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Die Mutter der Königin (German Edition)

Die Mutter der Königin (German Edition)

Titel: Die Mutter der Königin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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Kälte zugezogen. Man hilft Bedfords Gemahlin, Herzogin Anne, heraus. Unsere Männer begrüßen sie mit gedämpften Hurrarufen. Sie stammt aus dem Hause Burgund, unseren Lehnsherren und Verwandten, und so verneigen wir uns vor ihr. Sie ist so unscheinbar wie die ganze Burgunder Linie, die armen Dinger, aber ihr Lächeln ist fröhlich, und sie begrüßt ihren Gemahl herzlich. Dann steht sie neben ihm, hat sich locker bei ihm untergehakt und sieht sich mit heiterem Gesicht um. Sie winkt meiner Tante zu und deutet zur Burg: Wir sollen später zu ihr kommen. «Wir gehen zum Abendessen», flüstert meine Tante mir zu. «Niemand speist besser als die Herzöge von Burgund.»
    Bedford nimmt den Helm ab, verneigt sich vor der versammelten Menge und winkt den Menschen, die sich aus Fenstern lehnen und auf Gartenmauern balancieren, knapp mit einem Panzerhandschuh zu. Dann dreht er sich um und führt seine Frau hinein, und zurück bleibt das Gefühl, einer Schauspielergruppe bei der Eröffnungsszene eines Wandertheaters zugesehen zu haben. Doch ob es nun ein Maskenspiel ist, ein Fest, ein Begräbnisritual oder das Ködern eines wilden Tieres, was so viele der größten Häupter Frankreichs nach Rouen geführt hat: Es wird in Kürze beginnen.

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    Rouen
FRÜHJAHR 1431
    U nd dann verderben sie es. Sie setzen ihr mit gelehrten Fragen zu, zweifeln ihre Antworten an, drehen ihr die Worte im Mund herum, schreiben Dinge nieder, die sie in Momenten der Erschöpfung sagt, und setzen sie später wieder diesen Dingen aus, drücken sich überaus gelehrt aus und fragen sie, was sie davon hält, sodass sie die Frage nicht versteht und einfach nur sagt: «Können wir das auslassen?» oder «Erspart mir das.» Ein- oder zweimal sagt sie nur: «Ich weiß es nicht. Ich bin ein einfaches Mädchen und habe nichts gelernt. Wie soll ich so etwas wissen?»
    Mein Onkel erhält einen bitteren Brief von Jolanthe von Aragón. Sie schreibt, sie sei überzeugt, der Dauphin werde das Lösegeld für Johanna zahlen, doch sie brauche noch ein paar Tage, um ihn zu überreden, ob wir den Prozess nicht verschieben können? Nur für ein paar Tage? Aber die Kirche hat das Mädchen fest in den Klauen ihrer Befragung und lässt es nicht mehr los.
    Alles, was hochgelehrte Männer tun können, um einfache Wahrheiten zu verdunkeln, um eine Frau dazu zu bringen, ihren Gefühlen zu misstrauen, um ihre Gedanken zu verwirren, das tun sie mit ihr. Sie nutzen ihre Gelehrsamkeit, um sie von einer Hürde zur nächsten zu treiben, um sie schließlich in Widersprüche zu verwickeln, die sie gar nicht versteht. Manchmal klagen sie sie auf Latein an, dann sieht sie sie an, verwirrt von einer Sprache, die sie nur aus der Kirche kennt, aus der Messe, die sie liebt. Wie können diese Laute, diese vertrauten, geliebten Worte, die für sie so feierlich und so musikalisch sind, zur Stimme der Anklage werden?
    Zuweilen führen sie auch schändliche Dinge gegen sie ins Feld, alte, derbe Geschichten aus Domrémy, in der Sprache ihrer eigenen Leute, von Eitelkeit und falschem Stolz. Sie behaupten, sie hätte einem Mann vor der Ehe den Laufpass gegeben, sie wäre von guten Eltern weggelaufen, sie hätte in einer Bierschänke gearbeitet und wäre so freigebig mit ihrer Gunst gewesen wie eine Dorfhure, sie behaupten, sie wäre als Dirne mit Soldaten mitgeritten, sie wäre keine Jungfrau, sondern eine Hure, alle wüssten das.
    Anne, die weichherzige Duchess of Bedford, muss persönlich bestätigen, dass Johanna Jungfrau ist, und fordern, dass den Männern, die sie bewachen, verboten wird, sie zu berühren oder zu misshandeln. Es muss ihnen gesagt werden, dass es nicht Gottes Wille ist, wenn sie sich an ihr vergreifen. Kaum ist dieser Befehl ergangen, sagen sie, nun, da sie sicher sei, beschützt vom Wort der Herzogin, gebe es keine Entschuldigung mehr, Männerkleidung zu tragen. Sie müsse ein Kleid anziehen, denn es sei für eine Frau eine Sünde, eine Todsünde, Hosen zu tragen.
    Sie verdrehen ihr den Kopf, sie verwirren sie über alle Maßen. Sie sind große Kirchenmänner, und Johanna ist ein Bauernmädchen, eine gläubige Jungfrau, die sich immer so verhalten hat, wie die Priester es vorgeschrieben haben, bis sie die Stimmen von Engeln gehört hat, die ihr eingegeben haben, mehr zu tun. Am Ende weint sie; sie bricht zusammen und weint wie ein Kind, sie zieht ein Kleid an, wie es ihr befohlen wird, und beichtet alle Sünden, die sie ihr aufzählen. Ich weiß nicht, ob

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