Die nachhaltige Pflege von Holzböden
Blick, sah das Wasser heller aus, aber nicht frischer â milchig grau, ungesund, gesäumt von regenbogenfarbenen Ãlschlieren. Trotz des schönen Wetters war niemand auf dem Saumpfad â keiner der Jogger, Radler oder optimistischen Angler, die einen englischen Kanal beleben würden. Langsam ging ich den Pfad entlang und versuchte so zu tun, als wäre ich einfach nur ein Spaziergänger. Der Schweià brach mir aus und lieà den schwarzen Plastikknoten in meiner Hand rutschig werden. Das einzig Lebende weit und breit waren die ruppigen Unkrautbüschel, die aus dem bröckelnden Mauerwerk und den geborstenen Steinplatten quollen, und der unbegreiflich algige Schaum, der sich am Ufer abgesetzt hatte. Ich suchte den Boden vor mir nach irgendetwas ab, mit dem ich den Sack beschweren könnte. Wenn ich mir vorstellte, wie ich ihn ins Wasser warf, sah ich ihn mit einem Platsch landen und sich langsam um sich selbst drehen, während er sich allmählich in seine neue Umgebung einfügte, seinem Gewicht nachgab und versank, von kleinen Wellen verschluckt ⦠Dann wieder sah ich ihn auf der Oberfläche dahintrudeln, ein neues, schwarzes Inselchen, das in dem grauen Wasser schaukelte, ein Auswuchs der Schuld, der sich meiner Kontrolle entzog, ein Indiz ⦠Natürlich waren die Chancen gering, dass jemand darauf stoÃen könnte, doch ich verlieà mich nicht auf mein Glück. Nein, der Sack musste sinken, ganz und gar abtauchen. Ich brauchte ein Gewicht.
Je länger ich dem Kanal folgte, desto klarer wurde mir, dass ich ihn in meiner Erinnerung idealisiert hatte. Ich dachte, der Pfad wäre mit Steinen übersät, stattdessen lag aber nur allerlei Unrat herum, nichts davon schwer genug, um den Sack zu versenken. Holzsplitter, altersbraune Styroporklümpchen, Joghurtbecher, Limodosen, gebrauchte Kondome. Der Arm einer Schaufensterpuppe, mit fingerloser Hand. Ein wurmstichiges Taschenbuch ohne Deckel.
Nach einiger Zeit stieà ich auf ein kurzes, rostiges Eisenrohr, das mir zweckdienlich schien. Es war sicher schwer genug, und es lieà sich leicht am Plastiksack festbinden. Kaum war das getan, konstatierte ich überrascht, dass alle Vorbereitungen abgeschlossen waren und diese Stelle sich so gut wie jede andere für den letzten Akt eignete. Schnell sah ich mich um, ob auch keiner zuschaute. Der Pfad war in beiden Richtungen leer, und die wenigen Fenster, die darauf hinabblickten, waren traurige tote Höhlen, vergittert, teils mit ausgeschlagenen Scheiben, wie Schachbretter des Ruins. Ich schleuderte die Eisenstange mit dem Sack in hohem Bogen in die Mitte des Kanals. Sie trafen mit einem gröÃeren Platsch auf, als ich erwartet hatte, und der Sack versank, tauchte prompt als hässliche schwarze Blase wieder auf, ganz genau, wie ich es mir vorgestellt hatte, und wurde dann von der Eisenstange hinabgezogen. Ich sah zu, wie die konzentrischen Ringe sich auf dem Wasser ausbreiteten, und dachte an einen ekelhaften schwarzen Frosch mit einem auf- und abschwellenden Kropf unter dem Maul. Diese Blase war ein kleines Stückchen Atmosphäre, das im Kanal gefangen war. Wie lange würde es dauern, bis das Plastik sich zersetzte, die Luft heraussickerte und das kleine Tauchobjekt bis auf den Grund sank?
Ich hätte den Sack ja auch anstechen können, fiel mir ein, damit die Luft schneller austrat, aber damit hätte ich Geruch riskiert, und das ging gar nicht. Trotzdem befielen mich nun Zweifel, ob die Katzenleiche, allzu lange vor dem Wasser geschützt, überhaupt ordentlich verwesen würde. Oder würde sie vielleicht mumifizieren, wie ein ägyptisches Tempeltier in einem kleinen Haushaltshygienesarkophag? Doch so lange würde es wohl nicht dauern, bis das Wasser sie erreichte ⦠Möglicherweise war der Kanal aber auch so vergiftet, dass er wie Einbalsamierungsflüssigkeit wirkte, sodass die Katze doch noch um die Chance betrogen würde, sich geruhsam in Mikrobenschleim aufzulösen.
All das Grübeln über den weiteren Fortgang der Katze erfüllte mich mit nagenden Schuldgefühlen. Besser, das ganze Debakel jetzt erst mal zu vergessen â die Katze war weg, keine Katze mehr, überhaupt nichts mehr, nur noch abstrakt vorhanden, als Erinnerung. Meine rechte Hand war immer noch feucht vom Umklammern der Tüte. Die Wellen hatten sich geglättet, der Kanal hatte seine stagnierende Ruhe wieder. Man konnte nicht mehr sehen, an
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