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Die Mutter der Königin (German Edition)

Die Mutter der Königin (German Edition)

Titel: Die Mutter der Königin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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König angeführt hat, dass er einen Lord getötet hat und in London einmarschiert ist.
    Einige von ihnen betrachten dies als Schwäche des Königs, doch die Mehrheit schätzt sich glücklich, ungeschoren davonzukommen. Und so gehen sie zurück in ihre bescheidenen Hütten – obwohl sie ihre Steuern nicht zahlen können und man ihnen keine Gerechtigkeit widerfahren lässt, obwohl die großen Lords sie schikanieren – und hoffen auf bessere Zeiten. Sie stehen genauso da wie vorher, sie sind nur verbitterter. Doch die guten Zeiten sind für sie noch nicht angebrochen.
    Das gilt nicht für Cade. Ich finde meinen Gemahl, das Gesicht finster vor Zorn, in den Ställen, wo er befiehlt, unsere Pferde zu satteln. Wie es scheint, kehren wir nach Grafton zurück. Ja, wir gehen «sofort!». Wenn wir eine gute Eskorte mitnehmen, sind die Straßen sicher genug.
    «Was ist los?», frage ich. «Warum jetzt? Kommt der König nicht? Sollten wir nicht in London bleiben?»
    «Ich ertrage weder seinen Anblick noch ihren», erwidert er kategorisch. «Ich will eine Weile nach Hause. Wir kommen wieder, natürlich kommen wir wieder – in dem Augenblick, da sie nach uns schicken. Aber bei Gott, Jacquetta, ich ertrage es keinen Moment länger am Hofe.»
    «Warum? Was ist geschehen?»
    Er kehrt mir den Rücken zu und schnallt seinen Reiseumhang an den Sattel. Ich trete hinter ihn und lege ihm die Hände auf die Schultern. Langsam dreht er sich zu mir um. «Ich sehe, dass du zornig bist», sage ich. «Aber sprich mit mir. Sag mir, was passiert ist.»
    «Die Begnadigungen», zischt er mit zusammengebissenen Zähnen. «Diese verdammten Begnadigungen. Diese vielen hundert Begnadigungen.»
    «Ja?»
    «Jack Cade hat seine Begnadigung auf den Namen John Mortimer entgegengenommen, auf den Namen, unter dem er in die Schlacht gezogen ist.»
    «Und?»
    «Sie haben ihn gejagt, trotz der Begnadigung, und sie haben ihn festgesetzt, trotz der Begnadigung. Er hat ihnen sein Begnadigungsschreiben gezeigt, unterzeichnet vom König, gesegnet vom Bischof, ausgestellt auf den Namen John Mortimer. Aber sie werden ihn unter dem Namen Jack Cade hängen.»
    Ich erstarre, das begreife ich nicht. «Der König hat ihn begnadigt. Er muss nur sein Schreiben vorzeigen, sie können ihn nicht hängen.»
    «Das Begnadigungsschreiben des Königs lautet auf den Namen, unter dem sie ihn kennen. Hängen werden sie ihn unter einem anderen.»
    Ich zögere. «Richard, er hätte nie begnadigt werden dürfen.»
    «Nein. Aber so zeigen wir allen, dass seine Sache an sich gerecht war. Er hat gesagt, es herrsche kein Recht, die Lords und der König täten, wie es ihnen beliebe. Hiermit beweisen wir es. Wir befrieden ihn auf dem Schlachtfeld, während er bewaffnet und stark ist und wir schwach sind, wenn er dem Sieg nahe ist und wir im Tower in der Falle hocken. Wir begnadigen ihn, er hat unser Ehrenwort, doch wir brechen es in dem Augenblick, da er ein Flüchtling ist. Auf der Begnadigung steht der Name des Königs, der König hat ihm sein Wort gegeben. Doch es erweist sich als wertlos. Die Begnadigung ist nicht mehr wert als das Papier, die Unterschrift des Königs nicht mehr als die Tinte. Es gibt keine Einigung, es gibt keine Gerechtigkeit, wir verraten unsere eigene Sache, wir werden meineidig.»
    «Er ist dennoch unser König, Richard. Richtig oder falsch, er ist und bleibt unser König.»
    «Ich weiß, und deswegen sage ich, dass wir an den Hof zurückkehren und ihm wieder dienen werden. Er ist unser König, wir sind seine Untertanen. Er hat uns unseren Namen und unser Vermögen verliehen. Im Herbst werden wir an den Hof zurückkehren. Aber ich schwöre dir, Jacquetta, diesen Sommer ertrage ich es einfach nicht.»

[zur Inhaltsübersicht]
    Grafton, Northamptonshire
SOMMER 1450
    I m Hochsommer, als die Ernte eingebracht wird und die Kälber von den Kühen abgesetzt werden, kehren wir nach Hause zurück. Auf dem Speicher liegen die Äpfel ordentlich in Reih und Glied, und Lewis, der inzwischen zwölf ist, hat die Aufgabe, täglich mit einem Korb hochzugehen und acht Äpfel für die Kinder zu holen, die sie nach dem Abendmahl essen.
    Das werdende Leben in meinem Leib erschöpft mich, und da die Abende kühl und still sind, sitze ich gern in meiner kleinen Kammer am Feuer und höre Richards Cousine zu, wenn sie aus der Familienbibel vorliest. Louise ist als Gouvernante für die Älteren und als Kindermädchen für die Jüngeren im Haus. Mit seinen acht Jahren liest Anthony schon

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