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Die Mutter aller Stürme

Die Mutter aller Stürme

Titel: Die Mutter aller Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Barnes
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Wirbelsturm dadurch zustande,
daß eine Wärmekonvektion von der warmen
Wasseroberfläche zur Untergrenze der kalten Stratosphäre
stattfindet – wobei dieser Vorgang Wind erzeugt.
    Wenn das Wasser kälter ist als 27,5° Celsius, liegt das
für die Wärmekonvektion notwendige Energieniveau über
dem des Wassers, und der Wirbelsturm erstirbt. Oberhalb von
27,5° Celsius jedoch wird ein Wirbelsturm nicht nur in Gang
gehalten – sondern angeheizt und damit stärker. Jeder
Schwall Kaltluft, der über den warmen Ozean fegt, erwärmt
sich, gewinnt an Volumen, steigt auf, gibt seine Ladung Wasserdampf
in die Atmosphäre ab und kehrt jedesmal etwas stärker
zurück.
    Also werden die Wirbelstürme, die auf Carlas Karte innerhalb
der 27,5°-Isotherme verzeichnet sind, wachsen; die
außerhalb werden absterben. Die Zonen innerhalb der
27,5°-Isothermen sind
›Wirbelsturmentstehungszonen‹.
    Beim Blick auf die Karte stellt sie fest, daß sie so etwas
noch nie gesehen hat. Normalerweise existieren zwei, oder in einem
heißen Sommer auch drei, Wirbelsturmentstehungszonen in den
tropischen Gewässern – eine vor den Philippinen, die zweite
vor der Halbinsel Yucatán und die dritte (in einem
heißen Spätsommer) im Südchinesischen Meer.
    Die Modelle besagen, daß diese Zonen expandieren werden, und
die diesbezügliche Formel ist ganz einfach – zu einfach,
wie sich dann herausstellt. Es hat nämlich noch niemand
überprüft, ob sie sich vielleicht überlappen oder ob
noch weitere entstehen. Nicht, daß sie den Wissenschaftlern
deswegen einen Vorwurf machen würde – die Sache ist nicht
ohne weiteres zu erkennen. Und wenn sie doch darauf gestoßen
wären, hätten sie deshalb vielleicht ihren Augen nicht
getraut – gut möglich, daß sie es überprüft
hätten und dann zu dem Entschluß gelangt wären, sich
nicht zu weit aus dem Fenster zu hängen. Beim Gedanken an ihre
alte Stelle seufzt Carla. Sich nicht zu weit aus dem Fenster
hängen, das war der Punkt.
    Dennoch existiert es, und wenn sie sorgfältiger oder
systematischer zu Werke gegangen wären, hätten sie es auch
gesehen.
    Zur Zeit gibt es nur eine Wirbelsturmentstehungszone im
Nordpazifik – aber sie erstreckt sich in Ost-West-Richtung von
Galapagos bis nach Borneo und in Nord-Süd-Richtung von Hokkaido
bis zum Äquator. Die Zone hat eine Länge von 11.600 Meilen
und eine Breite von 3500 Meilen.
    Normalerweise wird die Stärke eines Wirbelsturms von der
Temperatur des Oberflächenwassers (je wärmer, desto
stärker) und der Verweildauer über dem mindestens
27,5° warmen Wasser bestimmt. Also begrenzt die Fläche der
Entstehungszone die Stärke der Hurrikane und Taifune, denn sie
wandert mit einer Geschwindigkeit von bis zu 160 km/h. Bisher
hatten die Entstehungszonen eine maximale Breite von 2400 bis 3200
Kilometern, so daß nur selten Wirbelstürme mehr als
vierundzwanzig Stunden über ihnen verweilten.
    Diese neue, den ganzen Ozean umfassende Entstehungszone ist um ein
Vielfaches größer als alle statistisch erfaßten
Zonen.
    Sie sitzt da und schaut zu, wie der Computer eine Reihe von
schnellen Berechnungen ausführt und mittels seines
Zufallsgenerators eine Palette von Möglichkeiten aufzeigt.
    Allesamt weisen sie eine beängstigende Kongruenz auf. Sie
möchte am liebsten zu Bett gehen und sich am nächsten
Morgen beim Aufstehen sagen können, das sei nur ein böser
Traum gewesen.
    Auf jeden Fall wird heute nacht noch nichts passieren. Sie kann
mit MyBoat auftauchen und Di oder Louie oder sonst jemanden
anrufen.
    Sie greift nach der Steuerung des Autopiloten und programmiert ihn
auf ›langsames Auftauchen‹. Sofort nimmt das Dröhnen
der das Wasser aus den Staurohren ausstoßenden Motoren eine
leicht veränderte Klangfarbe an, als MyBoat an die
Wasseroberfläche steigt. Sie begibt sich wieder an die Tastatur
und fügt alle wichtigen Aspekte zu einer Datei zusammen, die sie
dann an Di abschickt.
    Vielleicht weiß er aber ohnehin schon Bescheid. Vielleicht
befaßt er sich bereits mit der Sache. Nun, wenn das wirklich
der Fall ist, könnte er ihr möglicherweise die
Gefahrenpunkte mitteilen. Und womöglich könnte er sogar
für sie einen Zipfel der Wahrheit lüpfen. Andererseits,
wenn er selbst auch im dunklen tappt… wer zieht hier
überhaupt die Fäden?
    Zweifellos wird man das auch herausfinden. Man muß nur die
Fakten eruieren und recherchieren, wer von dieser
Verschleierungstaktik profitieren könnte. Angesichts dieser
melodramatischen Überlegungen muß

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