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Die myrrhischen drei Könige: Roman (German Edition)

Die myrrhischen drei Könige: Roman (German Edition)

Titel: Die myrrhischen drei Könige: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Seth Grahame-Smith
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den Thronsaal des Herodes niemals lebendig verlassen würde. Der Riese fiel nach vorn. Es fühlte sich an, als wäre sein Kopf voll Wein. Im nächsten Moment konnte er sich nicht mehr an seinen eigenen Namen erinnern. Noch einen Augenblick später war er tot, und Herodes schrie: »Das Kind wird sterben! Das Kind wird sterben, und der Geist von Antiochia mit ihm!«
    Es würde keine politischen Erwägungen geben. Er würde keine Diskussionen abhalten oder Berater zu Rate ziehen. Diese Dinge würden einfach geschehen, egal, wie viele Männer oder Schätze es kostete. Sie würden geschehen, selbst wenn er alle Söhne in allen Dörfern Judäas umbringen musste.
    Noch nicht einmal der Anblick dieses verräterischen Blutes, das über den Boden strömte, dieses verräterischen Mundes, der dümmlich offen stand, konnte die Wirkung dessen abmildern, was der Riese gesagt hatte. Wie der Geist von Antiochia ihn verhöhnte. Und so ging Herodes im Kreis und spuckte jene seltsamen, zusammenhanglosen Laute aus seiner wunden Kehle, während seine Berater schweigend abwarteten. Abwarteten, dass sein Zorn nachließ – denn es war genauso unmöglich, den Wutanfall ihres Königs zu beenden, wie einen Sturm dazu zu bringen, sich frühzeitig zu legen. Sie konnten sich nur verstecken und darauf warten, dass die Wolken sich verzogen. Als dies endlich geschah, sackte Herodes auf seinem Thron zusammen. Er zitterte erschöpft und wand sich vor Halsschmerzen … doch er lächelte. Lächelte, weil der Sturm den Keim einer Idee hinterlassen hatte.
    Herodes lächelte, denn hier war wieder einmal der Beweis, dass er mit der größten Gabe gesegnet war, die ein Herrscher besitzen konnte:
    Visionärer Kraft.
    Wo andere dürre Wüsten sahen, sah er zukünftige Städte. Wo andere die Asche beklagten, machte er sich die Flammen zunutze. Selbst jetzt, zusammengekauert auf seinem Thron, schwach vor Zorn, erblickte er eine Möglichkeit. Eine Methode, das Kind und den Geist mit einem Schlag zu erledigen und im Zuge dessen etwas noch Größeres zu erreichen.
    Der Kaiser …
    Wie alle Provinzkönige herrschte Herodes nur dank der Unterstützung Roms. Doch seine Beziehung zum Kaiserreich war seit dem römischen Bürgerkrieg, aus dem Augustus Caesar als endgültiger Sieger hervorgegangen war, angespannt. Verhängnisvollerweise hatte Herodes Augustus’ Erzrivalen Marcus Antonius unterstützt. Und obgleich er nicht gezögert hatte, dem neuen Caesar ewige und unerschütterliche Treue zu schwören, betrachtete Augustus den Marionettenkönig von Judäa seither mit Argwohn. Doch hier bot sich ihm die Gelegenheit, all das zu ändern. Er konnte die Beziehungen zu Rom verbessern und seine Dynastie in Judäa schützen. Hier war eine Gelegenheit, dem Kaiser zu schmeicheln und ihn gleichzeitig zu benutzen.
    Mit seinem letzten Rest Stimme rief Herodes einen Schreiber zu sich und diktierte einen Brief. Das Schreiben begann folgendermaßen:
    Mächtiger Augustus, Herr der Welt,
    ich verneige mich demütig vor Eurer Herrlichkeit und bitte Euch, Euch dazu herabzulassen, mir in einer höchst unheilvollen Angelegenheit mit Eurem Rat zur Seite zu stehen. Eine Angelegenheit von großer Wichtigkeit, nicht nur für Judäa, sondern für das ganze Kaiserreich …

Sechs Gefährten auf der Flucht ritten, auf die Rücken dreier Kamele verteilt, von Emmaus nach Süden: Caspar allein an der Spitze, Melchyor und Josef in der Mitte, und Balthasar, Maria und das Kind am Ende. Sie bewegten sich langsam über den Sand fort, weitab von den Straßen und den neugierig spähenden Blicken der Soldaten. Ihre Münder waren trocken, und ihre Feldflaschen beinahe leer. Keine Ehrenschuld verband sie. Keine Freundschaftsschwüre und kein gemeinsamer Glaube. Balthasar hatte seinen Gefährten das Leben gerettet und sie im Gegenzug das seine. In den Augen der Wüste waren sie quitt. Jetzt verband sie nur noch die gemeinsame Notwendigkeit, dem Zugriff des Herodes zu entkommen.
    Als die Mittagshitze ihnen die Rücken versengte, wachte das Kind auf und weinte. Da wurde Balthasar bewusst, dass er dessen Stimme zum ersten Mal seit ihrer Flucht aus Bethlehem vernahm. Angesichts all der Dinge, die das Baby in den letzten Tagen durchgemacht hatte, war es eigenartig ruhig geblieben, eigenartig still. Jetzt hallten Balthasar seine heftigen, kurzen Schreie in den Ohren und weckten das Kopfweh, das er beinahe vergessen hatte. Er war ausgedörrt, todmüde und halb verhungert. Mit jedem Schritt des Kamels strahlten heftige

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