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Die Mutter aller Stürme

Die Mutter aller Stürme

Titel: Die Mutter aller Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Barnes
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sie selbst grinsen.
    Als MyBoat schließlich die Oberfläche des
Pazifischen Ozeans durchstößt, kann Carla ihre Daten
abschicken. Erst wählt sie Dis Privatnummer, bis ihr dann
einfällt, daß er in einer anderen Zeitzone lebt; zum
Glück hat sie auf ihrer Tauchfahrt einen ungewöhnlichen
Tagesrhythmus gepflegt, und es ist dort erst zehn Uhr abends; sie
kann ihn also noch anrufen, obwohl er kleine Kinder hat.
    Seine Frau Lori, die Romanautorin, nimmt den Anruf entgegen. Sie
hat sich Carla gegenüber schon immer etwas reserviert verhalten.
Als Di und Carla noch zusammengearbeitet hatten, muß Di wohl zu
oft von ihr gesprochen haben.
    Aber Lori kennt sie dann doch gut genug, um zu wissen, daß
sie aus einem wichtigen Grund anruft. »Hallo. Ich gebe Ihnen
wohl besser Di. Er schläft gerade bei den Kindern.«
    »Danke, Lori. Tut mir leid, daß ich so spät noch
störe.«
    »Schon gut – es muß sicher etwas Wichtiges sein.
Darf ich Sie etwas fragen, bevor ich Di hole?«
    »Natürlich.«
    »Wie groß ist die Gefahr wirklich?« Lori wirft
einen Blick über die Schulter, vielleicht um sicherzugehen,
daß Di nicht zuhört. »Di hat im Schlaf gesprochen, um
sich geschlagen, und wenn er von der Arbeit kommt, ist er immer
völlig am Ende…«
    »Das wundert mich nicht«, kommentiert Carla. »Die
Sache ist sehr ernst, Lori, und ich habe Indizien, die dafür
sprechen, daß es sogar noch schlimmer ist, als Di vielleicht
annimmt.«
    Lori nickt nur, wobei sich gleichzeitig ihr Gesichtsausdruck
verändert. In diesem Augenblick kommt Carla zu dem Schluß,
daß es sich bei Lori um eine Frau handelt, die beim ersten
Anzeichen von Gefahr Gegenmaßnahmen ergreift. Sie wird zum
Beispiel mit solchen Dingen konfrontiert, daß es jemandem
gelungen ist, mit dem Einsatz von AIRE einer Patentanmeldung
zuvorzukommen oder daß die Preise für Spezialfasern
gesunken sind, und sie weiß auch genau, welche Aktien in den
für die Ausbildung der Kinder bestimmten Depots sofort
abgestoßen werden müssen. Sie weiß alles, was sie
von der Welt, in der sie lebt, nur wissen kann, und sie ist auch
bereit, dieses Wissen anzuwenden. Wenn es überhaupt jemanden
gibt, der sich in einer solchen Situation bewährt, dann ist es
Lori – Carlas Großmutter hätte sie in ihrer
unnachahmlichen Diktion wohl als ›eine wirklich patente
Lady‹ bezeichnet.
    »Können Sie mir etwas darüber erzählen?«
fragt Lori.
    »Nun«, erwidert Carla schleppend, »ich kann mir
lebhaft vorstellen, weshalb Di Ihnen nichts davon sagen wollte. Aber
ich glaube, daß Sie ein Recht darauf haben, informiert zu
werden. Ich befürchte, daß uns eine globale Katastrophe
droht; viele Menschen werden sterben, und viele Dinge werden sich
ändern.«
    »Gibt es etwas, das wir für unsere… Sicherheit tun
könnten?« erkundigt Lori sich. »Ich möchte Di
nicht fragen, weil er schon genug Streß hat… aber die
Kinder…«
    »Wenn mir etwas einfällt, werde ich Sie anrufen und
Bescheid sagen. Es wäre indessen keine schlechte Idee, den
Sommer in den Bergen zu verbringen – Sie wohnen doch nur ein
paar Kilometer vom Meer entfernt?«
    »Richtig.« Lori nickt, als ob sie gleich mit dem Packen
beginnen wollte.
    »Aber ich könnte ebensogut auch völlig
danebenliegen, Lori. Wenn nämlich die verstärkten
Niederschläge, von denen wir reden, über den Appalachen
niedergehen, wären Sie dort gefährdeter als an der
Küste – Springfluten, Stürme, Erdrutsche, Hagel,
vielleicht sogar Schneestürme im Juli, wenn die Wolkendecke
dicht genug ist. Wir können einfach keine Prognosen erstellen.
Deshalb ist Di in der letzten Zeit wohl auch so enerviert – wir
wissen nämlich nicht genau, was geschehen wird, sondern wir
wissen nur, daß eine große Katastrophe eintreten
wird.« Oder er ist doch im Bilde und hält die Daten nur
aus irgendwelchen absurden politischen Gründen zurück, überlegt sie.
    Lori nickt. »Danke, daß Sie mich eingeweiht haben. Ich
muß jetzt mit Di sprechen.«
    »Ach, Lori, noch etwas.«
    »Hmmm?«
    »Der Schlächter in Grün hat mir wirklich
gefallen. Ihr bisher bestes Buch, finde ich.«
    Lori strahlt sie an. »Danke.« Sie verschwindet vom
Monitor, und kurz darauf erscheint Di vor der Kamera.
    »Carla – was ist los?«
    »Eine Menge, befürchte ich. Ich habe vor einigen Stunden
mit Louie gesprochen, und er hat mir über die
Satellitenverbindung einige Informationen zur Methankonzentration
übermittelt.«
    »Ihr beiden seid immer so romantisch…«
    »Oh, halten Sie den Schnabel.

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