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Die Mutter aller Stürme

Die Mutter aller Stürme

Titel: Die Mutter aller Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Barnes
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erforderliche Material verfügt, sich zu
reproduzieren. Die jeweilige Entität setzt sich hin,
läßt den Vorgang ablaufen, und wo vorher zehn Replikatoren
am Schürfen waren, sind es nun deren elf.
    Der Grundgedanke war der, ungeachtet der Kosten das erste Los
Replikatoren zu fertigen, damit sie sich wie Schafe oder Rinder
vermehrten, und mit der entsprechenden Programmierung konnte man sie
dann in die Werksanlage der Mondbasis dirigieren, wo sie ihr
Schürfgut abluden; zuletzt würde nur noch ein winziger
Bruchteil der extrahierten Substanzen in die Replikation gehen, und
man würde über eine endlose Prozession von Replikatoren
verfügen, die Sauerstoff, Eisen, Aluminium und dergleichen
anlieferten.
    Bei der Erschaffung der Replikatoren orientierte man sich
bewußt an den Prinzipien der biologischen Reproduktion, die
eine schnelle Verbreitung gewährleisten, Energie aus Sonnenlicht
und Spurenelemente aus reichlich vorhandenen Mineralien gewinnen. Der
Tauschhandel war ihnen gleichsam angeboren;
›Güterknappheit‹ jeglicher Art wurde kompensiert,
indem die Roboter Orte aufsuchten, an denen das nachgefragte Gut
leicht verfügbar war, indem sie ihre eigenen Instruktionen zum
Teil mißachteten, um neue Strategien zu erproben, und indem sie
untereinander ›feilschten‹.
    Die Praxis sah dann jedoch ganz anders aus. Die Replikatoren
replizierten sich zwar schön, aber es stellte sich heraus,
daß der Parallelprozessor, der sie in der Mondbasis steuerte,
einer Macht unterlag, an die niemand gedacht hatte – dem
Markt.
    Die ersten Probleme traten auf, als Gallium zu einer
Quasi-Währung wurde. Von allen benötigten Elementen waren
die für einige Halbleiter erforderlichen Mikroquantitäten
Gallium am schwersten zu beschaffen; sehr bald hatten die
Replikatoren begriffen, daß, wenn man sich im Besitz von
Gallium befand, alles dagegen eintauschen konnte. Viele von ihnen
ließen alle anderen Substanzen nun links liegen und suchten nur
noch nach galliumhaltigen Mineralien, bis binnen kurzem die meisten
bloß noch Gallium transportierten, inklusive des Gemischs aus
Elementen, das in den beiden Trägermineralien außerdem
noch enthalten war.
    Es gab nun niemanden mehr, von dem man auch
die anderen benötigten Materialien hätte
›beziehen‹ können – bis einige Replikatoren
innovativ wurden und den ›49er-Laden‹ [i] eröffneten. Das heißt, sie fingen an, andere Roboter zu
bezahlen – mit Gallium –, damit diese ausschwärmten
und nur nach den Mineralien schürften, welche die anderen
nachfragten.
    Es ergaben sich, und im nachhinein ist das auch nicht weiter
verwunderlich, zwei Konsequenzen. Ein isolierter Replikator
stieß auf eine relativ ertragreiche galliumführende
Erzmine (die auf der Erde indessen völlig unspektakulär
gewesen wäre), und binnen kurzem hatten die anderen Replikatoren
die Mine auch aufgespürt und lösten einen regelrechten
›Galliumrausch‹ aus. Als das Gallium nun den Markt
überschwemmte, stellte sich zeitweilig eine hohe Inflation ein,
die zu Termingeschäften in allen Ausprägungen führte
– manche Replikatoren hatten sich bis zu dreihundert Kilometer
von der Basis entfernt.
    Das ganze System kollabierte, als etwa die Hälfte der Roboter
sich hinsetzte und ›Kinder‹ gebar; ein Großteil des
Galliums, welches den Markt überflutet hatte, war jetzt in den
Replikatoren gebunden, und der zusammenbrechende Markt führte zu
einer ›Depression‹. Viele der weit entfernten Replikatoren
desaktivierten sich, weil sie auf dem Rückweg zur Basis keinen
Gewinn mehr erzielten.
    Irgendwo dort draußen drehte einer von ihnen durch und
löste ein Chaos aus. Er attackierte, demontierte und verschlang
etliche andere Replikatoren und produzierte schließlich noch
Kopien von seinem kannibalischen Original. Ein anderer Replikator
versuchte das Problem zu lösen, indem er andere Replikatoren
dahingehend umprogrammierte, daß sie das von ihnen gewonnene
Erz bei ihm ablieferten; die Wissenschaftler gaben ihm die
Bezeichnung ›Sklavenhalter‹ und entdeckten zudem, daß
der Sklavenhalter eine Verteidigung gegen die Kannibalen aufgebaut
hatte, indem er seine Sklaven in Gruppen organisierte.
    Obendrein schleusten die Replikatoren nun gegenseitig Viren in
ihre Software ein und entwickelten dann Abwehrstrategien gegen diese
Viren (diese merkwürdige, ausschließlich negativ
konnotierte Bezeichnung für sich selbst reproduzierende Software
schien in diesem Fall völlig angemessen.) Als die

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