Die Mutter der Königin (German Edition)
und der Befehl trifft nie ein.
In Grafton ziehe ich mich vor der Niederkunft zurück, froh darüber, dass Richard in diesem Jahr nicht in den Krieg zieht, und bald erweist sich, dass ich mit dem Kind – wie immer – recht hatte. Ich lasse meinen Ehering über meinem gewölbten Bauch pendeln. Wenn er sich im Uhrzeigersinn dreht, ist es ein Junge, und wenn er sich gegen den Uhrzeigersinn dreht, ist es ein Mädchen. Das ist zwar ein Volksglaube, abergläubischer Unsinn, den die Hebammen verbreiten, die Ärzte aber leugnen. Ich lächele nur und nenne es Unsinn, aber es hat immer gestimmt. Ich nenne das Neugeborene Eleanor und lege sie in die Holzwiege, in der schon neun Kinder von Richard gelegen haben, und ich schreibe ihm, dass sein kleines Mädchen seine dunklen, lockigen Haare und blauen Augen hat und dass er sich aus Calais beurlauben lassen soll, um seine neugeborene Tochter zu sehen.
Aber er kommt nicht. Der Herzog von Burgund bedrängt die Garnison. Er mustert ganz in der Nähe eine Streitmacht an. Sie fürchten, er könnte eine Belagerung planen. Und obwohl Richard nur durch die Meerenge von mir getrennt ist und man nicht länger als einen Tag nach Calais segelt, fühlt es sich so an, als dauerte die Trennung schon lang und als sei er sehr weit fort.
Während die Amme unten ihr Essen zu sich nimmt, sitze ich eines Abends in der Kinderstube bei meiner neugeborenen Tochter und sehe ihr beim Schlafen zu. Dann hole ich die Karten meiner Großtante aus dem Beutel an meinem Gürtel und mische sie, nehme eine Karte heraus und lege sie auf die bestickte Decke der Wiege. Ich will wissen, wann ich Richard wiedersehe und was die Zukunft für mich bereithält.
Es ist der Narr, ein Bauer mit dem geschulterten Stock, an dem sein Bündel hängt, ohne Geld, aber voller Hoffnung. Er schreitet kräftig aus und hält in der anderen Hand einen Stock. Ein Hund schnappt nach seinem Hosenbein – seine eigene niedere Natur, die ihn von seinem Ziel abhält –, doch er geht trotzdem weiter. Er versucht es immer wieder. Die Karte bedeutet dem Betrachter, dass er weiter auf die Hoffnung setzen soll, dass er große Ziele erreichen kann, wenn er nur mutig ausschreitet, selbst wenn es närrisch ist zu hoffen. Aber was mich gefangen nimmt, ist die weiße Rose an seiner Kappe. Lange sitze ich mit der Karte in der Hand da und frage mich, was es bedeutet, ein Abenteurer zu sein – mit einer weißen Rose an der Kappe.
Als ich an den Hof zurückkehre, bitte ich die Königin um Richards Wiederkehr, aber der König und sie sind abgelenkt, es scheint Schwierigkeiten zu geben, läppische Aufstände und Unzufriedenheiten in den an London grenzenden Grafschaften. Es sind die alten Klagen, die wieder vorgebracht werden. Sie haben Jack Cade zwar gejagt und umgebracht, aber seine Fragen haben sie nicht beantwortet, und seine Forderungen – nach Recht und Gerechtigkeit, redlicher Besteuerung und einem Ende der höfischen Günstlingswirtschaft – werden wieder laut.
Die Männer von Kent rücken unter einem anderen namenlosen Hauptmann aus und fordern, dass der König seine Seilschaften beendet, weil er sich seines Vermögens berauben und schlecht beraten lässt. Die Männer aus Warwickshire greifen zu den Waffen und behaupten, Jack Cade sei noch am Leben und werde sie anführen.
Der König ist taub gegen all diese Anwürfe und beginnt die übliche Sommerreise, entschlossen, die Verräter vor Gericht zu stellen. Wo auch immer er sich zeigt, reitet Edmund Beaufort als Gefährte und Vertrauter an seiner Seite. Er begleitet den König, als sie nach Süden ziehen und später nach Westen, Richtung Exeter. Gemeinsam sprechen sie das Todesurteil über Männer, die nichts weiter getan haben, als sich über den Einfluss des Herzogs zu beschweren.
Die Männer an den Docks sind diejenigen, die sich darüber beklagt haben, dass man ein ganzes Jahr lang Truppen bei ihnen einquartiert hat, dieselben, die sich für die Rückeroberung der Gascogne starkgemacht und gegen die Verschwendung und Schande aufbegehrt haben, die diese Armee an den Kaimauern von Plymouth in ihren Augen war. Sie haben gesehen, was kein Höfling je zu sehen bekam: Was für eine verschwendungssüchtige Narretei es war, erst eine Armee aufzustellen und sie dann dem Müßiggang zu überlassen. Doch wenn sie das jetzt laut sagen, bezahlen sie es mit dem Leben. Sie sagen aber nichts anderes als das, was Richard und ich zueinander gesagt haben, als die Seeleute die Geduld verloren und die
Weitere Kostenlose Bücher