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Die Mutter aller Stürme

Die Mutter aller Stürme

Titel: Die Mutter aller Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Barnes
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fälschlicherweise belehrt wurde,
daß Methan die Summenformel CH 4 habe und im
Infrarotbereich nicht nachzuweisen sei.
    Mit einemmal wird ihm bewußt, daß die Schaltstellen in
seiner Umgebung mit Datenspähern kontaminiert sind und daß
ständig neue hinzukommen. Er weiß nichts von den vier
Posten vor seinem Haus – und auch nichts von den zwei
Oberaufsehern, welche die Posten ihrerseits kontrollieren und auf
einen Fehler lauern –, aber er sieht sie immer, wenn er morgens
das Haus verläßt.
    Di Callare steht auf und fährt sich mit der Hand durch das
Haar. Er denkt an all die gemütlichen, langweiligen Jahre
zurück, in denen sich nicht viel ereignete; an die Nacht, als
das nukleare Feuer ein Loch in die Hauptstadt brannte und das Jahr
danach, in dem man die Stadt zügig wieder aufbaute, an die
allmähliche Erkenntnis, daß die Blauhelme wohl nie wieder
abziehen würden, und an die Art, wie Washington sich von einer
nur gefährlichen und schmutzigen Stadt in eine Stadt der
Intrigen wie Wien, Berlin oder Bukarest verwandelte, zu einem Ort, an
dem vier von Dis Bekannten bei merkwürdigen Unfällen ums
Leben kamen und drei Leute einfach verschwanden.
    »Selbst bei der verdammten NOAA«, murmelt er, und dann
sieht er sich um und stellt erleichtert fest, daß Nahum
schläft und seine Worte nicht mitbekommen hat. Er
stößt einen weiteren tiefen Seufzer aus und schaut nach
Lori.
    Sie sitzt über die Tastatur gebeugt und hackt auf ihr herum.
Er fragt schon gar nicht mehr, warum sie noch immer mit der Tastatur
arbeiten will, obwohl die Spracherkennung heutzutage so schnell und
zuverlässig arbeitet; ihre Erklärung – daß ihre
Bücher nicht akustisch rezipiert, sondern gelesen werden, so
daß sie durch Diktieren den falschen Rhythmus treffen
würde – leuchtet ihm zwar nicht ganz ein, aber er
weiß auch, daß seine Versuche, ihr das Phänomen der
Höhenwinde zu erläutern, nicht viel Erfolg gezeitigt haben.
Sie wird schon wissen, was sie tut.
    Er schleicht sich von hinten an sie heran und sieht, daß sie
gerade tippt: aber da war niemand, der ihre gellenden Schreie
gehört hätte, und dann schlitzte der Mann mit den
großen Kulleraugen die Haut um ihre Brust mit einem matt
glänzenden Messer auf…
    Di Callare zuckt zusammen, schiebt ihr Haar zurück und
küßt sie auf den Hals. Eigentlich haßt sie es, bei
der Arbeit gestört zu werden, und normalerweise respektiert er
das auch, aber gerade jetzt braucht er dringend Körperkontakt,
und er hofft, daß sie das versteht.
    Sie dreht sich um und küßt ihn mit tränennassem
Gesicht auf die Wange. »Schlechte Nachrichten von Carla?«
fragt sie.
    »Schlechter könnten sie nicht sein. Weißt du denn
schon Bescheid?«
    »Sie hat mir gesagt, daß es schlimm würde«,
flüstert Lori ihm ins Ohr. Mißbilligend verzieht er das
Gesicht – er hatte Carla eigentlich für vernünftiger
gehalten, als Lori mit solchen Dingen zu konfrontieren –
»Sie hat keine Schuld, ich habe sie gefragt. Sie ist doch eine
deiner besten Freundinnen – vielleicht nicht die beste, aber die
loyalste. Ich liebe sie deswegen.«
    Er hebt Lori vom Stuhl und trägt sie ins Schlafzimmer; wenn
er das in glücklicheren Zeiten getan hat, hauptsächlich um
zu beweisen, daß er es kann, hat sie das immer als ›wie in
einem alten Film‹ bezeichnet, ›wenn der Hauptdarsteller die
Hauptdarstellerin entführt und man sieht, was die beiden
wirklich wollen – kurz bevor der Zug im Tunnel verschwindet oder
sie mit dem Flugzeug abfliegen…‹
    Bei der Erinnerung daran muß er lächeln. Sie nehmen
sich sehr viel Zeit für die Liebe, als ob sie es sich
unauslöschlich einprägen wollten.
     
    In seiner dritten Woche als Ausbilder in Tapachula überredet
Jesse Naomi, ihm einen längeren Besuch abzustatten.
Zunächst scheint es ein voller Erfolg zu werden; sie zeigt sich
begeistert von seiner Tätigkeit als Tutor und der kleinen
Wohnung, die er gefunden hat und gratuliert ihm zu seinem Gewinn an
Lebensqualität. Zumindest hat er ihr weismachen können, er
habe sich wirklich zu einem Linken gewandelt.
    Aber an diesem Abend, als sie auf seiner Couch sitzen und er sehr
zaghaft versucht, sie zu küssen, wehrt sie ab. »O Gott,
Jesse, nein, nein. Ich kann nicht. Wirklich. Es ist mir schon beim
erstenmal so schwer gefallen, über dich
hinwegzukommen.«
    »Nun, dann komm eben nicht über mich hinweg und
genieße es einfach.«
    »Ich wünschte, ich könnte es.«
    »Und warum kannst du nicht?«
    Zum erstenmal überhaupt

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