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Die Mutter der Königin (German Edition)

Die Mutter der Königin (German Edition)

Titel: Die Mutter der Königin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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verloren, bis auf die Gebiete um Calais, die Stadt selbst und die Garnison. Und John Talbot, der Earl of Shrewsbury, ist in einer Schlacht um eine verlorene Sache gefallen, der er sich aber wegen seiner Ritterlichkeit und seines Wagemutes nicht verweigern konnte. Die Stadt Castillon bat ihn zu kommen und die französische Belagerung zu durchbrechen. Der Hilferuf seiner Landsleute stieß bei John Talbot auf offene Ohren. Er hielt seinen Schwur, gegen den französischen König keine Rüstung anzulegen, der ihn unter dieser Bedingung freigelassen hatte. Also ritt er ohne Schutz an der Spitze seiner Armee hinaus in die Schlacht, ohne Waffe und ohne Schild. Es war ein Akt größter Ritterlichkeit und Narrheit. Ein Akt, würdig des großen Mannes, der er war. Ein Bogenschütze streckte sein Pferd nieder, und ein Soldat hieb ihn mit einer Axt zu Tode, als das Pferd ihn unter sich begrub. Unsere Hoffnungen auf den Erhalt unserer Besitzungen in Frankreich sind dahin, wir haben die Gascogne zum zweiten und wahrscheinlich letzten Mal verloren. Alles, was der Vater des Königs errungen hat, hat sein Sohn verloren, und wir wurden von Frankreich gedemütigt, das doch einst unser Vasall war.
    Der Herzog senkt den Kopf in der stillen großen Halle. «Wir beten für die Seele von John Talbot und seines edlen Sohnes, Lord Lisle», sagt er. «Er war ein äußerst liebenswürdiger und vollkommener Ritter. Und wir beten für den König, für England und für den heiligen Georg.»
    Niemand jubelt. Niemand wiederholt das Gebet. Männer murmeln «Amen», ziehen die Bänke heraus, setzen sich und verzehren schweigend ihr Abendessen.

    Wie mir die Kammerjunker auf meine Frage mitteilen, ist der König sehr früh zu Bett gegangen. Sie sagen, er habe sehr müde gewirkt. Er habe nicht mit ihnen gesprochen, kein einziges Wort. Ich erzähle es der Königin, die sich auf die Lippe beißt und mich mit bleichem Gesicht ansieht. «Was meint Ihr?», fragt sie, verängstigt wie ein kleines Mädchen.
    Ich schüttele den Kopf. Ich weiß nicht, was ich denken soll.
    «Was soll ich machen?»
    Ich weiß nicht, was sie machen soll.

    Am Morgen sind die Augen der Königin gerötet nach einer schlaflosen Nacht. Wieder schickt sie mich in die Gemächer des Königs, um zu fragen, wie es Seiner Gnaden heute geht. Wieder erklärt mir ein Kammerjunker, der König sei müde, er schlafe lange. Als sie ihm mitgeteilt hätten, es sei Zeit für die Laudes, habe er nur genickt und sei wieder eingeschlafen. Sie sind überrascht, denn er versäumt die Gebetsstunden nie. Zur Prim hätten sie erneut versucht, ihn zu wecken, doch er habe sich nicht gerührt. Ich gehe zurück zur Königin und erzähle ihr, dass er den ganzen Vormittag verschlafen hat und immer noch schläft.
    Sie nickt und sagt, sie werde das Frühstück in ihren Gemächern einnehmen. In der großen Halle bricht der Duke of Somerset das Fasten mit dem Hof. Es wird nicht viel gesprochen, wir warten auf weitere Nachrichten aus Frankreich. Doch wir fürchten uns auch davor.
    Der König schläft bis Mittag.
    «Ist er krank?», frage ich den Kammerjunker. «Normalerweise schläft er doch nie so lange, oder?»
    «Er hat einen Schock erlitten», sagt der Mann. «Das weiß ich, weil er weiß wie eine Taube in seine Gemächer gekommen ist und sich wortlos ins Bett gelegt hat.»
    «Er hat nichts gesagt?» Ich schäme mich, dass ich diese Frage stelle.
    «Nichts. Kein Wort. Zu niemandem.»
    «Schickt nach mir, sobald er aufwacht», sage ich. «Die Königin macht sich Sorgen um ihn.»
    Der Mann nickt, und ich gehe in die Gemächer der Königin und sage ihr, dass der König sich zum Schlafen hingelegt und zu niemandem ein Wort gesagt hat.
    «Er hat nichts gesagt?», wiederholt sie, genau wie ich.
    «Nichts.»
    «Er muss es gesehen haben», sagt sie.
    «Er hat es gesehen», bestätige ich grimmig.
    «Jacquetta, was glaubt Ihr, was er tun wird?»
    Ich schüttele den Kopf. Ich weiß es nicht.
    Er schläft den ganzen Tag. Jede Stunde gehe ich zur Tür des Königs und frage, ob er aufgewacht ist. Jede Stunde kommt der Kammerjunker heraus, jedes Mal mit besorgterer Miene, und schüttelt den Kopf. «Er schläft immer noch.» Als die Sonne untergeht und man die Kerzen für das Abendessen anzündet, schickt die Königin nach Edmund Beaufort.
    «Ich empfange ihn in meinem Audienzzimmer», sagt sie. «So kann jeder sehen, dass wir uns nicht heimlich treffen. Aber stellt Euch bitte vor uns, damit wir vertraulich reden können.»
    Er

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