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Die Mutter der Königin (German Edition)

Die Mutter der Königin (German Edition)

Titel: Die Mutter der Königin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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Erfahrung nützt uns hier nichts. Das sind rebellische Bauern, sie kämpfen in Gassen und im Verborgenen. Wir sollten warten, bis wir eine große Streitmacht versammelt haben, um sie zu überwältigen. Ich schicke noch eine Nachricht an den König und bitte um seinen Befehl.»
    Richard zögert, doch dann hält er es wohl für klüger, ihm nicht zu widersprechen. Er legt mir seinen Umhang um die Schultern und nimmt mich mit in seine Unterkunft. Wir haben unsere gewohnten Räume in der Nähe der königlichen Gemächer im Tower, doch es kommt mir seltsam vor, mit dem König und der Königin so weit fort, der hochgezogenen Zugbrücke und dem herabgelassenen Fallgatter, belagert von Menschen, die unsere Landsleute sind.
    «Das ist ungeheuerlich», sagt mein Gemahl kurz angebunden und schnippt dem Diener, er solle das Tablett mit Essen abstellen. «Ungeheuerlich. Und die Männer, die diese Unruhen niederschlagen sollten, sind entweder zu halbherzig oder zu ängstlich, um etwas zu tun. Geh ins Bett, mein Herz; ich komme zu dir, sobald ich eine Wache postiert habe. Wer hätte gedacht, dass wir einmal mehr oder weniger belagert im Tower of London sitzen? Im Krieg in England gegen Engländer? Nicht zu fassen.»

    Wir leben unter Belagerung im Tower, im Krieg mit unserem eigenen Land, umstellt in unserer eigenen Hauptstadt. Mein Gemahl schickt jeden Tag Männer und sogar Küchenmägde aus, die auf dem Marktplatz und an den Stadttoren die Ohren aufsperren sollen. Sie berichten uns, dass Cades Armee südlich des Flusses kampiert und sich ihr jeden Tag mehr Männer anschließen. Richards größte Angst ist, dass der Aufstand um sich greift und die Männer von Hampshire und Sussex sich denen von Kent anschließen. «Was ist mit unserem Haus in Grafton?», frage ich ihn und denke an die Kinder. «Soll ich zu ihnen zurückkehren?»
    «Die Straßen sind nicht sicher genug», sagt er und macht vor Sorge ein finsteres Gesicht. «Ich lasse dich mit einer Eskorte gehen, sobald ich weiß, was los ist. Aber ich weiß nicht einmal, ob der König in Kenilworth sicher ist. Wir haben ihm Nachrichten geschickt, aber noch nichts von ihm gehört. Wenn er belagert wird …» Er unterbricht sich.
    Es kommt mir vor wie das Ende der Welt. Wenn das gemeine Volk sich gegen den König erhebt, wenn es Waffen trägt, die es uns entrissen hat, wenn es von einem Mann befehligt wird, der von uns ausgebildet wurde und der über die Verluste in Frankreich verbittert ist, dann gibt es keine Hoffnung auf einen Fortbestand der Welt, wie wir sie kennen. Retten könnte uns nur ein heldenmütiger König, der vom Volk geliebt wird – doch wir haben nur König Henry, der sich in Kenilworth versteckt und seine wunderschöne Rüstung nach ihrem ersten und einzigen Ausflug abgelegt hat.
    Von der Rebellenarmee erreicht uns eine Nachricht: Die Aufständischen verlangen, dass wir Lord Say, den Mann, der in Kent die Befehlsgewalt innehatte, hinausschicken, damit sie ihm den Prozess machen können. «Wir können ihn nicht ausliefern», sagt mein Gemahl zum Kommandanten, Lord Scales. «Sie werden ihn umbringen.»
    «Wir halten ihn hier unter Arrest, weil ihm Verrat vorgeworfen wird», sagt der Lord recht vernünftig.
    «Der König hat ihn hergeschickt, damit er in Sicherheit ist, und nicht, um ihn des Verrats anzuklagen, wie wir beide wissen, Mylord. Der König hätte ihn freigelassen. Ihr wisst, dass der König ihm alle seine Taten verziehen hätte.»
    «Wenn er nicht getan hat, wessen er bezichtigt wird, dann kann er ihnen das sagen», entgegnet Lord Scales.
    Mein Gemahl flucht leise vor sich hin, bevor er laut fortfährt: «Mylord, wenn wir Lord Say hinausschicken, werden sie ihn töten, ob er schuldig ist oder nicht. Es wäre keine Freilassung, es hieße, ihn schutzlos dem sicheren Tod auszuliefern. Wenn Euch das gleichgültig ist, dann frage ich Euch, was Ihr tun werdet, wenn die Rebellen nach mir rufen. Und was sollen wir tun, wenn es sie nach Euch verlangt?»
    Seine Lordschaft sieht ihn finster an. «Ich war nicht derjenige, der gesagt hat, er wolle Kent entvölkern. Ich habe nicht gesagt, sie wären zu gut, um gehängt zu werden, man solle sie einfach ins Meer werfen.»
    «Ihr seid ein Berater des Königs, wie wir alle. Sie könnten jeden von uns benennen und verlangen, dass er an sie ausgeliefert wird. Wollen wir jetzt den Dienern gehorchen? Sind sie unsere neuen Herren?»
    Lord Scales erhebt sich von seinem Stuhl hinter dem großen dunklen Holztisch und geht zu der

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