Die Mutter der Königin (German Edition)
ausreichend Bewegung bekommt. Jeden Tag versichere ich ihm, es gehe ihr gut, ihr Bauch wachse, wie er solle, und ich sei mir sicher, das Kind sei stark und gesund.
Fast jeden Tag bringt er ihr ein kleines Geschenk, ein Blumensträußchen, ein Gedicht, einen kleinen Jungen, der für sie tanzt, ein Kätzchen. Der König, die Königin und der Herzog reisen in völliger Harmonie über die grünen Landstraßen von Dorset, und wann immer die Königin aus ihrer Sänfte steigt oder eine Treppe hinaufgehen will, ist der Herzog zur Stelle und reicht ihr den Arm, um sie zu stützen.
Ich habe ihn immer als Charmeur betrachtet, als Verführer, als Halunken, doch jetzt erkenne ich seine bessere, eine äußerst zärtliche Seite. Er behandelt sie, als wollte er ihr jegliche Mühsal ersparen, als habe er sein Leben ganz ihrem Glück gewidmet. Er dient dem König als überaus treuer Freund und ihr als wahrer Ritter. Mehr als das möchte ich nicht sehen; mehr zu sehen verbiete ich mir.
Im August kommen wir nach Wiltshire und wohnen im alten königlichen Palast in Clarendon in den saftigen Feuchtwiesen in der Nähe von Salisbury. Ich liebe die Kalkwiesen und die breiten, wasserreichen Täler. Stundenlang veranstalten wir Treibjagden durch die Wälder, und dann preschen wir hinaus auf das baumlose Hügelland und galoppieren über die gleichmäßig gemähten Wiesen. Wenn wir rasten, um etwas zu essen, liegt uns halb England zu Füßen. Der Palast ist eingebettet zwischen Blumenwiesen, die das halbe Jahr überschwemmt sind und Seen bilden, doch in diesem Hochsommer werden sie von einem Netzwerk aus klaren Bächen, Teichen und Flüssen durchzogen. Der Herzog geht mit der Königin angeln und schwört, sie werden zum Abendessen einen Lachs fangen. Sie ruht den größten Teil des Tages im Schatten, während er die Schnur auswirft und ihr die Angelrute zum Halten gibt. Dann wirft er die Schnur wieder aus, während die Libellen über den Sumpfdotterblumen tanzen und die Schwalben tief über das Wasser fliegen und ihre kleinen Schnäbel in ihre dahinschießenden Spiegelbilder tunken.
Wir kommen spät am Abend nach Hause, wenn die Wolken wie pfirsichfarbene und zitronengelbe Bänder über den Horizont ziehen. «Morgen wird wieder ein wunderschöner Tag», sagt der Herzog voraus.
«Und übermorgen?», fragt die Königin.
«Warum nicht? Warum sollte nicht jeder Tag Eures Lebens wunderschön sein?»
Sie lacht. «Ihr wollt mich verwöhnen.»
«Ja, das würde ich gern», sagt er voller Wärme. «Ich wünsche Euch, jeder Eurer Tage möge wunderschön sein.»
Er reicht ihr den Arm, um ihr die Steinstufen zur großen Tür der Jagdhütte hinaufzuhelfen. «Wo ist der König?», fragt er einen der Kammerjunker.
«In der Kapelle, Euer Gnaden», antwortet der Mann. «Mit seinem Beichtvater.»
«Dann begleite ich Euch zu Euren Gemächern», sagt Edmund Beaufort zur Königin. «Soll ich Euch bis zum Abendessen Gesellschaft leisten?»
«Ja, kommt.»
Die Hofdamen setzen sich auf Schemel und Fenstersitze, die Königin und der Herzog lassen sich in einer Fensterlaibung nieder, stecken die Köpfe zusammen und unterhalten sich leise. Plötzlich klopft es, die Tür wird aufgerissen, und herein kommt mit ernstem Gesicht ein Bote aus Frankreich, noch schmutzig von der Straße. Niemand zweifelt auch nur einen Augenblick daran, dass er schlechte Nachrichten bringt.
Der Herzog springt auf. «Nicht jetzt», sagt er scharf. «Wo ist der König?»
«Er hat den Befehl erteilt, nicht gestört zu werden», sagt der Mann. «Doch mein Befehl lautet, so schnell wie möglich hierherzukommen und meine Nachricht unverzüglich zu überbringen. Also komme ich zu Euch. Es geht um Lord Talbot, Gott sei ihm gnädig, und um Bordeaux.»
Der Herzog packt den Mann am Arm und marschiert ohne ein Wort zur Königin mit ihm zur Tür hinaus. Sie ist aufgesprungen, und ich eile zu ihr. «Seid ganz ruhig, Euer Gnaden», sage ich rasch. «Ihr müsst ruhig bleiben, um des Kindes willen.»
«Wie lautet die Nachricht?», fragt sie. «Wie lautet die Nachricht aus Frankreich? Edmund!»
«Einen Augenblick», ruft er über die Schulter und kehrt ihr den Rücken zu, als wäre sie eine gewöhnliche Frau. «Wartet einen Augenblick.»
Die Hofdamen keuchen ob seiner Schroffheit schockiert auf, doch ich lege ihr den Arm um die Taille und sage: «Kommt und legt Euch hin, Euer Gnaden. Der Herzog bringt Euch die Nachricht, sobald er sie weiß.»
«Nein», sagt sie und löst sich aus meinem Griff.
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