Die Mutter der Königin (German Edition)
Soldaten alle Vorräte aufgebraucht hatten. Nur dass diese Männer es laut gesagt haben, während Spione zugegen waren. Und jetzt müssen sie sterben. Denn das versöhnliche Naturell des Königs kehrt sich in sein Gegenteil: Auf einmal kommt seine dunkle, verbitterte Seite zum Vorschein.
«Es ist eine trübselige Aufgabe», bemerkt Edmund Beaufort, als er mich langsam von der Kapelle in die Räume der Königin in Exeter begleitet. «Aber Ihr dürft Euch nicht von den Sünden des Landvolks betrüben lassen, Mylady.»
Ich werfe ihm einen Blick zu, er scheint aufrichtig besorgt zu sein. «Ich habe gesehen, wie hoch die Mittel waren, die sie aufbringen mussten, obwohl der Feldzug nie stattgefunden hat», entgegne ich kurz angebunden. «Mein Gemahl hat die Soldaten bei ihnen einquartiert. Schon damals wussten wir, dass es sie hart angekommen ist. Und jetzt müssen sie einen noch höheren Preis dafür zahlen.»
Er nimmt meine Hand und legt sie sich liebenswürdig auf den Arm. «Ihr hattet auch hohe Kosten», sagt er voller Anteilnahme. «Es war schwer für Euch und Euren Gemahl. In ganz England gibt es keinen besseren Feldherren und keinen, der Calais sicherer halten würde. Ich habe nie daran gezweifelt, dass er alles getan hat, um die Armee einsatzbereit zu halten.»
«Ja», stimme ich ihm zu. «Und auch in Calais wird er alles tun, aber wenn der König keinen Sold für die Truppen schickt, wendet sich die Garnison früher oder später gegen uns. So wie Kent oder Devon in diesen Tagen.»
Er nickt. «Ich versuche es ja, Mylady», versichert er mir, als müsste er mir Rede und Antwort stehen. «Ihr könnt Eurem Gemahl ausrichten, dass ich ständig an ihn denke. Ich bin der Oberbefehlshaber von Calais, ich habe meine Pflichten gegen Euren Gatten und gegen die Garnison nicht vergessen. Doch die Schatzkammer ist leer, und der Hof verschlingt Unmengen von Gold. Jedes Mal, wenn der Hof übersiedelt, kostet das ein kleines Vermögen, und der König, Gott schütze ihn, braucht viel Geld für die Akademien, die er zum Ruhme Gottes erbauen lässt, und für seine Freunde, die auf ihren eigenen Ruhm aus sind. Aber ich bemühe mich, den König zufrieden zu stellen und Euren Gemahl und seinen Kameraden Lord Welles in Calais mit Mitteln auszustatten.»
«Das freut mich», antworte ich ruhig. «Ich danke Euch in seinem Namen.»
«Und jetzt entsenden wir einen Feldzug nach Bordeaux, wie wir es versprochen haben», sagt er fröhlich.
«Bordeaux?», kommt mein ausdrucksloses Echo. «Warum nach Bordeaux?»
«Wir müssen die Engländer in Frankreich unterstützen», erklärt er. «Sie sind von den Franzosen überrannt worden, aber sie schwören, dass sie sich zur Wehr setzen und uns die Tore von Bordeaux öffnen, wenn wir ihnen nur eine Armee schicken. Wir können die Besitzungen, die wir verloren haben, zurückgewinnen. Ich schicke John Talbot hin, den Earl of Shrewsbury. Ihr werdet Euch sicherlich an ihn erinnern.»
John Talbot war einer der treusten und fähigsten Kommandanten meines ersten Gemahls, für seine Überraschungsangriffe ebenso berüchtigt wie für seinen Siegeswillen. Aber jetzt ist er alt, und nachdem er einmal von den Franzosen gefangen und wieder frei gelassen worden ist, hat er versprochen, sich nie wieder gegen einen französischen König zu erheben. «Ist er nicht zu alt, um in den Krieg zu ziehen?», frage ich. «Er muss doch schon sechzig sein.»
«Fünfundsechzig», erwidert der Herzog lächelnd. «Und so willig und tapfer wie eh und je.»
«Aber er ist von den Franzosen begnadigt worden. Er hat ihnen versprochen, nie wieder zu kämpfen. Wie können wir ihn entsenden? Er ist ein Ehrenmann – sicherlich wird er nicht gehen wollen?»
«Allein seine Anwesenheit wird ihnen Mut machen», sagt er voraus. «Er wird an der Spitze reiten. Er trägt kein Schwert, aber er führt sie an. Sein Vorhaben ist ruhmreich, und ich kümmere mich darum, dass er eine gute Armee bekommt. Ich tue mein Bestes, Lady Rivers. Ich tue mein Allerbestes.» Er hebt den Arm, damit er meine Hand küssen kann, die auf seinem Unterarm ruht. Eine anmutige und ungewöhnliche Geste. «Es ist mir eine Freude, Euch zu dienen, Lady Rivers. Bitte betrachtet mich als Euren Freund.»
Ich zögere. Er ist ein charmanter Mann, gutaussehend, und sein vertrauliches Flüstern würde das Herz einer jeden Frau schneller schlagen lassen. Ich kann nicht anders, ich erwidere sein Lächeln und sage: «Das tue ich.»
Wir ziehen nach Westen durch unwirtliche
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