Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die nachhaltige Pflege von Holzböden

Die nachhaltige Pflege von Holzböden

Titel: Die nachhaltige Pflege von Holzböden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Wiles
Vom Netzwerk:
welcher Stelle der Sack versunken war. Alles war still. Selbst das Hintergrundrauschen der Stadt war verstummt.
    Ich gelobte mir, den Kanal nie wieder aufzusuchen. Ende, aus, amen. Für immer würde ich ihm den Rücken kehren. Weiter vorn erspähte ich eine Treppe in der Kanalmauer, die zur Straße hinaufführte. Obwohl ich am Kanal entlang zurückgehen würde – gezwungenermaßen, da ich mich sonst unweigerlich verlaufen würde –, brauchte ich wenigstens nicht mehr dem Saumpfad zu folgen.
    Oben auf Straßenhöhe war keine Straße. Die Stufen führten hinauf zu einer ausgedehnten Brachfläche, auf der das Unkraut spross. Einen schrecklichen Moment lang dachte ich, die Stadt wäre verschwunden – wäre durch irgendeine Katastrophe von der Erde gefegt worden, während ich unten am Kanal war. Wie lange hatte ich mich dort aufgehalten? Wie weit war ich gelaufen – etwa bis jenseits der Stadtgrenze? Doch in der Ferne sah ich Gebäude, einen lang gestreckten, fabrikartigen Backsteinbau, dunkel und verfallen, dahinter eine Reihe Güterwagen. Weitere niedrige Gebäude verschwammen im Sommerdunst am Horizont. In der Richtung, aus der ich gekommen war, stand noch eine öde Industrieruine mit zerbrochenen Fenstern und wucherndem Grünzeug in den Rinnsteinen. Stille und Staub erfüllten die Luft.
    Ich schlug den Rückweg ein, dem Lauf des Kanals folgend, ein Patchwork verschiedenster Materialien unter den Sohlen: wacklige Ziegel im Fischgrätmuster, Kopfsteinpflaster, schiefe graue Betonplatten, festgestampfte nackte Erde. Die Substanz der Stadt hatte sich verändert, während ich am ewig gleichen Kanal entlangwanderte, und ich hatte nichts davon gemerkt. Die Augen gesenkt, auf der Suche nach ballasttauglichem Abfall, hatte ich den Wandel der Stadtsilhouette verpasst.
    Nichts bewegte sich, außer mir und den Staubwölkchen, die ich im Gehen aufwirbelte. Die Sonne stand im Zenit. Auf der anderen Seite des Kanals ragten drei Kräne auf, die Arme erhoben, als wollten sie die Augen vor dem grellen Licht abschirmen. Der alte Backsteinbau vor mir, sechs Stockwerke ausgeschlachtete Fabrik, von einem rohen Betongerippe abgestützt, reichte bis an den Kanal, sodass ich nicht weiter am Wasser entlanggehen konnte, ohne auf den Saumpfad abzusteigen. Die Alternative, für die ich mich entschied, bestand darin, vom Kanal abzubiegen und tiefer ins Industriegebiet vorzudringen. Eine Art Durchgang, parallel zum Kanal, öffnete sich in kurzer Entfernung; ich befürchtete nur, den Wasserlauf aus den Augen zu verlieren und damit die Orientierung einzubüßen. Aber die Sonne schien hell, und die Stille hier wirkte wenig bedrohlich – Angreifer würden sich doch wohl einen Platz aussuchen, an dem es Leute anzugreifen gab. Und hier gab es niemanden.
    Der parallele Durchgang war breit genug, um als Straße gelten zu können, nur dass das Wort »Straße« eine Art Leben oder Zielstrebigkeit voraussetzte, die hier gänzlich fehlten. In der Mitte verliefen Gleise, in das Kopfsteinpflaster eingelassen wie Trambahnschienen, aber völlig versandet, sicher jahrzehntelang nicht mehr in Betrieb. Die nüchternen Mauern der Gebäude waren mit Botschaften in mannshohen, abblätternden weißen Lettern verziert, die unterhalb der Dachtraufe entlangliefen. In England wären das die Namen der Firmeneigentümer gewesen – hier aber waren es vermutlich sozialistische Parolen, ihrer Bedeutung beraubt durch das Hinschwinden der Arbeiterschaft und der Produktion. Massenhaft Müll war zu beiden Seiten an den Wänden aufgestapelt – unidentifizierbare rostige Maschinenteile, zerbrochene Paletten, amorphe Haufen von Aktenordnern, die sich in zahllosen Regenfällen aufgelöst hatten. Ein Drehstuhl mit zerfetzter Polsterung lag mir quer im Weg wie ein Vergewaltigungsopfer. Vor weniger als einer Stunde noch hatte ich nichts anderes im Sinn gehabt, als einen passenden Ort zum Entsorgen der Katze zu finden. Und kaum war ich den Sack losgeworden, stellte sich heraus, dass diese Einöde die ganze Zeit da gewesen war, unweit von Oskars Wohnung. Endlose Hektar Brachland, auf denen eine tote Katze sich wie zu Hause gefühlt hätte.
    Â»Mehr als genug Platz, um eine Katze zu schleudern«, murmelte ich vor mich hin und lachte laut auf, was sich in dieser Leere seltsam ungebärdig anfühlte, als ließe man die Klotür auf, wenn man

Weitere Kostenlose Bücher