Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Mutter der Königin (German Edition)

Die Mutter der Königin (German Edition)

Titel: Die Mutter der Königin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
Vom Netzwerk:
als seien wir besonders enge Freunde.
    Ich nehme neben ihr Platz und vergewissere mich, dass die anderen Damen nicht in Hörweite sind. Wir befinden uns in Caldwell Castle, und die Räume sind so klein, dass die Hälfte der Hofdamen in einer anderen Halle näht.
    «Euer Gnaden», beginne ich vorsichtig. «Der Herzog sieht gut aus, er ist ein treuer Gefährte, aber Ihr solltet achtgeben, dass Ihr nicht den Anschein erweckt, seine Gesellschaft allzu sehr zu genießen.»
    Sie wirft mir einen ausgelassenen Blick zu. «Glaubt Ihr, er schenkt mir zu viel Aufmerksamkeit?»
    «Ja.»
    «Ich bin die Königin», bemerkt sie. «Es ist nur natürlich, dass sich Männer um mich scharen und auf ein Lächeln hoffen.»
    «Er muss nicht hoffen», sage ich direkt. «Er bekommt Euer Lächeln immer.»
    «Und habt Ihr Sir Richard nicht angelächelt?», fragt sie scharf. «Als er nur ein Edelknecht im Haushalt Eures Gemahls war?»
    «Ihr wisst, dass es so war», antworte ich. «Aber ich war damals verwitwet, die Witwe eines Herzogs von königlichem Geblüt. Ich war keine verheiratete Frau und auch keine Königin.»
    Sie steht so abrupt auf, dass ich schon fürchte, sie beleidigt zu haben, aber sie nimmt mich bei der Hand, zieht mich in ihre Schlafkammer und schließt die Tür hinter uns. Dann lehnt sie sich dagegen, damit uns niemand folgen kann.
    «Jacquetta, Ihr kennt mein Leben», sagt sie leidenschaftlich. «Ihr kennt meinen Gemahl. Ihr hört, was man sich über ihn erzählt, Ihr wisst, wie er ist. Ihr habt gesehen, wie er dem Herzog Vergebung gewährte wie der Papst persönlich, seine armen Männer aber des Verrats anklagte. Ihr wisst, dass er in der ersten Woche nach unserer Hochzeit mein Schlafgemach auf Anraten seines Beichtvaters nicht betreten hat, weil unsere Ehe heilig sein müsse. Ihr wisst, dass er ein Mann von melancholischem Naturell ist: kühl und feucht.»
    Ich nicke. Es lässt sich nicht leugnen.
    «Und Somerset ist ein Mann des Feuers», flüstert sie. «Er reitet an der Spitze der Armee und führt seine Männer an, er hat Schlachten gesehen, er ist ein leidenschaftlicher Mann. Er hasst seine Feinde, er liebt seine Freunde, und für Frauen …» Sie schaudert. «Für Frauen ist er unwiderstehlich, alle sagen es.»
    Ich halte mir den Mund zu, aber lieber würde ich die Ohren verschließen.
    «Ich wäre nicht die erste Frau, die einen gutaussehenden Bewunderer hat», sagt sie. «Ich bin die Königin, der halbe Hof ist in mich verliebt, so ist die Welt. Ich kann doch einen hübschen Ritter haben?»
    «Nein, das könnt Ihr nicht», widerspreche ich ihr. «Ihr könnt ihn nicht anlächeln oder ihm besondere Gunst gewähren, nicht einmal die Erlaubnis, Euch aus der Ferne zu bewundern, nicht bevor Ihr dem König einen Sohn und Erben geschenkt habt.»
    «Und wann wird das je geschehen?», fragt sie verzweifelt. «Und wie? Ich bin jetzt seit sieben Jahren verheiratet, Jacquetta. Wann werde ich endlich ein Kind von ihm erwarten? Ich kenne meine Pflicht so gut wie jede andere Frau. Jede Nacht gehe ich ins Bett, lege mich zwischen die klammen Laken und warte darauf, dass er kommt. In manchen Nächten kommt er gar nicht, in anderen verbringt er die Nacht kniend und betend am Fuß des Bettes. Die ganze Nacht, Jacquetta! Was erwartet Ihr von mir?»
    «Ich habe ja nicht geahnt, dass es so schlimm ist», sage ich. «Das tut mir leid.»
    «Ihr müsst es gewusst haben», sagt sie bitter. «Ihr lügt. Ihr wisst es, alle meine Hofdamen wissen es. Am Morgen kommt Ihr, um uns zu wecken, und dann liegen wir wie tot nebeneinander … wie Steinfiguren auf unseren Grabmälern. Habt Ihr uns je dabei gestört, wie wir uns in den Armen gelegen hätten? Habt Ihr je gehört, wie wir durch die Tür gerufen hätten: ‹Jetzt nicht! Kommt später wieder!›? Ihr müsst ihn nur ansehen, und Ihr wisst es. Ihr könnt Euch doch nicht einbilden, er wäre ein sinnlicher, leidenschaftlicher Mann, der der Vater meines starken Sohnes wird? Wir zerknittern nicht einmal die Laken.»
    «O Marguerite, das tut mir leid», sage ich herzlich. «Natürlich habe ich ihn nicht für leidenschaftlich gehalten. Aber ich dachte, er käme in Euer Bett, um seine Pflicht zu tun.»
    Sie zuckt die Schultern. «Manchmal tut er das», erzählt sie bitter. «Manchmal erhebt er sich aus seinen Gebeten, bekreuzigt sich und wagt einen schwachen Versuch. Könnt Ihr Euch vorstellen, wie sich das anfühlt? Aber er ist nicht bei der Sache, und das ist fast schlimmer, als wenn er es gar

Weitere Kostenlose Bücher