Die myrrhischen drei Könige: Roman (German Edition)
Teil darauf verwendet, meine Gesundheit wiederherzustellen. Oder dachtest du, ich wäre wie durch ein Wunder von allein genesen?«
Jetzt erhob sich der Magier, erwachte aus seiner Trance und erwog die äußerst heikle Situation, in der er sich auf einmal befand.
Pilatus war verwirrt. Genauso erging es den Kurtisanen des Herodes und den Beratern, seinen weisen Männern und Frauen. Alle tauschten hinter dem Rücken des Herodes verwirrte Blicke aus.
Soll das ein Witz sein?
»Richte Augustus aus«, fuhr Herodes fort, »dass ich nicht länger seine Marionette bin.«
»Seid Ihr des Wahnsinns?«, fragte Pilatus. »Augustus ist der Herr der Welt! Was seid Ihr denn schon außer einem kränklichen kleinen Witz von einem König?«
» UNVERSCHÄMTHEIT ! Ich sollte dich auf der Stelle umbringen lassen!«
Die bloße Andeutung ließ die Offiziere des Pilatus ihre Schwerter ziehen, was dazu führte, dass die judäischen Wachen des Herodes die ihren zückten. Pilatus hob eine Hand – immer mit der Ruhe …
»Habt Ihr auch nur die geringste Vorstellung, was er mit Euch anstellen wird?«, fragte Pilatus.
»Soll er es nur versuchen!«, sagte Herodes lachend. »Der Magier hat mir seine Treue geschworen! Seine Fähigkeiten sind meine Fähigkeiten!«
Pilatus sah an Herodes vorbei und blickte dem Magier direkt in die schwarzen Augen. Er wollte wissen, ob dem tatsächlich so war.
Der Magier hatte eine Entscheidung zu treffen.
Ja, Augustus wusste ihn nicht zu schätzen. Ja, der Magier wollte endlich unabhängig handeln, seine Fähigkeiten einsetzen, um einen verloren gegangenen Glauben wieder aufzubauen. Doch gleichzeitig war er der Letzte seiner Art. Und dies ließ seinen Selbsterhaltungstrieb umso stärker werden. Herodes hatte wie der ideale Katalysator für seine Verwandlung gewirkt – ein mächtiger Mann, der sich kontrollieren, ausnutzen und dann fallen lassen ließ. Doch er war offensichtlich dabei, verrückt zu werden. Erklärte dem Kaiserreich mir nichts, dir nichts den Krieg. Das war niemand, mit dem man gemeinsame Sache machen wollte. Man musste nicht im Teesatz lesen, um zu sehen, wie das Ganze ausgehen würde. Er würde leben und einen weiteren Tag kämpfen.
Der Magier wies Pilatus mit einem Nicken auf etwas hin. Pilatus begriff.
»Macht schon«, sagte Pilatus zu Herodes und wies auf den großen Spiegel. »Seht selbst. Seht, was der Magier für Euch getan hat.«
Herodes drehte sich lachend um, weil er sehen wollte, ob der Magier genauso belustigt war wie er. Doch statt des leichten Feixens, das er sich erhofft hatte, erblickte er eine steinerne Miene. Herodes spürte Angst in seinem Magen aufkeimen.
»Na schön.« Herodes drehte sich wieder Pilatus zu.
Und so trat Herodes vor den Spiegel, bereit, die vollen Wangen und die glatte Haut zu bewundern, die ihm nun schon seit zwei glorreichen Tagen entgegenlächelten. Doch als er diesmal hineinsah …
»Nein …«, flüsterte er.
Die Illusion war verschwunden. Seine kränkliche Blässe und gelben Augen waren wieder da. Seine eingefallenen Wangen und Wunden, aus denen faulige Milch nässte.
» NEIN ! Es kann nicht sein!«
»Ihr seid kein König«, sagte Pilatus, der Herodes über die Schulter sah. »Ihr seid noch nicht einmal ein Mann. Ihr seid nichts .«
Rückblickend stimmten die Überlebenden überein, dass dies der Augenblick war, in dem Herodes den Verstand völlig verlor. Der Augenblick, in dem ihm klar wurde, dass alles, woran er glaubte, eine Lüge war. Dass seine visionäre Kraft ihn letztlich vollständig im Stich gelassen hatte. Er war schon früher in Wahnsinn verfallen, doch nach dem Gewittersturm hatten sich die Wolken stets wieder gelichtet. Aus diesem Wahnsinn jedoch gab es kein Zurück mehr.
Schreiend riss Herodes einer Wache das Schwert aus der Hand. Die Männer des Pilatus zerrten ihren Kommandanten in der Überzeugung zurück, dass Herodes ihn angreifen wollte. Doch Herodes hatte kein Interesse an Pilatus. Er rannte trotz seiner schwächlichen Konstitution quer durch den Thronsaal, hob das Schwert hoch in die Luft und schrie die ganze Zeit über: » VERRÄTER !«
Herodes rannte die Stufen zu seinem Thron empor und schlug dem Magier mit einem Hieb den Kopf ab. Der Kopf fiel auf den Steinboden, gefolgt vom Körper des Magiers. Blut floss in Strömen aus seinem Hals auf den Steinboden – und mit ihm der letzte Rest der Meisterschaft des Menschen über eine uralte Dunkelheit.
Schreie erklangen überall im Thronsaal, während Herodes ohne
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