagt er,
»paß auf dich auf«, und sie sagt: »Du
auch«, und dann legen sie auf.
    Ein Blick auf den Terminplaner sagt ihm, daß es noch zwanzig
Minuten sind, bis er diesem verdammten Jungen wieder suggerieren
muß, er wüßte, wovon er spricht. Er streckt sich,
läßt sich in der Beobachtungskuppel treiben – eine
fast perfekte Illusion eines Weltraumspaziergangs ohne Schutzanzug,
wenn man vergißt, daß man in einem

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