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Die Mutter der Königin (German Edition)

Die Mutter der Königin (German Edition)

Titel: Die Mutter der Königin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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doppelt so viele Lancastrianer wie Yorkisten erkennen, vielleicht sogar noch mehr. Dies wird keine Schlacht, dies wird ein Gemetzel.
    «Wo ist Lord Stanley?», fragt die Königin. «Er wollte den Angriff anführen, aber ich habe ihm befohlen, im Rückhalt zu bleiben. Wo ist er?»
    Ich sehe mich um. «Könnte er sich in einem Hinterhalt verstecken?»
    «Seht!», sagt sie plötzlich.
    Das Herz der yorkistischen Armee weicht da, wo es eigentlich am stärksten sein müsste, vor den Pfeilen zurück.
    «Sie setzen sich ab!», ruft die Königin. «Wir siegen! So schnell!»
    Sie tun es wirklich. Die Männer wenden sich um und fliehen. Sofort donnert unsere Kavallerie den Hügel hinab hinter ihnen her. Ich verschränke die Hände, als ich sehe, wie Elizabeths Gemahl ganz weit vorne ins flache Wasser reitet, es durchquert und sich just in dem Augenblick das steile Ufer hinaufkämpft, da die yorkistische Armee aus unerklärlichen Gründen umschwenkt und sich wieder in die Schlacht stürzt. Mit erhobenen Waffen stürmt sie zurück aufs Feld.
    «Was geschieht denn jetzt?» Marguerite ist so verblüfft wie ich. «Was tun sie da?»
    «Sie kommen zurück», sage ich. «Sie sind umgeschwenkt. Es war eine List. Jetzt steckt unsere Kavallerie im Fluss fest, und die Yorkisten können vom Ufer aus gegen sie kämpfen. Sie haben unsere Männer aus ihrer guten Position in den Fluss gelockt, aus dem sie nicht herauskönnen.»
    Es ist ein grausamer Anblick. Unsere Männer in ihren Kampfrüstungen überschlagen sich mit ihren Pferden im Wasser, als sie versuchen, ans andere Flussufer zu gelangen, wo sie von den Yorkisten mit ihren Schwertern, Kriegsbeilen und Lanzen empfangen werden. Die Ritter fallen von den Pferden, können aber nicht auf die Füße kommen, um sich zu verteidigen, die Pferde stürzen im Wasser auf sie und zermalmen sie unter ihren Hufen. Manche werden auch von ihren Brustharnischen nach unten gezogen und ertrinken, wild um sich schlagend, im aufgepeitschten Wasser. Wer einen Steigbügel erwischt, versucht sich hochzuziehen, aber am trockenen Flussufer tanzen die Yorkisten auf und ab, sie sind schnell dabei, ein Messer in eine ungeschützte Achselhöhle zu stoßen oder sich über das Wasser zu beugen, um eine Kehle aufzuschlitzen. Ein starker Soldat watet, eine große Streitaxt schwingend, in den Fluss, und wieder fällt ein lancastrianischer Ritter ins rot gefärbte Wasser. Es ist ein wildes Gemenge aus Männern und Pferden. Daran ist nichts Schönes oder Edles oder gar Ordentliches, nicht wie in den Schlachten, aus denen Balladen entstehen oder die in Romanzen gefeiert werden. Es ist ein wildes Durcheinander aus bestialischen Männern, die einander im Blutrausch töten.
    Ein paar lancastrianische Lords kämpfen sich auf ihren schweren Schlachtrössern das Ufer hoch, durchbrechen die yorkistischen Linien und verschwinden – sie fliehen einfach. Doch schlimmer ist, dass die Kavalleristen zu Hunderten die Schwerter mit der Spitze nach unten fallen lassen, um zu zeigen, dass sie nicht mehr kämpfen, ihre Pferde zügeln, in Schritt verfallen und langsam und demütig auf die feindliche Linie zugehen.
    «Was tun sie?», fragt Marguerite bestürzt. «Was tut meine Kavallerie? Ist das eine List?»
    «Sie wechseln die Fronten», sage ich, die Hand an der Kehle, wie um mein wild pochendes Herz zu beruhigen. Ich habe entsetzliche Angst, John Grey könnte zum Verräter werden und die Königin und ich würden ihm dabei zusehen. Hunderte haben sich von unserer auf die yorkistische Seite geschlagen. Bestimmt ist er unter ihnen.
    «Meine Kavallerie?», fragt sie ungläubig.
    Ihre Hand stiehlt sich in meine. Stumm stehen wir da und beobachten den langsamen Zug der Reiter über das Schlachtfeld zu den Yorkisten, die Standarten zum Zeichen ihrer Kapitulation gesenkt. Vereinzelt kommen Pferde aus dem Fluss, treten aus, kämpfen sich aus dem Wasser und trotten davon. Aber viele, sehr viele Männer bleiben kämpfend im Fluss zurück, bis sie nicht mehr kämpfen können.
    «John», sage ich leise und denke an meinen Schwiegersohn, der die Kavallerieattacke angeführt hat. Nach allem, was ich weiß, ist er in seiner Rüstung versunken und nicht zum Verräter geworden. Aus dieser Entfernung kann ich weder seine Standarte noch sein Pferd erkennen. Er macht meine Tochter zur Witwe und seine beiden Söhne zu Halbwaisen, wenn er an diesem Nachmittag in dem blutgetränkten Wasser dort drüben ertrinkt.
    Die Armeen stellen das Gefecht ein und ziehen sich

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