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Die myrrhischen drei Könige: Roman (German Edition)

Die myrrhischen drei Könige: Roman (German Edition)

Titel: Die myrrhischen drei Könige: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Seth Grahame-Smith
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Protestgeschrei, was Herodes keineswegs von seinem Vorhaben abbrachte, ihn allerdings an etwas erinnerte: »Tötet den Mann«, sagte er, bevor er auf die Tür zuging. Dann, als sei es ihm erst nachträglich eingefallen, drehte er sich um und nickte den Wachen zu.
    »Mit den Frauen könnt ihr machen, was ihr wollt.«
    Der Admiral hätte vor Staunen lachen können. Wenn der Mann vor ihm der Geist von Antiochia war, und der Geist von Antiochia die kleine Ratte, die er vor all den Jahren auf dem Forum mit der Klinge geschnitten hatte, dann …
    Dann habe ich ihn erschaffen … Ich habe den Geist von Antiochia erschaffen.
    »Er war dein … Bruder«, sagte der Admiral. »Der Junge auf dem Forum …«
    Der Admiral sagte dies ganz ohne Herablassung. Im Gegenteil, in seinen Worten schwang echtes Mitgefühl mit. Traurigkeit. Es rührte den Admiral tatsächlich, was sich da vor ihm abspielte. Alle möglichen Gefühle überwältigten ihn, unter anderem Traurigkeit. Das Schicksal versetzte ihn in Staunen. Von sämtlichen Kerkern auf der Welt war er zu diesem hier geschickt worden. Er war gesandt worden, ein Monster zu bewachen, das er selbst erschaffen hatte.
    »Ich werde dich umbringen«, sagte Balthasar.
    »Ich weiß.«
    »Ich schwöre es …«
    »Ich weiß … ich weiß es.« In seiner Stimme schwang eben diese Traurigkeit mit. »Mein Gott, wofür du mich halten musst …«
    Der Admiral kam noch näher. So nah, dass Balthasar die geplatzten Äderchen an seiner Nasenspitze sehen konnte. Die Narben eines weinseligen Lebens. Nachdem der Admiral Balthasars Gesicht gemustert hatte, trat er zurück und ließ sich auf dem Stuhl des Herodes nieder. Ihm entrang sich ein Seufzen.
    »Ich habe Söhne, weißt du«, sagte er. »Vier. Mittlerweile sind sie natürlich erwachsen, aber ich kann mich noch an die Angst erinnern. Diese Angst, dass man sie mir wegnehmen könnte. Und wenn jemand ihnen etwas zuleide getan hätte, als sie noch klein waren, tja …«
    »Er war ein Junge …« Die Worte allein trieben Balthasar erneut Tränen in die Augen.
    »Er war ein Dieb«, sagte der Admiral. »Und ich war Offizier, in einer Stadt, in der ein Römer nicht von einer Straßenseite auf die andere wechseln konnte, ohne bestohlen zu werden.«
    » ER HATTE KEINE AHNUNG !«
    Und das ist es, was am meisten wehtut, wenn man es sich einmal recht überlegt. Seine Miene. Ich sehe sie immer wieder vor meinem geistigen Auge. Diese Angst, diese Verwirrung. Warum, Bal-fasa? Was habe ich denn getan? Warum tut mir der Mann weh, Bal-fasa? Ich habe zu dir aufgesehen. Ich habe dich geliebt und nachgeahmt, Bal-fasa, und das hier wäre mir nicht passiert, wenn du nicht so böse wärst, Bal-fasa. ES IST DEINE SCHULD , BAL - FASA . ES IST DEINE …
    Balthasar biss die Zähne zusammen und versuchte, die Tränen zu unterdrücken. Doch sie kamen.
    »Er hatte keine Ahnung«, sagte Balthasar. »Er war gut . Er hätte ein gutes Leben gehabt. Ein schönes Leben. Und du hast es geraubt. Du hast alles geraubt, was er je gehabt hätte. Was wir … was wir je gehabt hätten.«
    »Vielleicht«, sagte der Admiral. »Vielleicht hätte er ein gutes Leben gehabt. Vielleicht hätte er auch ein unglückliches Leben gehabt. Aber du …« Er erhob sich vom Stuhl des Herodes und kam wieder näher. »Sieh dich an. Du hast dein ganzes Leben dem Ziel gewidmet, mich umzubringen. Und jetzt geht es zu Ende. Nutzlos. Unerfüllt. Du bist ein schlauer Mann, ein starker Mann. Du hättest alles tun können. Du hättest um ihn trauern und darüber hinwegkommen können. Du hättest deine Liebe finden und ein Vermögen machen können, eigene Kinder haben. Aber du hast dein Leben vergeudet.«
    Eine Stimme flüsterte Balthasar ins Ohr: Wie ehrt das Töten sein Andenken? Wie bringt es dich dem auch nur ein Stückchen näher, Abdi wieder in den Armen zu halten? Ist es nicht besser, davon abzulassen? Wirst du nicht so zum stärkeren Mann? Abgesehen davon hatte dieser Admiral recht. Balthasar hatte sein ganzes Dasein der Rache verschrieben. Sein ganzes Wesen war auf ein einziges, mörderisches Ziel ausgerichtet. Doch jetzt, da er so nahe dran war, stellte sich eine neue, Furcht einflößende Frage: Und was dann? Welchen Sinn hat dein Leben hinterher? Was kommt als Nächstes?
    »Es hat dich nicht losgelassen«, sagte Balthasar. »Sein Gesicht … Ich weiß, dass es so ist …«
    Der Admiral sah ihn voll aufrichtigem Mitleid an. »Die Wahrheit?«, fragte er. »Sieh mich an. Soll ich dir die Wahrheit

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