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Die Mutter aller Stürme

Die Mutter aller Stürme

Titel: Die Mutter aller Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Barnes
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mittels des ferngesteuerten
Greifarmes zu positionieren und fixieren… und sich dann mit der
Illusion zurückzulehnen, gewußt zu haben, was er tat,
wobei er noch sicherstellen mußte, daß während der
ersten zwanzig Versuche ein paar kleine grüne Lampen nicht
erloschen.
    Jetzt genehmigt Louie sich eine Pause in der Beobachtungskuppel.
Im Grunde benötigen sie gar keinen menschlichen Mitarbeiter, der
diese Beobachtungen durchführt – sie könnten die ganze
Sache auch der Automatik überlassen –, aber solange sie
noch über eine bemannte Raumstation mit einem verkalkten alten
Furz verfügen, der partout nicht herunterkommen will, dann soll
er eben etwas arbeiten. Es ist wohl nicht die produktivste Art, die
Sache zu erledigen, nicht einmal der produktivste Einsatz eines
Astronauten, aber so können die PR-Fritzen der NASA die
Öffentlichkeit schnell über neue Ergebnisse in Kenntnis
setzen und auf jede Lageänderung umgehend reagieren.
    Und weil sie das so handhaben, muß er auch oft Grafiken der
eingegangenen Daten ausdrucken, die Grafiken protokollieren und die
Ergebnisse an die Bodenstation übermitteln. Dabei handelt es
sich indessen um reinen Aktionismus, denn zum einen ist er kein
Meteorologe und kann die Grafiken nur anhand der Erkenntnisse
interpretieren, welche er letzte Woche im Rahmen einer
dreistündigen Einweisung gewonnen hat, und überhaupt
erhalten alle Fachleute auf der Erde sofort Kopien der Daten. Der
einzige Zweck besteht darin, die Steuerzahler über den offenen
Kanal davon zu überzeugen, daß der Inhaber des teuersten
Arbeitsplatzes der Welt auch etwas für sein Geld tut.
    Ein gelangweilter Student im Praktikum hat den Auftrag erhalten,
ihm Fragen zu stellen, deren Antworten ohnehin schon allgemein
bekannt sind, damit er seine Meinung kundtun und die Lage beurteilen
kann. Im Grunde kann man Louies Job als mehrtägige
Öffentlichkeitsarbeit bezeichnen.
    Andererseits hat er bereits mehr Informationen geliefert als die
gesamte bemannte Raumfahrt in einem Zeitraum von mehreren Monaten. Er
muß an den Kongreßabgeordneten Henry Loamer, UL-LA,
denken, der die Raumstation einmal als ›weltraumgestütztes
Altersheim‹ und Louie selbst als ›unseren teuersten
Beamten‹ bezeichnet hat, ›der genau das tut, was die
Beamten in der Regel tun, nämlich sich den Hintern breitsitzen
und Steuergelder verschleudern‹. Es wird noch Wochen dauern, bis
der alte Henry erkennt, daß die ganze Arbeit billiger und
besser von Robotern ausgeführt werden könnte, und solange
wird er sich zu der Sache auch nicht äußern.
    Zumal Louie konzedieren muß, daß ihm das gar nicht
schlecht bekommen ist. Die Tatsache, daß er sich alle paar
Stunden vor die Kamera setzen und die Berichte verlesen mußte,
hat ihn dazu veranlaßt, zu duschen, sich zu rasieren und all
die anderen Verrichtungen zu erledigen, die man sonst so leicht
vergißt. Er mag zwar nicht salonfähig sein, aber zumindest
hat er geduscht und trägt eine saubere Kombi, und darüber
hinaus verfügt er noch über mehrere saubere Kombis.
    Er nimmt wieder einen Bissen Sushi – putzig, wie die Japaner
ein Vermögen in die Ausstattung ihrer Einheit investiert haben,
die jetzt dort am Ende von Ausleger Zwei sitzt, leer und
heruntergefahren. Sie haben fünf Besatzungen für jeweils
ein paar Monate hochgeschickt, und als es ihnen dann zu langweilig
wurde, hatten sie die Behälter mit Gewebekulturen
zurückgelassen, in denen man Fischfilets ernten konnte, ohne
gleich ganze Fische zu züchten.
    Das Zeug schmeckt gar nicht mal schlecht, und zumindest ist es
einmal etwas anderes als die üblichen Sandwiches.
    Die Japaner haben aufgegeben. Die Chinesen fliegen nach wie vor
Einsätze im niedrigen Orbit. Die Russen haben sich schon lange
aus der Raumfahrt zurückgezogen, und die Franzosen führen
drei Flüge pro Jahr durch – sie nutzen das Euromodul als
eine Art Hotelzimmer, wo ihre Leute übernachten, wenn sie
Roboter warten oder wenn sie zu ihrer winzigen Mondbasis pendeln,
während sie hier ihre Schiffe montieren. Zuletzt hatten sie sich
nicht einmal mehr diese Umstände gemacht, sondern waren direkt
aus einem niedrigen terrestrischen Orbit zum Mond geflogen.
    Und was sein Land betrifft… Louie ist sein Repräsentant
und befindet sich hauptsächlich zu Public Relations-Zwecken
hier.
    Mittlerweile tummeln sich von Menschenhand gefertigte Roboter im
Sonnensystem. Auch wenn man all die Replikatoren, die vor der
Einstellung des betreffenden Experimentes produziert

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